Lennox 01 - Lennox
und versuchte, entschieden zu klingen. »Ich möchte an Ihren Geschäften nicht teilhaben.«
Die Silhouette blieb einen Augenblick lang reglos. »Wie Sie meinen«, sagte Morrison schließlich. »Aber ich glaube, Sie begehen einen großen Fehler. Meine Arbeit ist sehr einträglich. Und ob es Ihnen gefällt oder nicht, Ihren Beitrag haben Sie bereits geleistet.«
»Was soll das heißen?«
»Erinnern Sie sich an letztes Jahr, als Mr. Murphy Sie gebeten hatte, ein junges Paar für ihn zu finden?«
»Ja.« Ich erinnerte mich. »Hammer Murphy sagte, es sei ein Gefallen für einen Freund, dessen Tochter durchgebrannt sei. Murphys Freund wollte nur sichergehen, dass es seiner Tochter gut ging.«
»Ich fürchte, die Wahrheit ist nicht ganz so lauschig. Der junge Mann war tatsächlich ein Angestellter Mr. Murphys gewesen und hatte ihm eine große Geldsumme gestohlen. Außerdem hatte er die Polizei mit peinlichen Informationen versorgt. Ihre Aufgabe war es, die Verschwundenen zu finden und sie noch einmal verschwinden zu lassen. Diesmal für immer.«
»Das Mädchen auch?« Ich erinnerte mich an sie. Sie war zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig gewesen.
»Das Mädchen auch. Sie sehen, Mr. Lennox, Sie sind schon zuvor für mich auf die Pirsch gegangen. Wie auch immer, ich möchte Sie bitten, meinen Vorschlag zu überdenken. Benutzen Sie die Tabaksdose als Briefkasten, wenn Sie mich verständigen müssen. Wenn Sie mich nun entschuldigen, können Sie den nächsten Zug nach Glasgow nehmen. Ich werde Sie nicht begleiten, da ich in der Nähe noch einen Hausbesuch zu machen habe.« Mr. Morrison machte einige Schritte auf die schwarze Schulter der Kirk zu. Dann blieb er noch einmal stehen. »Ach ja, und ich brauche Sie wohl nicht darauf hinzuweisen, wie klug es von Ihnen wäre, mein Gesicht wieder zu vergessen, wenn Sie meinen Vorschlag nicht in Betracht ziehen möchten.«
»Nein, das brauchen Sie nicht.« Die Wahrheit war, dass Morrisons Gesicht mit dem nachlassenden Licht bereits aus meinem Gedächtnis verschwunden war. Er hatte so ein Gesicht. Ideal für einen Killer.
Ich folgte dem Weg, der pechschwarz erschien, hinunter zum Bahnhof Shotts. Dabei musste ich gegen das Verlangen ankämpfen, über die Schulter zu blicken, um zu sehen, ob mich der acht Fuß hohe Geist von Bertram Shotts oder der fünf Fuß hohe Schatten eines soziopathischen Bankiers verfolgte.
Kaum dass ich wieder in Glasgow war, rief ich Sneddon an. Genauer gesagt, benutzte ich den Münzfernsprecher am Bahnhof und berichtete ihm alles – diesmal auch, dass Bobby, dem Laufburschen der McGaherns, der Schädel auf sehr ähnliche Weise eingeschlagen worden war wie dem McGahern-Bruder, dessen Kopf man in der Autowerkstatt in Rutherglen zu Brei verarbeitet hatte. Ich berichtete Sneddon von meinem gemütlichen Plausch mit Mr. Morrison und erklärte ihm, wir wären uns ziemlich sicher, dass es Bobby gewesen sei, der ihn in Tam McGaherns Namen zu engagieren versucht hatte. Und ich erzählte von meinem Verdacht, dass Frankie als Erster umgebracht worden war.
»Also haben Sie Tam zusammengeschlagen?«, fragte Sneddon. »Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so leicht herumschubsen lässt.«
»Ich auch nicht. Das war eine abgekartete Sache. Aus irgendeinem Grund hat Superintendent McNab den armen Frankie überwacht. Ich glaube, ›Frankie‹ war in Wirklichkeit Tam, und er hat sich absichtlich von mir verprügeln lassen, um McNab weiszumachen, dass er Frankie wäre. Anfangs habe ich gedacht, er wollte mich damit zum Verdächtigen für den ersten Mord machen.«
»Aber das denken Sie jetzt nicht mehr?«
»Nein. Was in dieser Nacht geschah, hat mich eher verdächtig gemacht, den zweiten Mord begangen zu haben – was natürlich keinen Sinn ergibt. Tam würde mich nicht für den Mord an sich selbst belasten wollen. Das Spiel war zwar abgekartet, aber ich glaube, es ging nicht darum, mich zu belasten, sondern McNab zu zeigen, wie ich ›Frankie‹ eine Abreibung verpasste. Vielleicht hatte McNab den Verdacht, dass bei dem ersten Mord Frankie getötet worden war. Bei einer Prügelei mit Tam McGahern hätte ich einen schweren Stand gehabt, ganz wie Sie sagen. Ich glaube, Tam hat sich absichtlich von mir zusammenschlagen lassen, um McNab zu überzeugen, dass er Frankie war.«
Am anderen Ende der Leitung war es still. Ich nahm an, dass Sneddon die Angelegenheit durchdachte.
»Das passt alles nicht zusammen«, sagte er schließlich. »Wieso sollte Tam McGahern solche
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