Lenke meine Fuesse Herr
auf einer alten Bahntrasse, angenehmes Laufen auf dem Kiesweg. Dann wieder über Felder, an Pumpstationen vorbei und kilometerlangen Rohren: Feldbewässerung — und die ist irgendwann mal nicht so auf den Meter genau eingestellt: Die Dusche erfrischt, nur brauche ich lang, um den klebrigen Lehm wieder von den Stiefeln zu kriegen. An Bauernhöfen vorbei, wieder auf die herrlich schattige Bahntrasse. Mein linker Fuß und das Knie haben mir den Gewaltmarsch heute früh augenscheinlich übel genommen und fangen an, höllisch zu schmerzen — da hilft auch nicht, dass ich die Stiefel aus- und die Sandalen angezogen habe. Die Sandalen sind auf hartem Boden einfach angenehmer. Es wird immer schlimmer und so beschließe ich, das „Centre d’herbergement-vacances Domaine du Possible“ anzulaufen, das einige Kilometer vor Eauze liegt.
Unten im Tal ein Bau, der frappierend an ein Freizeitheim deutscher Prägung erinnert — aber leer bis auf ein junges Mädchen, das sich hinter einer Panoramaglasscheibe auf einem Liegestuhl räkelt. Ich steige den Weg hoch zu den Hauptgebäuden, reges Leben, in einem Saal wird Rock’n Roll getanzt. Ich darf in dem unteren Gebäude einziehen, habe es ganz für mich allein: Oben ist alles von einem Tanzclub belegt, der hier über das Wochenende trainiert und feiert. Duschen, linkes Bein und Fuß mit schmerzstillender Salbe versorgen, Wäsche waschen — auch das klamme Zeug von gestern noch einmal — und dann hänge ich alles fein säuberlich auf die Leine, die über dem Zaun zur leeren Pferdekoppel hängt. In der brennenden Sonne und bei dem leichten Wind wird es sicher bis zum Abend trocken. Auch den Daunenschlafsack drehe ich um und lüfte ihn aus, den Seidenschlafsack wasche ich — so werde ich auch den letzten Floh los, der sich drin versteckt hat. Der Rucksack wird ausgepackt und so gut wie möglich von den Ameisen befreit. Dummerweise breche ich den Schraubverschluss der Waschmitteltube ab, die ich erst gestern gekauft habe — mir bleibt nichts anderes übrig, als die Tube im Waschraum zu „vergessen“.
Ich gehe wieder hoch ins Haupthaus und hole mir aus dem „Pilgerkühlschrank“ ein Bier — der übliche dünne französische Viertelliter — und sehe dem bunten Treiben der Tänzer zu: Es wird eifrig getanzt, einige verziehen sich paarweise ins Gebüsch, ein paar Bikinischönheiten sonnen sich, ein netter Anblick — schließlich bin ich schon 53 Tage unterwegs.
Das Abendessen ist mäßig. Mangels Wein trinke ich noch drei Bierchen, telefoniere noch lange mit Silvia, hole meine trockene Wäsche von der Leine, packe vor und bin gegen halb zehn im Bett.
Sonntag, 26. Juni 2005
Escoubet – Lanne-Soubiran 36 km
Bis früh um fünf war oben high life — immer wieder bin ich aufgewacht. Dann verschlafen — erst um halb sechs aus den Federn. Duschen, fertig packen, rauf ins Hauptgebäude, frühstücken. Um halb sieben bin ich wieder auf der alten Bahntrasse, die bis Eauze den Weg darstellt. Zwei einsame morgendliche Spaziergänger kommen mir entgegen, ein Jogger, und da biegen so hundert Meter vor mir zwei Wanderer aus dem Zugang zum Campingplatz auf den Chemin. Erst will ich es nicht wahrhaben, doch als ich sie eingeholt habe, gibt es keinen Zweifel mehr und ein großes Hallo: Falkenbergs! Gemeinsam laufen wir die paar Schritte nach Eauze hinein, Kirche ist zu, doch der Bäcker hat schon offen. Brot gekauft und beim Metzger nebenan gekochten Schinken und eine kleine Pastete. Ein kleines Gewitter kommt auf, dauert aber nicht lange, und als ich den Regenschirm wieder verstaut habe, hole ich auch gleich die Falkenbergs wieder ein. Sie wollen, so wie ich, heute nach Lanne-Soubiran und so bleiben wir zusammen. Wir finden die Kirche Sainte-Christine im Wald, auch der Schlüssel ist da versteckt, wo es im Führer steht: Ein schöner Ort für eine kleine Andacht!
Weiter nach Nogaro — der Himmel reißt auf, und es wird schwülheiß. Nogaro ist uninteressant, der Lärm von der Rennstrecke nervt, und so folgen wir dem markierten Weg, der den Ortskern umgeht und machen am anderen Ende der Stadt auf einer Wiese Picknick. Wir schlafen ein bisschen — können uns Zeit lassen, denn wir haben telefonisch reserviert. Gegen halb drei, in der größten Hitze, raffen wir uns auf und wandern weiter. Bald sind unsere Wasserflaschen nahezu leer und so kommt es zu der Slapstick-Komödie von den schmelzenden Hunden.
Die schmelzenden Hunde
Wir kommen auf ein Haus zu, vor dem eine Frau gerade
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