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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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eine enge Verbindung besteht; wie es heißt, hat er Sie am Ende des Krieges in seine Familie eingeführt.
    Der Landungsprahm, der krängt und wegsackt; die springenden, mit ihrem Gepäck springenden Soldaten, und die schwimmenden Pferde, die prusten und stöhnen und mit ihren Hufen das Wasser walken, und das gelbe abtreibende Floß, von dem die Leute winken und schreien, und dann die verdrehten, angsterfüllten Augäpfel, der nasse Hals, die Schläge: Er hat mich da rausgeholt, sage ich, als wir untergingen, da hat der Chef nach mir getaucht und hat mich rausgeholt. Das wurde mir berichtet, sagt er, und ich habe auch erfahren, daß er Sie bei einem zweiten Unglück vor dem Schlimmsten bewahrt hat; das trifft doch zu? Ohne den Chef wäre ich nicht hier, bestimmt nicht.
    Er hat das Buch entdeckt, das Max mir gewidmet hat, er nimmt es in die Hand, fragt blickweise um Erlaubnis, ich hab schon zugestimmt, und nun blättert er, liest die Widmung und schmunzelt für sich. Wenn er die Interessen der Familie Zeller vertritt, dann ist er wohl auch im Namen des Chefs gekommen, jedenfalls kann er nicht der Vormund sein, der vorläufige Vormund, wie Magda gesagt hat, vielleicht ist er sogar hier, um mir eine Nachricht vom Chef zu bringen, endlich Gewißheit. Ich muß jetzt nur achtgeben, daß meine Gedanken nicht immer unterwegs sind, ich muß sie zusammenhalten, denn er wird wohl noch einiges wissen wollen von mir, obwohl er schon genug weiß; vermutlich möchte er nur, daß ich ihm bestätige, was er bereits weiß. Seine Stimme höre ich gern, seine rauchige Stimme.
    Man kann also mit Recht sagen, Herr Messmer, daß Sie der Mann der ersten Stunde sind, der Weggefährte, der seinen Anteil in das Lebenswerk eingebracht hat? Das sagt er und drückt seine Anerkennung durch eine Bewegung der Lippen aus. Was soll ich ihm darauf antworten, ich kann doch nur sagen: So gern wie ich hat wohl keiner für ihn gearbeitet, so gern. Von Ihrer Verläßlichkeit habe ich gehört, sagt er, und er sagt auch: Es war gut, daß Herr Zeller jemanden hatte, auf den er sich so verlassen konnte, den er einweihte in seine Pläne, mit dem er zur Not etwas erledigen konnte, was keinen etwas anging; wer Großes leistet, braucht jemanden, auf den er sich stützen kann. Vermutlich haben Sie viel gemeinsam erlebt und bestanden? Ja, sage ich, wir haben viel zusammen erlebt in den Jahren, manchmal hab ich schon Angst, daß ich nicht alles behalten kann, aber noch hab ich wohl nichts vergessen, weil ich mich in der Dämmerung immer an etwas erinnere, jeden Tag an etwas anderes. Richtig, sagt er, so muß man es tun, täglich eine Erinnerungsstunde, Erinnerungen sind ein Kapital, auf das wir nicht verzichten können. Wie anerkennend er alles mustert, wie versonnen sein Blick auf meinen Sachen liegt, er ist bestimmt mit Wissen des Chefs hier, seine Freundlichkeit spricht dafür. Wenn er es nicht von sich aus sagt, dann werde ich ihn einfach fragen, zum Schluß werde ich ihn fragen, wie es dem Chef geht.
    Kann man sagen, Herr Messmer, daß Sie sich nach all den Jahren einer Vertrauensstellung erfreuen, ich meine, sogar einer Vertrauensstellung besonderer Art? Was meint er nun damit wieder, ich hab noch nicht darüber nachgedacht, ob ich eine Vertrauensstellung habe, ich hab immer nur angenommen und ausgeführt, was der Chef mir auftrug, und ich brauchte nicht mehr als seine Zufriedenheit. Vor mir, sage ich, hat er nie etwas abgeschlossen oder weggelegt, zum Beispiel das Quartierbuch, er ließ alles offen liegen, wenn Sie das meinen. Nein, nein, sagt er, Sie haben mich mißverstanden, unter Vertrauensstellung verstehe ich eine Position, in der Ihnen mehr bekannt war als anderen, in der Sie Ratschläge geben, Einfluß nehmen konnten. Da kann ich nur sagen: In ganz Hollenhusen findet sich keiner, der dem Chef Ratschläge geben kann, wenn der einen guten Ratschlag braucht, dann gibt er ihn sich selbst. War das auch im letzten Jahr so, will er wissen, und fügt gleich hinzu: Sie müßten das am ehesten bemerkt haben, Herr Messmer, denn kaum einer steht ihm so nahe wie Sie.
    Wenn ich es richtig bedenke, Bruno, dann bist du mein einziger Freund: das hat der Chef einmal zu mir gesagt, und er hat immer gemeint, was er sagte. Nun? fragt er, und ich sage: Ihm kann keiner hier das Wasser reichen, er sieht nur einmal hin und erkennt gleich, was erkannt werden muß. Das schließt doch aber nicht aus, daß Herr Zeller sich verändert hat, in seinem Wesen, in seiner Eigenart? Gut, er

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