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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Levendale House erreicht, ein großes Gebäude, entworfen und gebaut als Ausdruck immensen Reichtums und erdrückender Überlegenheit. Sein Leben begonnen hatte es als stattlicher Herrensitz: jene Art Bauwerk, wie man es zumeist mitten auf einem majestätischen, schönen Anwesen in den Highlands sah. Nur dass dem nicht so war: Levendale House stand am Rand von Bishopbriggs.
    Der Krieg zerstört alles. Vor allem zerstört er die Menschen. Und was aus Levendale House geworden war, war ein Heim für die ernsthaft Zerstörten.
    Als der Krieg zu Ende war, hatte ich etwas Seltsames bemerkt: dass jeder plötzlich darüber reden wollte. Ihn rühmen wollte. Und wenn die Leute nicht vom Krieg redeten, schauten sie sich Filme über den Krieg an, in denen die Hauptrolle stets John Mills zu spielen schien. Es war beinahe so, als gebe es den kollektiven Willen, einander zu versichern, der Krieg sei ein Wirklichkeit ein großes Abenteuer gewesen, das alle zusammengebracht und selbst aus den schlechtesten Menschen das Beste hervorgelockt habe. Was natürlich ein selten dämlicher Mist war.
    Was die Leute nicht sehen wollten, war der Schatten des Elends, den der Krieg hinter sich geworfen hatte: die unzähligen beschädigten menschlichen Wesen in seinem Kielwasser. Einige jedoch waren bereit, dieser Wahrheit ins Gesicht zu blicken und sich ihr jeden Tag neu zu stellen. Die Menschen, die in Levendale House arbeiteten, sahen die zerbrochenen Leiber und zerbrochenen Geister von Jungen, die man in den Fleischwolf geworfen hatte und die als alte Männer wieder herausgekommen waren – blind, verkrüppelt, wahnsinnig.
    Die Stationsschwester in Levendale, eine müde aussehende Frau Mitte fünfzig, führte mich in einen hellen Tagesraum mit Ausblick über den weiten Garten des Hauses. Ich vermutete, dass sie die gleiche Schwester war, mit der ich am Telefon gesprochen hatte. Sie hatte mich gefragt, worin meine Verbindung zu dem Patienten bestehe, und ich hatte erklärt, wir hätten einen gemeinsamen Freund, einen Kriegskameraden.
    »Kannten Sie Mr. Pattison, ehe er ... nun, vor seiner Verwundung?«, fragte sie mich mit besorgtem Blick. Ich hatte den Eindruck, dass ihre Besorgnis ebenso sehr mir wie ihrem Patienten galt.
    »Nein, gar nicht. Wie gesagt, haben wir einen gemeinsamen Freund, den ich suche. Nach dem Krieg hatten wir uns aus den Augen verloren. Aber Billy Pattison bin ich noch nie begegnet.«
    »Das ist vielleicht gut so. Ich sollte Sie lieber vorbereiten ... Mr. Pattisons Wunden waren schwer und extrem entstellend.«
    »Ich habe schon Einiges gesehen«, sagte ich.
    Die Schwester ließ mich in den Tagesraum. Ich nahm die großen Fenster zum Garten in mich auf, die Holzvertäfelung, die verzierten Karniese. Der viktorianische Architekt des Hauses hatte sich eine Patrizierfamilie vorgestellt, die in diesem Raum ihre Vormittage verbrachte, sich ihrer Stellung innerhalb der Regierungsmaschinerie eines britischen Weltreiches sicher, in dem die Sonne niemals unterging. Doch zwei Kriege hatten die Welt auf den Kopf gestellt und das Empire auf den Arsch fallen lassen, und jetzt waren Levendale House und sein elegantes Morgenzimmer ein Heim für Kriegsversehrte, die sonst nirgendwohin mehr gehen konnten.
    Mit ihrer Warnung hatte die Schwester nicht übertrieben. Als sie zurückkehrte, schob sie einen Rollstuhl in den Raum. Es war nicht zu übersehen, dass Lance Corporal William Pattison und eine Granate einander in sehr geringer Entfernung begegnet waren. Ich konnte nur nicht sagen, wer dabei den größeren Schaden davongetragen hatte. Die eine Hälfte von Pattisons Gesicht war weg, sein Mund nur noch ein schiefer, lippenloser Schlitz. Zu welcher künstlerischen Betätigung man die Patienten hier auch ermutigte, für Pattison stand Trompetespielen nicht zur Auswahl. Straff spannte sich neue Haut über die Stellen, wo die rechte Hälfte seines Kiefers, seine rechte Wange und das rechte Auge fehlten.
    Die linke Hälfte des Gesichts war ebenfalls schwer in Mitleidenschaft gezogen. Sie sah aus, als hätte jemand sämtliche Züge hin und her geschoben und sie nachher nicht mehr genau dorthin bekommen, wo sie vorher gewesen waren. Außerdem hatten die Überreste seines Gesichts offensichtlich schwere Verbrennungen erlitten. Neben diesem Jungen konnte Lon Chaney einpacken. Die Maske verzerrte sich zu einer Grimasse, und ich begriff, dass Pattison versuchte, mich anzulächeln.
    »Ich bekomme nicht viele Besucher«, sagte er.
    Was du nicht sagst,

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