Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
er wieder in die Tasche gesteckt, aber seine Hand leistete ihm dort Gesellschaft.
    Hinter uns fuhr der Ford Zephyr 6 heran, und der zweite Kerl stieg aus. Er war etwa einen Zoll kleiner als sein Komplize, und sein Haar hatte eine Farbe wie schmutziger Sand. Beide sahen genau so aus, wie Sheila Gainsborough sie beschrieben hatte.
    Wir gingen in die Wirtschaft. Sie war laut und stank. In der Luft hingen dick Zigarettenrauch, abgestandener Schweiß und Whiskydunst. In der Ecke gab eine Frau mit unnatürlich schwarzem Haar schrille, unerquickliche Laute von sich, begleitet von einem lange nicht mehr gestimmten Piano. Das Empire war eines der Lokale, die man allgemein unter »verkommene Kaschemme« einordnet und wo der Boden mit Sägemehl bestreut ist, um die Spucke aufzusaugen; hier hatte man allerdings das Sägemehl eingespart. Ich ließ mich an einen Tisch in der Ecke führen, ohne mir Illusionen zu machen, dass mich dort Fürst Rainier mit Grace Kelly erwarten könnte. So war es denn auch: Am Tisch saß ein kleiner, dicklicher Mann in einem teuren, aber schlecht sitzenden Anzug und blickte mir mürrisch entgegen, als ich mit meinem Geleitschutz näherkam. Sein dichtes schwarzes, irisches Haar musste geschnitten werden, und über dem schlaffen, hässlichen Mund trug er ein Menjoubärtchen.
    »Ich glaube, Sie wollten mich sprechen«, sagte ich mit ernstem Gesicht und setzte mich ohne Aufforderung. Im Gegensatz zu Sneddon, Cohen oder Murphy erforderte ein Jimmy Costello keinen respektvollen Tonfall. Andererseits hatte mich gerade diese Haltung in den letzten Jahren schon mehrmals in einen ziemlichen Schlamassel gebracht.
    »Wollen Sie was trinken?«, fragte Costello ungerührt.
    »Whisky.«
    Costello nickte meinem dunkelhaarigen Entführer zu, der im Zigarettendunst durch die Menge zur Bar ging und uns allein ließ. Vielleicht wurde es doch nicht das Abenteuer, mit dem ich gerechnet hatte.
    Die Sängerin neben dem Piano steigerte sich in einen Anfall von Leidenschaft. Sie war eine stämmige Frau über fünfzig, ungefähr so kurvenreich wie ein Bierfass, und hatte ein rundes, weißes Gesicht, kleine Augen, zu dunkles und zu langes Haar und zu rote Lippen. Eindeutig war sie klassisch ausgebildet, denn sie folgte der alten Glasgower Tradition, jeder Verszeile eine Extrasilbe hinzuzufügen und sie dann durch die Nase zu singen. Wenn man etwas gegen Konsonanten hat, fühlt man sich in einem Glasgower Pub wie zu Hause. Die Sängerin informierte mich und jeden anderen im Umkreis von fünf Meilen, dass offenbar die Pfeifen riefen, und sie riefen nach Dhmnnaa-anny Bhee-hoy .
    Mein Begleiter kam mit zwei Whiskys und einem Pint Stout zurück und ließ uns wieder allein.
    »Sie haben meinen Jungen verkloppt«, sagte Costello. Ihm war keine Verärgerung anzumerken. Er trank von seinem Bier und musterte mich desinteressiert.
    »Er hat mich herausgefordert, Jimmy. Er hat ein Messer gezogen. Geht es darum?«
    »Nein. Deshalb habe ich auch nicht Tony und Joe geschickt, Sie zu holen. Dieser ganze Scheiß war überflüssig.«
    »Wie ich Ihren Gorillas schon sagte: Rufen Sie mich an, wenn Sie mit mir reden wollen.«
    »Passen Sie mal auf, Lennox, legen Sie sich nicht mit mir an. Das mit Paul lasse ich Ihnen durchgehen. Ich lasse auch die Sache mit Tony und Joe durchgehen – und glauben Sie mir, Tony und Joe sind damit überhaupt nicht einverstanden. Hören Sie also auf, mich wie ein Stück Scheiße zu behandeln. Sie haben klargestellt, was Sie von mir halten, aber hier sind Sie in meinem Revier. Ich könnte Sie an die Jungs übergeben und Sie mit Ihrer Nase auf halb acht nach Hause schicken.«
    Ich wollte gerade etwas entgegnen, als die Sängerin in der Ecke ein völlig neues Niveau an Lautstärke und Unmelodik erreichte.
    »Sie könnten es versuchen«, sagte ich, nachdem es in meinen Ohren nicht mehr klingelte, »aber ich arbeite für Willie Sneddon. Dessen Nase drehen Sie nicht so leicht auf halb acht. Also lassen wir den Mist. Was wollen Sie?«
    »Warum haben Sie Paul zusammengeschlagen?«
    »Ich dachte, darum geht es nicht.«
    »Geht es auch nicht. Nicht direkt jedenfalls. Ich muss aber wissen, weshalb Sie und er sich gestritten haben. Ging es um den Gainsborough-Jungen?«
    »Richtig heißt er Sammy Pollock. Und ja, es ging wirklich darum.«
    »Ist er verschwunden?«
    »Ja.«
    »Paul auch.«
    Einen Augenblick herrschte Stille. Oder es wäre still gewesen, wenn Govans Antwort auf Maria Callas nicht zu einem weiteren Crescendo angesetzt

Weitere Kostenlose Bücher