Lensmen 08 - Drachen-Lensmen
hatte. Keines seiner Geräte zeigte ihm eine Frequenz an, es gab lediglich in seinen eigenen Gehirnwellenmustern eine sanfte Störung – durch irgend etwas. Da war jedoch nichts, auf das er reagieren konnte, dem er mit einem Gedanken zu begegnen vermochte. Er war hilflos.
Die häßliche Vision war unterdessen beinahe verblaßt.
Viele Sekunden lang saß Worsel reglos da, und sein Wahrnehmungssinn suchte die enorme Weite aller Frequenzen ab, während ein Teil seines Verstandes auf die winzigste Abweichung seines Gehirnwellenmusters lauerte, die ihm einen Hinweis geben mochte.
Auf diese Weise fing er viele weit, sehr weit entfernte Gedanken auf, sogar von Orten jenseits der Milchstraße, aber das Gesuchte war nicht darunter. Von Zeit zu Zeit rief er Kallatra an, und obwohl es keine bewußte Reaktion war, beruhigte ihn doch das Empfinden persönlicher Ruhe, das den Verstand des Lens-Trägers durchdrang. Andererseits verwirrten ihn die noch schwächer einkommenden Gedanken 24v6', die das gesamte Leben des Paramenschen durchzugehen schienen. Aus großer Entfernung kam ein unerklärliches Piepen in sein Muster, und er setzte eine Tiefraum-Erkundung an, zu der er seinen Geist so weit aufdrehte, wie es nur irgend ging. Diesen Forschungsstrahl hielt er beinahe zwei volle Minuten aufrecht, ehe die Anstrengung der intensiven Konzentration dann doch zu groß wurde.
Mit dem Abbruch der selbstgestellten Aufgabe und dem Ende der letzten gespenstischen Vision drangen andere Gedanken auf Worsel ein. Er griff sich Kallatras Verstand heraus und las darin, was in den letzten wenigen Minuten geschehen war. Die Ereignisse hatten sich geradezu überstürzt. Worsel traute seinen Sinnen nicht. Einen Sekundenbruchteil lang glaubte er schon wegen Kallatra Halluzinationen zu erleiden. Dann tauchten neue Bilder auf – sie kamen von 24v6 – und waren womöglich noch unglaublicher!
Als Worsel sich mit seinem Tiefraumvorstoß isolierte, war Kallatra wieder voll zu sich gekommen, hörte unbestimmte, aber drängende Anordnungen von 24v6 und verlor keine Zeit. Daß Worsel noch helfen konnte, war unwahrscheinlich – in einem Sekundenbruchteil erkannte sie Worsels vorübergehende Abwesenheit. Die junge Lens-Trägerin erreichte ihr Ziel, kaum daß Sie sich klarmachte, was sie da tat: sie zog die obere Hälfte von 24v6' zerteiltem Körper mit einem Traktorstrahl heran, hüllte ihn in Energie, befestigte ihn an der Außenhülle des Rettungsbootes und beschleunigte dann schon mit Kurs auf Worsels Flamme wobei sie durch eine Konzentration von Angriffsstrahlen schlüpfte, die ihrer Bewegung zu folgen versuchten.
Worsel nahm keine wirren Gedanken wahr. Niemand war wahnsinnig. Das Gehirn 24v6' lebte noch, sein Metabolismus wurde durch die absolute Kälte des Weltalls geschützt. Kallatra raste schutzsuchend auf Flamme zu. Flamme würde sich in ein galaktisches Super-Krankenfahrzeug verwandeln müssen, um die Essenz 24v6' nach Dyaddub zu bringen, wo man einen Rettungsversuch beginnen konnte. Worsel las diesen Plan in Kallatras Verstand: auf Dyaddub gab es den neuen, beinahe vollendeten Prothedon, der 24v6 als Lebenserhaltungssystem zur Verfügung stehen konnte.
Augenblicklich schaltete sich Worsel in die Rettungsaktion ein. Er hakte einen eigenen Traktorstrahl um das zurückkehrende Rettungsboot und zerrte es im nächsten Augenblick in den trägheitsfreien Antrieb hinüber mit Kurs auf Dyaddub. Er strahlte zwei Botschaften ab: die eine war an Kinnison gerichtet und gab die Position der beiden Schiffe bekannt – des im Cheenus gelandeten Kriegsschiffes –, und der andere Ruf erging an 24v6' Laboratorium auf Dyaddub, damit sich das Personal auf die Notlage einrichten konnte. Was er nicht einmal Kinnison mitteilte, war die Bestätigung seines Verdachts: daß Lalla Kallatra zweifellos mehr Frau als Mann war.
In seiner ersten Reaktion hätte er das Offensichtliche am liebsten unterdrückt, weil es doch unmöglich war. Keine Frau konnte Lens-Träger sein. Mentor hatte dies ausdrücklich erklärt. Die Lens von Arisia bezog sich auf das Geschlecht; keine Frau konnte Lens-Träger sein, weil das physisch und psychologisch unmöglich war. Worsel machte sich aber klar, noch während er seine Ungläubigkeit analysierte, daß das im Grunde nicht stimmte – die Rote Lens-Trägerin war ja schließlich auch eine Frau, die weiblichste aller Frauen. Und auch für diesen neuen Fall gab es Beweise. Die ersterbenden Gedanken 24v6' konnten nicht einfach übergangen
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