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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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worden. Normalerweise hätte ich Jock Ferguson im Horsehead ein Bier ausgegeben und ihm den Namen der Kleinen aus dem Kreuz geleiert, aber jedes Mal, wenn ich an seinen letzten Satz im Auto dachte, war es so, als würde ich einen Elektrozaun anfassen, der mich von der Polizei fernhielt. Normalerweise war Ferguson meine wichtigste und verlässlichste Quelle, aber diesmal würde ich diese Quelle nicht nutzen können. Ich hatte keine andere Wahl, als mich mitten ins Gewühl zu stürzen und McGaherns Kneipe in Maryhill einen Besuch abzustatten.
    Erstaunlicherweise gab es im Highlander keinerlei kulturellen Verweis auf die schottischen Highlands oder die Highlander als solche. Keine großformatigen Gemälde an den Wänden, kein röhrender Hirsch, kein »Bonnie Prince Charlie«. Keine erwähnenswerte Auswahl an guten schottischen Single-Malts. Kein Duft nach vom Regen gewaschenem Heidekraut – es sei denn, vom Regen gewaschenes Heidekraut duftet nach Zigarettenqualm und Pisse. Das Highlander war jene Art Glasgower Kneipe mit vollgerotztem Sägemehl auf dem Fußboden, mit der sich ein Heidengeld scheffeln ließ. Eine Trinkfabrik. Die Männer, die hierher kamen – es gab keine Ecke und keinen Salon für die Damen –, arbeiteten, während sie Bier, verschnittenen Sherry oder verwässerten Whisky tranken. Sie arbeiteten härter als in den Werften und Stahlwerken, aus denen sie gleich nach Feierabend hergekommen waren.
    Obwohl ich im Highlander aufkreuzte, kurz nachdem es die Pforten geöffnet hatte, drängten sich im Schankraum schon die Gäste. Ich bin eins achtzig groß, fühlte mich aber trotzdem umtost von einem brusthohen Ozean aus flachen Arbeitermützen und eingehüllt in ein Nebelmeer aus Tabakqualm.
    Drei Barkeeper arbeiteten mit der freudlosen Effizienz von Fließbandarbeitern hinter dem Tresen. Einer von ihnen schien das Kommando zu haben und bellte aus dem Mundwinkel den anderen Befehle zu, während er an den Zapfhähnen hantierte. Er war ein untersetzter, mürrisch aussehender Bursche in gestreiftem Hemd mit Gummizug-Ärmelhaltern, die seine weißen Manschetten daran hinderten, auf die Handgelenke hinunterzurutschen. Als er mich über die Menge der Gäste hinweg entdeckte, runzelte er die Stirn. Kurz verschwand er außer Sicht; im nächsten Moment nahmen mich zwei mützenlose Schlägertypen in billigen Anzügen in die Zange.
    »Alles klar, Kumpel?«, fragte der eine und ließ beim Grinsen gelbe Zähne sehen. Er war ein kleiner, hässlicher junger Kerl mit schmutzigblondem Haar, das er an den Seiten in Stufen zurückgekämmt trug, sodass es sich hinten zu einer Frisur auftürmte, die man im Allgemeinen »Entenarsch« nannte. Er gab sich ein wenig zu große Mühe, freundliche Bedrohlichkeit auszustrahlen.
    »Mir geht’s prima. Und selber?«
    »Oh, ganz toll, Kumpel«, sagte Entenarsch. »Du bist keiner von den Stammgästen hier, wenn ich das so sagen darf.« Sein Begleiter auf meiner anderen Seite lächelte mit der gleichen unaufrichtigen Freundlichkeit. »Was führt dich her, wenn ich das so fragen darf?«
    Ich machte ein Ertappt-Gesicht. »Ich bin Reporter. Um ehrlich zu sein, ich bin wegen dem Mord hier. Sie wissen schon, der Mord oben.«
    Ein dritter Schläger kam hinter mir durch die Tür. Er war kräftiger als die beiden anderen. Aber genau wie sie bemühte auch er sich allzu verkrampft um eine Aura der Gefährlichkeit.
    »Das war eine Frechheit. Eine verdammte Frechheit«, sagte der kleine blonde Schläger. »Mr. McGahern war ein Gentleman. Hat jeden anständig behandelt. Hör mal, Kumpel, wir haben für Mr. McGahern gearbeitet. Im Grunde tun wir das noch immer. Wir können dir alles sagen, was du wissen willst.«
    »Tatsache?«
    »Na klar, kein Problem. Alles, was du wissen willst.«
    »Und warum?«
    »Wir würden alles tun, damit die Mistkerle gefasst werden, die das verbockt haben«, antwortete der Größere. Er hatte dunkles Haar. »Damit es in der Zeitung steht und so.«
    Die meisten Gäste standen in vier Reihen vor der Theke. In Glasgow nimmt man das Trinken so ernst, dass man dabei steht. Oder man steht, bis man umkippt. An den vereinzelten zerschrammten Tischen saßen hauptsächlich die älteren Männer.
    »Okay. Setzen wir uns zusammen und reden.« Ich zeigte auf einen leeren Tisch. »Aber zuerst hole ich uns eine Runde.«
    Ich fragte sie, was sie trinken wollten, und ging zur Theke. Als ich zurückkam, nahmen sie rasch die Köpfe auseinander, die sie zusammengesteckt hatten, und setzten ihr

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