Lemberger Leiche
setzen dürfen. Aber wenn du unbedingtzum
Castillo
willst, dann warte bis heute Abend, da kann ich mitkommen.«
Irma seufzte und gab resigniert zu, sie würde ihre Suche im Hotel
Castillo
nur als vagen Versuch betrachten. »Es ist für mich ein netter Ausflug, damit ich überhaupt was tue. Ehrlich, ich verspreche mir nichts davon. Zumindest kann ich die Möglichkeit, Frau Kurtz dort zu finden, dann ausschließen.«
Leo widersprach: »Nehmen wir trotzdem an, Toms Freundin wäre die, die du suchst. Dann wird sie dich erkennen. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was du mir von ihr erzählt hast, ist die Frau zu allem fähig.«
»Du weißt ja, wo ich bin«, sagte Irma. »Falls ich bis heute Abend nicht wiederkomme, musst du die Polizei alarmieren.«
»Frag Line, ob sie Zeit hat mitzukommen«, sagte Leo. »Dann klappt auch die Verständigung mit den Spaniern besser.«
»Gute Idee«, sagte Irma.
Aline war begeistert, Irma begleiten zu dürfen. Sie war neugierig wie ein Kätzchen und liebte Abenteuer. Außerdem reizte es sie, ein wenig in der Polizeiarbeit rumzuschnuppern. Line wollte Moritz davon erzählen, wenn er das nächste Mal Urlaub von der Polizeihochschule haben würde.
Voriges Jahr hatte Moritz in Schmolls Team ein Praktikum gemacht. Damals hatte Leo unter Verdacht gestanden, einen Mord begangen zu haben. Das war eine schlimme Zeit für Leo, aber auch für Line gewesen. Als Line jetzt daran dachte, grinste sie vor sich hin und kam zu dem Schluss: Ohne dieses Dilemma hätten Moritz und sie sich nicht kennengelernt und verlieben können – und Irma und Leo auch nicht.
Line saß am Steuer von Leos Leihwagen, und Irma hielt die Inselkarte auf dem Schoß. Aber es war ganz unnötig, für Line das Navi zu spielen, weil sie immer, bevor Irma dieFahrtroute gefunden hatte, schon auf dem richtigen Weg war.
Nebenher gab Line ihre Reiseleiter-Weisheiten zum Besten: »Das Hotel
Castillo
, zu dem wir unterwegs sind, hat fünf Sterne. Die Preise für ein Doppelzimmer mit Frühstück beginnen bei 400 Euro. Wenn Frau Kurtz dort abgestiegen sein sollte, ist das ein Zeichen, dass sie den Bankraub begangen hat.«
»Wenn!«, sagte Irma. Sie krampfte die Hand um den Haltegriff, weil Line die Serpentinen gar zu forsch nahm. »He, Line, kannst du auch langsamer fahren?«
»Ich lebe gerade meinen endlich erfüllten Wunschtraum aus, einen Fiat 500 zu fahren. Du meine Güte, geht der toll in die Kurven! Das macht Laune!«
»Wie weit ist’s noch?«, fragte Irma. »Du hast gesagt, das Hotel liegt nur fünf Kilometer von Palmas Zentrum entfernt.«
»Gleich sind wir da!«
Nach einer letzten Kurve erreichten sie das Villenviertel
Son Vida
. Das Nobelhotel
Castillo
prangte inmitten eines subtropischen Parks und war von Golfplätzen umgeben.
Während Irma die königlich anmutende Fassade bestaunte, plapperte Line drauflos: »Schloss aus dem 13. Jahrhundert. Nach einer Komplettsanierung jetzt Hotelpalast der Superlative. Hier, meine liebe Irma, kannst du echten Luxus finden. Die Boutiquen führen Edelmarken. Der Friseur ist Weltklasse. Im Beauty- und Wellness-Bereich kannst du deinen Alabasterkörper auf Topform bringen lassen.« Line wedelte sich mit einem Hotelprospekt Luft zu, bevor sie weitersülzte: »Und wenn du nach einem kulinarischen Dinner Angst um deine schlanke Linie bekommen solltest, kannst du dich abends unter Flutlicht mit einem charmanten, gutaussehenden Tennislehrer vergnügen. Dein Tag klingt dann in einer der Bars aus, bis du dich allein oder zu zweit in dein Grand-Deluxe-Zimmer zurückziehen wirst.«
»Jetzt langt es«, sagte Irma lachend. »Wir müssen Frau Kurtz suchen! Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sie hier ins Ambiente passt.«
Die meisten der Sonnenanbeter unter den Gästen des Hotels
Castillo
bevorzugen die Terrasse am Pool mit dem traumhaften Blick über die Bucht von Palma. Nur wenige entspannen sich auf den Liegen, die im Schatten exotischer Gewächse im Park verteilt sind. Die Palmwedel glitzern in der Sonne und bewegen sich elegant in einem sanften Windhauch. Dieser Wind aus Samt und Seide liebkost den Körper der schönen Frau, die auf einer etwas abseits stehenden Liege ausgestreckt ist. Je nachdem, wo ihre Gedanken weilen, zucken ihre Mundwinkel hoch oder herunter. Mal ein zufriedenes, mal ein hämisches Lächeln. Sie trägt einen winzigen schwarzen Bikini. Ihre zart gebräunte Haut harmoniert mit dem schulterlangen aschblonden Haar, in dem goldene Strähnen glänzen.
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