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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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herum. Aber du bist inzwischen vierzig Jahre alt. Du bist Oberstleutnant im Dienste des Innenministeriums. Die ganze Geschichte mit dem Raub ungeborener Babys ist doch ein Hirngespinst, verstehst du das nicht? Ich habe nach deinem Anruf sofort mit einem Berater im Gesundheitsministerium gesprochen. Er hat mir das alles sehr einleuchtend erklärt. Im Krankenhaus von Lesnogorsk gibt es wirklich ein Versuchslabor. Die arbeiten dort schon seit drei Jahren. Mit schwangeren Frauen haben die nichts zu tun. Deine Herzallerliebste wird nicht von der Mafia gejagt. Und dieser Mord, genauer gesagt, der Mordversuch, ist eine ganz gewöhnliche Beziehungstat. Aus Eifersucht. Wo gibt es denn so was, daß ein Killer ein Foto seines Opfers bei sich trägt? Ich erklär dir jetzt mal kurz unsere vorläufige Version.«
    »Wessen Version ist das?« fragte Krotow und lachte bitter auf.
    »Die Version des Generals. Also: Bubenzow erfährt, daß seine Ex wieder eine Affäre hat.«
    »Sie wurden vor acht Jahren geschieden«, warf Krotow ein. »Er war inzwischen zweimal verheiratet.«
    »Aber das letzte Mal sind sie sich vor drei Monaten begegnet, und er wollte zu ihr zurück. Vielleicht hat er sein ganzes Leben lang ja auch nur sie wirklich geliebt, und sie hat ihn verschmäht. Er ruft sie an, verabredet sich mit ihr in einem stillen, abgelegenen Hof, wo sie ihr letztes Rendezvous hatten. Dort wird saniert, keine Menschenseele weit und breit. Im Affekt schießt er auf eine andere Frau, die zufällig in den Hof kommt und das Pech hat, der Poljanskaja ähnlich zu sehen, besonders von fern und mit Sonnenbrille. Sie stürzt zu Boden und verliert dabei die Brille. Als er seinen Irrtum erkennt, versteckt er die Leiche irgendwie, stürzt zur Wohnung, wo das Objekt seiner Begierde in aller Ruhe in der Badewanne eine Dusche nimmt. Im entscheidenden Augenblick erscheinst du und kommst eine Sekunde eher zum Schuß. Du hast vollkommen richtig gehandelt, hast der Frau und dem Kind das Leben gerettet und den Mörder umgelegt. Es ist also durchaus verständlich, daß die Poljanskaja sich nicht erinnern kann, wer sie so besorgt aus dem Bad geholt und ins Bett gebracht hat. Dich wird sie natürlich nicht verraten.«
    Krotow hörte Kasakow schweigend zu. Das hatte er sich von Anfang an vorgenommen.
    »Nun sag was, widersprich mir, oder hat es dir die Sprache verschlagen?« Kasakow drehte nervös eine Zigarette zwischen den Fingern.
    »Ich werde nicht mit dir streiten«, erklärte Krotow. »Du weißt selber ganz genau, daß die Version von dem Othello mit Schalldämpfer und Dietrichen keinen Pfifferling wert ist. Und daß die Poljanskaja kein hysterisches Weib ist, kannst du dir auch denken, obwohl du sie noch nie gesehen hast. Übrigens, wen hast du im Gesundheitsministerium angerufen? Doch nicht etwa Burjak?«
    Kasakow nickte.
    »Dein Burjak ist ein Lügenmaul! Und das spürst du auch«, schloß Krotow.
    »Und wenn ich es spüre?« Kasakow zündete endlich dievöllig zerknautschte Zigarette an. »Ich müßte mir ganz andere Fragen stellen: Wozu hast du, Sergej Krotow, dir dieses ganze Theater mit dem großen Unbekannten ausgedacht, wenn dein Vorgehen, das in dieser Notlage völlig verständlich war, gar nicht strafbar ist? Und wo ist die Waffe, aus der du geschossen hast?«
    Krotow erhob sich.
    »Kann ich gehen, Genosse Oberst? Hat man mir nur diesen Fall abgenommen oder gleich alle zusammen?«
    »Hör auf, Sergej. Du wendest dich an den Falschen. Wir werden wohl beide noch zum General auf die Matte müssen … Also: Du nimmst jetzt eine Woche Urlaub. Du mußt deine Poljanskaja beruhigen und hast sicher noch viele andere dringende private Dinge zu erledigen. Wenn was ist, ruf an. Ich halte dich auf dem laufenden. Aber vergiß nicht, daß du dich jetzt mit Privatangelegenheiten befaßt. Ich helfe dir, wo ich kann.«
    Ganz gegen seine Gewohnheit stand Kasakow auf und brachte seinen Stellvertreter bis zur Tür.
    »Hör mal, Sergej, ist dieses Kind von dir?«
    »Ja«, antwortete Krotow und ging.
     
    Die Laborantin Ljuba, der Krotow die Flasche mit der klaren Flüssigkeit zur Analyse übergeben und wegen der Dringlichkeit eine Schachtel »Rafaello« nachgeschoben hatte, trank in einer Ecke ihres Labors Kaffee und tat sich gerade an dem geschenkten Konfekt gütlich.
    »Ich habe eine gute Nachricht für Sie, Sergej!« Sie lächelte ihm entgegen. »In dieser Flasche ist eine Flüssigkeit, die nach ihrer Zusammensetzung erinnert an … Na, was glauben Sie? An

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