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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sagte ihm, er solle seinen Freund am unteren Ende der Treppe mitnehmen und sich verpissen. Er nickte benommen und schlurfte von dannen.
    Nachdem sie fort waren, ging ich ins Schlafzimmer. Das Bett war uralt. Das eiserne Kopfende war verrostet und sah aus, als käme es vom Schrottplatz. Aber die Wäsche war halbwegs sauber. Auch hier lagen die Bodenbretter blank, und in den Zimmerecken hatten sich Flocken aus Staub und Schmutz gesammelt.
    Etwas fiel mir ins Auge: Ein leuchtend blaues Stück Stoff, das in einer Ecke lag. Ich hob es auf. Ein Frauentaschentuch. Spitzenbesetzt, aber Massenware. Es war mit dunklen Blutspritzern übersät. Die Flecken waren winzig, manche nur stecknadelkopfgroß. Ich ließ das Tuch fallen: Das Blut stammte nicht aus Tam McGaherns Wunden. Zwei Schrotflinten auf diese Entfernung – da wären die Blutflecken so groß wie Loch Ness.
    Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück, nahm den einzigen anderen Stuhl und stellte ihn vor Bobby hin. Das eine Auge hatte sich jetzt ganz geschlossen; die Gesichtshälfte war zu einem hässlichen roten Ballon angeschwollen. Die zurückgekämmten Haarsträhnen seiner Entenarsch-Frisur hingen ihm jetzt wie gebrochene Flügel über die Ohren. Er sah aus, als würde er jeden Moment zu heulen anfangen. Trotzdem wollte ich ihm schon wieder eine reinhauen und konnte mich kaum beherrschen. Stattdessen steckte ich mir eine Zigarette an.
    »Wer hat Tam McGahern ermordet?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht ... ehrlich, ich weiß es nicht. Es war keiner da, als es passierte ... ich meine, in der Pinte oder sonst wo ...«
    »Doch, es war jemand da. Das Mädchen.«
    »Außer dem Mädchen.«
    »Wie hieß sie?«
    Einen Augenblick lang guckte Bobby ängstlich aus der Wäsche. Er überlegte, ob er mich anlügen sollte, beschloss dann aber, es bleiben zu lassen. »Wilma ... Wilma Marshall.«
    »Geht sie auf den Strich?«
    »Eigentlich nicht. Sie hat als Kellnerin in ’ner anderen Kneipe gearbeitet ... in einer von Tams besseren Pinten. Wilma hat irgendwie Klasse, wissen Sie.«
    »Wo ist sie jetzt? Wie heißt die Kneipe, in der sie arbeitet?«
    »Das Imperial, aber da ist sie nicht mehr. Sie hat da nur hin und wieder gekellnert. Seit dem Mord ist sie wie vom Erdboden verschwunden.«
    »Wer hat sie verschwinden lassen?«
    »Weiß ich nicht.«
    Ich stand auf, und Bobby hob die Hände. »Ehrlich ... ich weiß es wirklich nicht! Von uns war’s jedenfalls keiner. Vielleicht ist sie von alleine weggegangen. Wir haben uns nur gefragt, ob es vielleicht die Bullen waren. Sie wissen schon ... Schutzhaft oder so.«
    »Hat Wilma irgendjemandem etwas über diese Nacht erzählt?«
    »Nur, was Sie wahrscheinlich schon wissen. Sie hat sich im Schlafzimmer versteckt, als sie die Schüsse hörte. Danach hat sie übers Fensterbrett geguckt und sah zwei Kerle in schicken Anzügen und mit abgesägten Schrotflinten in ein Auto steigen. Ein paar andere haben die Typen auch gesehen. Sie sagen das Gleiche ... dass die Kerle gut angezogen waren, und dass sie die Ruhe selbst gewesen sind. Schlenderten zu ihrem Auto zurück, als hätten sie alle Zeit der Welt.«
    Ich gab Bobby eine Zigarette und steckte sie für ihn an. Seine Hand zitterte, als er an der Kippe zog. Ihm fehlte der nötige Biss. Tam und Frankie McGahern hatten sich mit Nullen umgeben, damit sie sich selbst vormachen konnten, größere Nummern zu sein, als sie in Wirklichkeit gewesen waren. Ich wusste, schon bald würde einer der Drei Könige jemanden schicken, der viel gemeiner war als ich, und dann würde er aufsaugen, was vom kleinen Imperium der McGaherns übrig war. Und wenn Bobby oder seine Kumpels ihm in den Weg gerieten, würden sie binnen weniger Stunden am Grund des Clyde liegen.
    »Und die Polizei weiß nichts?«, fragte ich.
    »Nichts, das irgendwas wert wäre ... jedenfalls nichts über Tam. Man sagt, die Bullen glauben, Sie hätten Frankie umgelegt. Jetzt heißt es, die Bullen suchen nach Jimmy Wallace, weil sie mit ihm reden wollen. Sie suchen nach ihm, seit Frankie tot ist.«
    »Wer ist Jimmy Wallace?«
    Bobby las meine Gedanken und schüttelte den Kopf. »Jimmy hat Frankie nicht umgebracht, und Tam erst recht nicht. Bloß, Jimmy ist in der Nacht verschwunden, in der Frankie umgelegt wurde.«
    »Hat Jimmy Wallace mit euch zusammengearbeitet? Gehörte er zu McGaherns Leuten?«
    »Nee. Überhaupt nicht. Wallace war ’ne Pfeife. So ’ne Oberklassenpfeife. Er scharwenzelte ständig um Tam herum. Aber Tam hat ihn geduldet. Wallace

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