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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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ausbreitete, wie mein Blick reichte. Solange wir auf der Hauptstraße blieben, konnte ich mich leicht im Verkehr verbergen; als das Taxi auf eine Landstraße abbog, wurde es schwieriger. Nach erneutem Abbiegen gelangte das Taxi auf eine noch schmalere Straße. Sie führte zu nur einem Ziel; man musste einen Grund haben, um diese Abzweigung zu benutzen. Ich hielt mich zurück und ließ einen Abstand zwischen mir und dem Taxi entstehen. Die Straße führte an den Rand eines überfluteten Steinbruchs, der in der Sonne wie ein schlammbraunes Auge aussah.
    An einer Kurve verlor ich das Taxi aus den Augen; aber ich machte mir keine Gedanken, denn es konnte nirgendwohin verschwinden. Ein leichter Druck aufs Gaspedal, und ich wäre wieder auf Sichtkontakt heran. Doch als ich um die Biegung kam, sah ich plötzlich das Heck des Wagens vor mir. Er hielt vor dem Tor eines Bauernhofs. Ich fuhr weiter, ohne in die Richtung zu schauen. Erst als ich vorbei war, sah ich im Innenspiegel, wie Claire Skinner ausstieg und dem Fahrer ein paar Geldscheine reichte. Sie wartete nicht auf Wechselgeld, sondern drehte sich um, öffnete das Tor und folgte einem Pfad, der mir sehr nach Feldweg aussah.
    Bingo!
    Ich fuhr weiter die Straße hinunter, bis ich an die nächste Kurve gelangte. Im Innenspiegel beobachtete ich, wie der Taxifahrer mit Mühe wendete, indem er dreimal vor und zurück setzte; dann fuhr er in Richtung Landstraße. Ich bog scharf nach links ab. Ein Stück weiter erhob sich ein Wäldchen neben der Straße. Ich fuhr den Atlantic auf die Grasböschung, sodass die beiden Reifen auf der Fahrerseite noch auf dem Asphalt standen. Ich war mir halbwegs sicher, dass der Wagen vom Feldweg und von den Gebäuden, die ich an seinem Ende vermutete, nicht zu sehen war.
    Zu Fuß durchquerte ich das Wäldchen, bis ich von seinem Rand aus einen ungehinderten Blick über die Felder hatte. Die Sonne stand niedrig am Abendhimmel, weichte Kanten auf und übergoss die Welt mit warmen Farben. Kurz entdeckte ich Claires Kopf; dann verschwand er außer Sicht, als der Weg sich zwischen den Böschungen absenkte. Für wie lange Claire verschwunden blieb, konnte ich nicht wissen; der Pfad konnte jederzeit wieder auf die Höhe der umgebenden Felder ansteigen.
    Ich kam unter den Bäumen hervor und rannte über das Feld auf das erhöhte Wegstück hinter der Stelle zu, an der ich Claire Skinner zuletzt gesehen hatte. Das saftige grüne Gras stand knöchelhoch, aber der normalerweise schlammige Boden war vom untypischen anhaltenden Sonnenschein der letzten Zeit genügend ausgetrocknet worden. Sibirien hat Permafrost, Schottland hat Permamatsch. Mein Sprint über die Wiese wurde von einer Handvoll Schafe mit schwarzen Gesichtern und toten Augen desinteressiert beobachtet. Ich beeilte mich nicht, Claire einzuholen, sondern hielt mich aus ihrem Blickfeld, ehe sie aus der Mulde kam und wieder über das Feld schauen konnte.
    Ich setzte über die Feldsteinmauer hinweg und duckte mich auf den Weg, ein schmales graues Band aus staubiger Erde zwischen grasbewachsenen Böschungen. Der Weg und das Abendlicht hatten etwas an sich, was mir das Gefühl gab, ich sollte dem Weg in kragenlosem Hemd, die Ärmel hochgekrempelt, und einer Sense über der Schulter folgen. Aber das wäre nicht ich gewesen. Rotwangige Bauerntöchter und schäumendes Bier waren nicht mein Fall, obwohl ich es mit den rotbackigen Bauernmädchen durchaus probiert hätte.
    Ich vertrieb die ländliche Idylle aus meinen Gedanken und folgte dem Weg in gleich bleibendem, gemächlichem Tempo. Von Claire Skinner sah ich keine Spur, bis ich an eine Kurve kam und sie ungefähr Hundert Meter voraus erblickte. Ich ging an der Böschung in Deckung und beobachtete, wie Claire auf ein Bauernhäuschen zuging, das geduckt in einem Brombeergestrüpp stand. Schottlands Breitengrade sorgten für lange Sommerabende, aber die Sonne stand nun tief, und ich hätte erwartet, dass in dem Häuschen Licht brannte; aber es war dunkel. Claire klopfte an die Tür und musste eine gute Minute warten, bis ihr jemand öffnete, den ich nicht sehen konnte.
    Ich beobachtete das Häuschen ganze fünf Minuten lang, nur um sicherzugehen, dass es sich nicht um einen flüchtigen Besuch handelte. Da Claire das Taxi weggeschickt hatte, nachdem sie ausgestiegen war, und wir uns mitten im Nirgendwo befanden, vermutete ich sehr, dass Claire nicht vorhatte, heute Nacht wieder nach Glasgow zurückzukehren.
    Ich überlegte, welche Möglichkeiten mir

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