Lensmen 02 - Die ersten Lensmen.rtf
der Jugend ist, gehörten insbesondere die Vertreter der verschiedenen Kolonien den jüngeren Jahrgängen an. Im übrigen nahmen nicht nur Menschen an dem Ereignis teil. Zwar war noch nicht die Zeit gekommen, da warmblütige, sauerstoffatmende Ungeheuer aus unzähligen Sonnensystemen ihre Gesandtschaften auf der Erde unterhielten, doch es gab bereits einige nicht-irdische Vertreter. So hatten sich eine Anzahl Marsianer eingefunden, die ihre Tanzschritte mit mathematischer Präzision ausführten. Auch einige Venusianer, die grundsätzlich nicht tanzten, nahmen an dem Ball teil und saßen auf ihren Spezialstühlen oder watschelten wichtigtuerisch hin und her. Eine Anzahl anderer solarer und außersolarer Welten war ebenfalls vertreten.
Doch so farbenfroh und abwechslungsreich der Ball auch war – ein Paar stach besonders hervor. Die Augen folgten den beiden, wohin sie auch gingen. Das Mädchen war groß und schlank und von wunderbarem Wuchs. Ihr grünes Vexto-Seidenkleid leuchtete phosphoreszierend auf; es blitzte und strahlte bei jeder Bewegung. Der Saum berührte den Boden, doch oberhalb der Gürtellinie wurde es auf geheimnisvolle Weise unsichtbar, von einigen strategischen Stellen abgesehen. Ihr einziges Schmuckstück bestand aus einer Rosette aus wunderbaren Smaragden, die an ihrer linken Schulter befestigt war. Im Gegensatz zu den extravaganten Frisuren der anderen Frauen war ihr Haar ein künstlerisch zerwuscheltes Durcheinander. Ihre sanften und goldgefleckten Augen, die Virgilia Samms ebenso unter Kontrolle halten konnte wie ihre geübten Hände, blickten Herkimer Herkimer III unschuldig an.
»Aber ich kann dir den nächsten Tanz nicht auch noch versprechen, Herkimer. Unmöglich, es geht nicht!« flehte sie und kuschelte sich enger an ihn. »Ich möchte ja zu gern, aber es geht einfach nicht, das weißt du ganz genau.«
»Natürlich mußt du einige Pflichttänze absolvieren, ich weiß ...«
»Einige? Meine Liste ist so lange, daß sie von hier bis zur Tür reicht! Zuerst kommt natürlich Senator Morgan an die Reihe, dann Mr. Isaacson, dann dieser Mr. Ossmen – ich kann diese Venusianer nicht ausstehen! Und dann diese lederhäutige Schildkröte vom Mars, das Nilpferd vom Jupiter ...«
Sie setzte ihre Aufzählung fort, und mit jedem Namen, den sie nannte, preßte sie einen Finger auf den Handrücken ihres Partners, wie um die Bedeutung ihrer gesellschaftlichen Verpflichtungen hervorzuheben. In Wirklichkeit hatte diese Bewegung andere Gründe.
Man konnte Herkimer Herkimer III zwar als Don Juan bezeichnen, doch er war gleichzeitig ein mit allen Wassern gewaschener Diplomat. Und als Diplomat war er darauf trainiert, seine Gesichtszüge – und zwar insbesondere die Augen – unter Kontrolle zu halten und sich nicht anmerken zu lassen, was in seinem Kopf vorging. Wenn er dem schönen Mädchen in seinen Armen mißtraut hätte, wenn ihm jemand gesagt hätte, daß sie ihn nach besten Kräften auszuholen versuchte, hätte er ungläubig gelächelt. Er hegte nicht den geringsten Verdacht. Doch immerhin war sie Virgil Samms' Tochter, und so bemühte er sich, an keinem der Namen, die Jill aufzählte, ungebührliches Interesse zu zeigen. Außerdem schaute sie ihm nur selten ins Gesicht. Ihr Blick war zumeist bescheiden nach unten gerichtet.
Es gab jedoch einige Dinge, die Herkimer Herkimer III nicht wußte. Zum Beispiel die Tatsache, daß Virgilia Samms eine der besten Muskeldeuterinnen war, die es jemals gegeben hatte. Daß sie sich nicht so dicht an ihn heranschmiegte, weil sie seinem Charme erlegen war, sondern weil sie nur so erfahren konnte was sie erfahren wollte. Bei jeder Namensnennung hatte sie seine Reaktion genau registriert und hatte diese Reaktion zu einem Ganzen zusammengefügt, das nach und nach ein entsetzliches Bild ergab – das Bild eines Mordes!
Das war ganz offensichtlich ein Problem, das weitaus dringender und wichtiger war als die noch fiktive Galaktische Patrouille und sie hoffte inständig, daß Herkimer nicht auch ein Muskeldeuter war. Denn sie wußte, daß sie – wenn jemand die Zeichen zu deuten verstand – ihre Geheimnisse noch offener preisgab als er. Nein, er war kein Muskeldeuter – daran konnte kein Zweifel bestehen. Sein Blick war nicht auf die richtigen Stellen gerichtet, sondern konzentrierte sich auf die Stellen, auf die das Kleid seine Blicke lenken sollte. Von ihm drohte also keine Gefahr.
Aber je mehr sie sich bemühte, desto unruhiger wurde sie. Wer sollte das Opfer
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