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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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noch einmal und pochte an die Tür. Soweit ich erkennen konnte, blieb die Glasscheibe trotzdem im Rahmen. Schließlich gab das Mädchen es auf und stieg mit der Freundin wieder ins Taxi.
    Ich folgte ihnen durch die Stadt. Ich hatte bemerkt, dass sie nicht billig gekleidet waren und sich bestimmt keine Sorgen um den Fahrpreis machen mussten. Das dunkelhaarige Mädchen, das an Smails’ Tür geklopft hatte, stieg am Saltmarket aus. Ich beschloss, am Taxi dranzubleiben. Es fuhr nach Süden. Wir kamen am Hampden-Stadion vorbei und hielten schließlich vor einem Mietshaus in Mount Florida. Das Mädchen stieg aus und bezahlte das Taxi. Bingo: Sie war niemand anders als Eskimo-Nell. Jetzt fiel mir auch ein, woher ich sie kannte. Sie war die Frau, die ich zweimal mit Lillian Andrews gesehen hatte. Ich versuchte so unauffällig wie möglich zu sein, aber bei so wenigen Autos auf der Straße war das nicht leicht.
    Eine Tram hielt, und ein halbes Dutzend Fahrgäste stieg aus. Ich parkte und mischte mich rasch unter die Leute. Die Blondine verschwand in der Gasse neben dem Mietshaus. Ich kam gerade rechtzeitig, um zu beobachten, wie sie am anderen Ende der Gasse um die Ecke bog und die Hintertreppe hinaufstieg. So leise ich konnte, bewegte ich mich zum anderen Ende der Gasse und beobachtete aus der Deckung, wie die Frau zu ihrer Wohnung ging. Ich merkte mir die Nummer und schlich zu meinem Atlantic zurück.
    Ich machte der Frau nur aus einem Grund nicht auf der Stelle einen Hausbesuch: Sie sollte nicht auf die Idee kommen, ich könnte ihr von Smails’ Laden aus gefolgt sein. Schließlich würde Smails im Laufe der nächsten Tage gefunden werden, und man könnte grob den Zeitpunkt seines Dahinscheidens bestimmen. Also grob der Zeitpunkt, als ich bei ihm gewesen war. Und die Glasgower Polizei hatte so ihre Probleme, an Zufälle zu glauben.
    Auf dem Rückweg fuhr ich noch einmal an Smails’ Laden vorbei. Kein Streifenwagen vor der Tür; das Haus lag noch immer in Dunkelheit. Ich versuchte Willie Sneddon anzurufen, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen, aber er war nicht zu Hause.
    Ich fuhr zu meiner Bleibe und ging zu Bett, doch jedes Mal, wenn der Schlaf kommen wollte, wurde er von etwas Großem, Hässlichem, Furchterregendem beiseite gestoßen. So lag ich im Dunkeln und dachte an Helena und Fiona White und May Donaldson und einen Neubeginn in Kanada. Nie war mir die Vorstellung so verlockend erschienen. Diesmal hatte ich mich in etwas hineinziehen lassen, das ein bisschen zu tödlich war. Mir wurde klar, dass ich zum ersten Mal seit langer Zeit tatsächlich Schiss hatte. Meine Vorahnung erwies sich als begründet. Um sieben Uhr am nächsten Morgen rief mich eine schlecht gelaunte Mrs. White zu dem gemeinsamen Telefon im Hausflur. Willie Sneddon war am Apparat.
    »Sagen Sie nichts, Lennox, hören Sie zu. Die Bullen sind unterwegs, um mich festzunehmen, und ich werde hier sein, wenn sie kommen. Murphy und Cohen haben sie schon kassiert, vor ungefähr einer Stunde. Ich sollte zur gleichen Zeit gekascht werden, war aber nicht zu Hause. Die Hurenböcke haben die meisten von meinen Leuten eingelocht, auch Twinkletoes und Tiny. Sie müssen George Meldrum benachrichtigen, meinen Anwalt. Er soll mich rausholen. Ich krieg ihn nicht ans Telefon, und die Bullen sind jeden Augenblick hier. Sie, Lennox, wird man in Ruhe lassen, weil Sie nicht zu einem von uns gehören.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Scheiße, ich weiß es nicht. Holen Sie Meldrum, so schnell Sie können.«
    »Okay, aber wenn es eine so große Sache ist, lassen die Bullen ihn gar nicht erst in Ihre Nähe.«
    »Tun Sie’s einfach.« Er legte auf.
    Von Greasy George Meldrum hatte ich gehört. Sein Bild hing wahrscheinlich in jeder Glasgower Polizeikantine auf der Dartscheibe. Als »Schmieriger George« war er aus zwei Gründen bekannt: seinem übertrieben gepflegten Äußeren mit allzu gewählter Ausdrucksweise und geöltem Haar, sowie dem Umstand, dass alles, was er anfasste, glitschig zu werden schien. Immer wenn die Polizei glaubte, gegen einen der Drei Könige etwas Wasserdichtes in der Hand zu haben, flutschte es ihr dank Greasy George durch die Finger.
    Ich schlug Meldrums Privatnummer im Telefonbuch nach und wählte sie. Niemand ging an den Apparat. Rasch zog ich mich an, versuchte noch einmal vergeblich, Greasy George telefonisch zu erreichen, und stieg in meinen Atlantic. Ich sagte mir, dass es sinnlos wäre, sein Haus in Milngavie aufzusuchen, und beschloss, zu

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