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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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auszurufen.
    Ich wollte die Fotos gerade zurücklegen, als mir auffiel, dass die kleine Eskimo-Nell mir bekannt vorkam. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir ihr Gesicht nicht so eingehend angeschaut wie andere Körperteile, doch jetzt sah ich genauer hin. Sie war ziemlich hübsch, und ich war mir sicher, dass ich sie schon mal irgendwo gesehen hatte, aber in einem ganz anderen Zusammenhang. Ich schob mir die Fotos, die am meisten von ihrem Gesicht zeigten, in die Tasche, und legte die anderen in den Schrank zurück.
    Ich durchsuchte den Rest des Raumes, fand aber nichts, das auf Erpressung hindeutete. Dann knipste ich das Licht aus und stieg die Treppe zu der Wohnung darüber hinauf. Vielleicht gab es da oben ein hübsches kleines Versteck. Die Wohnung lag im Dunkeln, und ich schaltete das Licht ein. Nichts. Ich musste im Flur umhertasten, bis ich eine normale Lampe fand. Sie flutete den Wohnungskorridor und die Zimmer mit einem fahlen, gelbstichigen Licht. Smails hatte sich für einen innenarchitektonischen Stil entschieden, den man am besten als Frühes Dreckloch bezeichnet. Die Wohnung war schmutzig und stank. Ich bezweifelte sehr, dass Tam McGahern sich mit so jemandem eingelassen hätte.
    Ich irrte mich.
    Ich fand Smails im Wohnzimmer. Er war nicht gefoltert, sondern nur hingerichtet worden. Er saß auf einem dreckigen Klubsessel; auf dem Beistelltischchen neben ihm stand eine längst erkaltete Tasse Tee. Zwischen seinen Fingern klemmte eine Zigarette, die heruntergebrannt war und Fleisch versengt hatte, das nichts mehr spürte. Eine Ausgabe des Herrenmagazins Spick war ihm aus den Fingern gerutscht und lag vor seinen Füßen auf dem Boden. Smails hatte sich offenbar große Mühe gegeben, mit der künstlerischen Entwicklung seines Berufs Schritt zu halten.
    Ich sah ihn mir etwas genauer an. Sein Gesicht zeigte sämtliche Zeichen von Strangulation. Er war mit einer Garotte erwürgt worden, die genauso breit war wie die bei Arthur Parks. Im Gegensatz zu Parks hatte Smails jedoch nichts gewusst, was wert gewesen wäre, es aus ihm herauszufoltern, und so hatte man ihn kurz und mehr oder weniger schmerzlos ins Jenseits befördert.
    Vielleicht hatte er seinen Mördern nichts verraten, aber mir bestätigte er genau das, was ich hatte wissen wollen: Er war ein kleiner Mann mit fettigem grauem Haar, dessen Schnitt lange überfällig war, und seine Augen standen offen und starrten, als wäre er noch am Leben. Smails hatte an einem Geburtsfehler gelitten: Sein rechtes Lid hing über den Augapfel. Genauso hatte Entenarsch-Bobby den »schmierigen kleinen Scheißer« beschrieben, den er beobachtet hatte, wie er mit Tam McGahern sprach, kurz bevor Tam ins Gras beißen musste.
    Smails war mein Mann gewesen. Ich war nun sicher, dass er die Fotos geknipst hatte, mit denen die Erpressung vonstatten ging; aber ich wusste, dass ich sein Studio nicht mehr zu durchsuchen brauchte: Die Bilder und Negative waren verschwunden.
    Parks tot. Smails tot. Vor seinem Tod hatte Tam McGahern mit noch zwei anderen Personen gesprochen: dem dicken Holländer und Jackie Gillespie, dem Spezialisten für Raubüberfälle. Ich fragte mich, ob beide noch atmeten.
    Mit meinen Erfahrungen in Arthur Parks’ Wohnung im Kopf beschloss ich, rasch aufzubrechen für den Fall, dass die Polizei wieder unterwegs war, nur diesmal ohne Klingeln und Blaulichter. Ich nahm mir die Zeit, mit einem Taschentuch alle Flächen und Griffe abzuwischen, bei denen ich mich erinnerte, sie berührt zu haben. Meine Fingerabdrücke waren zwar nicht aktenkundig, doch sie waren in Parks’ Wohnung überall zu finden, und ich wollte nicht, dass meine Hände zur Verbindung zwischen den Schauplätzen zweier Morde wurden. Ich schaltete die Lampen wieder aus und kehrte leise auf die Straße zurück.
    Ich war so schlau gewesen, den Atlantic nicht direkt vor dem Haus zu parken, vor allem, weil ich Smails nicht erschrecken wollte, falls er zurückkehrte, während ich noch im Haus war. Ich wollte gerade den Zündschlüssel drehen, als ein Taxi vor Smails’ Laden hielt. Zwei Frauen stiegen aus. Ich konnte sie nicht allzu gut erkennen, aber soweit ich sagen konnte, sahen sie nicht übel aus; wahrscheinlich waren sie zwei von Smails’ »Modellen«. Eine bezahlte das Taxi, während die andere klingelte. Ich hatte die Tür verriegelt und die kleine Glasscheibe wieder eingesetzt. Das Mädchen an der Tür rief ihrer Freundin etwas zu; offenbar sollte sie den Taxifahrer bitten zu warten. Sie klingelte

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