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Lemmings Himmelfahrt

Lemmings Himmelfahrt

Titel: Lemmings Himmelfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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ist auf dem richtigen Weg.
    «Und jetzt ist’s passiert, dass ihm was passiert is   …», murmelt die Frau. «I hab’s in der Zeitung g’lesen   …» Sie schüttelt den Kopf, hebt ihr Glas und trinkt. Entblößt dann unerwartet ihre Zahnlücke und grinst den Lemming an. «Und du rennst immer so durch die Gegend, wenns d’ Kondolenzbesuche machst?»
    «Nein», erwidert der Lemming ernst. «Aber der schwarze Schlafrock ist gerade in der Reinigung   …»
    Ein kurzer, verblüffter Blick Lisa Bauers, dann wirft sie sich in die Lehne des Fauteuils zurück und bricht in Gelächter aus. Heiser klingt das, fast wie das Bellen eines alten Hundes. «Der schwarze Schlafrock», stößt sie röchelnd hervor, «der Trauerschlafrock   … Bei mir im Kasten hängt der zwischen dem Firmungspyjama und dem Hochzeitsbikini!»
    Jetzt muss auch der Lemming lächeln. «Geh, gibst mir vielleicht doch ein Schluckerl?», meint er und deutet auf die Weinflasche.
    Während die Frau in Richtung Küche schlurft, fügen sich im Geist des Lemming wie von selbst die Teile einer Geschichte zusammen, einer Lügengeschichte, die seine Anwesenheit
Unter den Ulmen
und seinen Besuch im Pförtnerhaus zu erklären vermag. Und als Lisa Bauer mit einem Glas, einem Korkenzieher und einer weiteren Flasche zurückkehrt, ist die Legende des Lemming fertig, und sie ist, wie er mit Erstaunen bemerkt, gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt.
    «Bedien dich   …»
    «Danke   … Also schau, es war so: Ich hab den Ferdinand erst vorige Woche kennen gelernt, in einem Lokal in der Stadt. Wir sind ins Plaudern gekommen, weißt eh, wie’s so ist   …»
    «Was habts denn ’trunken?», fragt Lisa Bauer beiläufig.
    «Whisky», antwortet der Lemming, ohne zu zögern. Er ist auf der Hut, und er kennt die kleinen Tricks und Finten solcher Gespräche. Dass sich die Pförtnerfrau als Verhörspezialistin entpuppt, wundert ihn allerdings, auch wenn er es ihr nicht so recht verdenken kann.
    «Der Ferdl hat immer nur Whisky g’soffen   …», sagt sie jetzt und nickt.
    «Irgendwann später», fährt der Lemming fort, «also wir waren schon ziemlich, na ja, angesäuselt, hat der Ferdl mit seiner Mörderg’schicht angefangen. Dass er hier heroben Feinde hat, die ihm was antun wollen, und dass ich, falls ihm was geschieht, zu dir kommen soll. Ich hab’s ihm regelrecht versprechen müssen   … Und dann, gestern Mittag, hör ich mir die Nachrichten an, und   … den Rest weißt du ja   …»
    «Net ganz   …», meint Lisa Bauer und mustert den Aufzug des Lemming, «net ganz   …»
    «Ich will der Sache auf den Grund gehen, verstehst du? Ich will herauskriegen, wen er mit
Feinden
gemeint hat   … Was hätt ich denn tun sollen? Anläuten, mit einem Blumensträußerl in der Hand? Grüß Gott sagen, herzliches Beileid, ich komm im Auftrag vom Herrn Buchwieser, weil er wissen möcht, wer ihn erschossen hat?»
    «Zu den Kieberern hätt’st können gehen, wie jeder normale Mensch   …»
    «Also hab ich mich hereingeschmuggelt», spricht der Lemming weiter, ohne auf den Einwurf zu achten, «undercover sozusagen   … Keiner da oben weiß, wer ich wirklich bin   …»
    «Dann warst du das! Dann bist du der Unfall heut früh g’wesen! I pack’s net   … Springt der alten Wichsmann mir nix, dir nix vors Auto   …»
    «Stillmann, meinst du   …»
    «Na, na, Wichsmann», grinst Lisa Bauer, «aber das is a andere G’schicht. Wie heißt denn du überhaupt?»
    «Wall-, äh, Wahlberg. Leopold Wahlberg   …»
    «Prost, Poldi.»
    «Prost.»
    Sie trinken: er mit skeptischem Gaumen, sie mit aller Entschlossenheit. Dann aber runzelt sie die Stirn und stellt energisch das Glas auf den Tisch.
    «I glaub’s trotzdem net   … So was tut keiner für einen flüchtigen Saufkumpanen. Und scho gar net, wenn’s der Ferdl is   …»
    «Warum nicht?»
    «Weil er in Wahrheit   … a Scheißhäusl war. A richtige Drecksau   …» Ihre Lippen ziehen sich zusammen, werden zum Gedankenstrich für nicht gerade freundliche Gedanken. «Du weißt es vielleicht net, aber i hab eahm kennen g’lernt, den Ferdl   … In- und auswendig hab i eahm kennen g’lernt. Dem war nix wichtig, nix als er selber; der hätt die eigene Mutter verkauft   …» Mit einer ärgerlichen Geste greift sie zum Korkenzieher und macht sich daran, die nächste Flasche zu öffnen. «Und jetzt», fährt sie fort, «jetzt sagst mir, wie’s wirklich war, oder
du
lernst
mi
kennen   …»
    «Schon gut

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