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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sich darum gekümmert. Er hat dafür bezahlt, dass die Operation privat vorgenommen wurde. Der beste plastische Chirurg, den es gibt. Mr. Alexander Knox. Ich weiß nicht, wie Tam es geschafft hat, ihn zu kriegen, selbst mit Barzahlung, aber es war Mr. Knox, der mich behandelt hat. Ich bin mit dem Ergebnis wirklich zufrieden.«
    »Er hat tolle Arbeit geleistet«, sagte ich und lächelte. Aber ruf bloß nicht Sam Goldwyn an, um ihn zu fragen, ob er einen Star aus dir machen will, fügte ich in Gedanken hinzu. »Wann haben Sie Tam zuletzt gesehen?«
    »Vor ungefähr einem Jahr«, sagte Pattison, und Speichelbläschen rannen ihm aus dem Mundwinkel. Neue Lippen hätten wohl extra gekostet. »Er sah gut aus. Ist heute ein Geschäftsmann. Ihm geht es prima.«
    »Kannten Sie Tams Bruder?«
    »Nein. Bin ihm nie begegnet, aber gehört habe ich von ihm. Sie sind eineiige Zwillinge, aber Tam hasst seinen Bruder. Tam sagt immer, es ist ihm unbegreiflich, wie zwei Brüder sich so ähnlich sehen und drinnen gleichzeitig so völlig unterschiedlich sein können. Er sagt, sein Bruder ist ein Drecksack. Eine feige Ratte.«
    »Hat Tam viel von ihm gesprochen?«
    »Tam redet von nichts sehr viel. Er hört eher zu. Aber wenn er was sagt, sollte man es sich anhören. Trotzdem ... von seinem Bruder hat er immer viel gesprochen. Einmal sagte er, sein Bruder sei ein Drückeberger, der sich der Einberufung entzogen hat. Tam schien sich Sorgen zu machen, weil sein Bruder das Familiengeschäft weiterführte, solange er weg war. Aber ich weiß nicht, was für ein Geschäft das war.«
    Schweigen breitete sich aus. Ich blickte wieder aus dem großen Fenster und lobte die Schönheit des Gartens. Tatsächlich suchte ich Ablenkung von Pattisons Gesicht.
    »Sind Sie in der Army je einem Jimmy Wallace über den Weg gelaufen?«, fragte ich schließlich.
    »Nicht Jimmy Wallace ... Jamie Wallace. Sie wissen ja, wie die feinen Pinkel es mit den Namen haben. Über den habe ich eben schon gesprochen, als ich von unserem Offizier erzählte. Das war er. Captain Jamie Wallace, der Bursche, der vor dem Krieg Journalist gewesen war. Der Nahostexperte. Er führte unsere Einheit, und zwar gut, aber wie gesagt, wenn es zum Kampf kam, übernahm Tam das Kommando.«
    Ich runzelte nachdenklich die Stirn. Ein Offizier. Wie endete ein ehemaliger Heeresoffizier als Anhängsel eines kleinen Gangsterbosses? »Wie ist Tam mit Wallace zurechtgekommen?«
    »Sehr gut. Captain Wallace verließ sich auf Tam, und Tam interessierte sich immer für alles, was der Captain zu sagen hatte. Sie waren unterschiedliche Menschen, aber sie kamen wirklich gut miteinander aus.«
     
    Nachdem Pattison davongeschoben worden war, hatte ich nichts Eiligeres zu tun, als das Versehrtenheim zu verlassen. Ich stand vor der Eingangstür und nahm mehrere tiefe Züge Luft, die nicht aus Glasgow war. Von dem Austin 16 war keine Spur zu sehen. Ich vermutete, er parkte außerhalb des Grundstücks. Ich stieg in mein Auto und saß eine Zeit lang da, ohne den Motor anzulassen. Ich verdrehte den Innenspiegel, damit ich das dünne Narbennetz auf meiner linken Wange sehen konnte. Jemand wie Pattisons Doktor hatte mich zusammengeflickt. Der Unterschied war nur, dass ich einen oder zwei Meter weiter von der explodierenden Granate entfernt gewesen war. Ich hätte enden können wie Pattison. Ich ließ mir ein paar Witze über sein schlecht wiederhergestelltes Gesicht einfallen und lachte still vor mich hin. Auf diese Weise konnte ich den Schmerz in meinen Eingeweiden und das Stechen in meinen Augen zum Verschwinden bringen, die sich jedes Mal regten, wenn ich an das arme Schwein dachte.
    Wenn man den Krieg erlebt hat, so wie ich, hat man gelernt, über das Leid zu lachen, solange man nicht selber litt. Wenn man über das Leid lachte, berührte es einen vielleicht nicht; dann kam es vielleicht nicht an einen heran. Aber manchmal war das Lachen über das Leid der eigentliche Witz.
    Der Austin 16 heftete sich wieder an meine Fersen und folgte mir zurück in die Stadt. Bei dem Versuch, diskret zu sein, hielt er ungefähr drei Wagenlängen Abstand. Ich bezweifelte nicht, dass Sneddons Leute mit einem Bolzenschneider umgehen konnten und wussten, wie man mit einem Klauenhammer eine Kniescheibe freilegt, aber Überwachung war nicht gerade ihre Stärke. Es war aber egal; ich war froh, dass jemand mir über die Schulter schaute.
     
    Für den Abend war ich verabredet. Ich ging mit Jeannie, einer kleinen, dunklen, kurvenreichen

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