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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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widerwillig akzeptiert, dass sein Sohn diesen
     sonderbaren Beruf ergriff. Durch seine Begabung war Leo relativ schnell
     weitergekommen, auch wenn er öfter einmal durch unkonventionelles
     Verhalten auffiel. Dass er sich den prügelnden Schupos in den Weg
     gestellt hatte, nahmen ihm die Konservativen unter seinen Kollegen bis
     heute übel.
    Leo musste ehrlich zugeben,
     dass viele dieser »Landjunker« durchaus fähige
     Kriminalisten waren, doch bei Herbert von Malchow hörte sein Verständnis
     auf. Von der ersten Minute an hatte eine tiefe Abneigung zwischen ihnen
     geherrscht, und er vermutete insgeheim, dass es mit der kriminalistischen
     Begabung des Neuen auch nicht allzu weit her war. Beziehungen, hatte er
     gedacht, vielleicht wusste die Familie nicht, was sie mit ihm anfangen
     sollte, und hatte ihn zur Polizei abgeschoben. Andererseits war die
     Berliner Kripo für die ausgezeichneten Fähigkeiten ihrer Beamten
     bekannt. Im Grunde konnte sie sich bei der ungeheuren Kriminalität,
     unter der Berlin seit Kriegsende zu leiden hatte, gar keine derartigen
     Freundschaftsdienste leisten.
    Zurück zum Wunderheiler,
     mahnte er sich.
    »Arm war der jedenfalls
     nicht«, sagte Robert nach einer Weile. »Sparbücher,
     Wertpapiere, ein Wochenendhaus am Wannsee. Der muss an seinen prominenten
     Patienten ganz schön verdient haben.«
    »Na ja, er wird sie
     sich schon entsprechend ausgesucht haben«, meinte Leo.
    Schweigend arbeiteten sie
     weiter.
    »Hier, Leo, eine Mappe
     mit Dankesschreiben. Die musst du dir ansehen.« Walther schob ihm
     einen Aktenordner hin, der säuberlich abgelegte Briefe enthielt,
     viele auf elegantem Papier mit persönlichem Briefkopf oder Prägesiegel
     verfasst.
    Leo blätterte die Mappe
     durch und las einzelne Sätze vor. »Sie haben mir zu einem neuen
     Leben verholfen. Edda von Walsick. – Noch nie habe ich die Liebe zu
     meiner Frau so drängend, so intensiv erlebt. Prof. W. Keller. –
     Die Träume, zu denen Sie mir verholfen haben, lieber Meister, haben
     mir Einblicke gewährt, die alles verändern werden. Elisa
     Reichwein.« Er schaute hoch und begegnete Walthers Blick. Sein
     Kollege schien die gleiche Idee zu haben. »Ob die dankbaren
     Patienten wissen, dass er das alles aufbewahrt hat?«
    Walther grinste. »Was
     mag er dem Ehepaar Keller wohl verordnet haben? Wenn ich an die Bilder in
     seinem Schlafzimmer denke.«
    Leo lachte. »Ich fürchte,
     wir kommen nicht umhin, die werten Herrschaften persönlich
     aufzusuchen.«
    In diesem Moment kam Stahnke,
     der rote Walrossschnäuzer, mit einigen zusammengehefteten Blättern
     herein. »Herr Kommissar, hier sind die Ergebnisse der Fingerabdrücke.
     An der mutmaßlichen Mordwaffe fanden wir nur einige Fragmente von
     Abdrücken der Haushälterin, allerdings sehr verwischt. Keine vom
     Opfer oder anderen Personen.«    
    Leo runzelte die Stirn. Diese
     Aussage widersprach seinem instinktiven Gefühl, doch bei Stahnkes nächsten
     Worten hellte sich sein Gesicht wieder auf. »Möglicherweise hat
     der Mörder Handschuhe getragen. Das würde auch die verwischten
     Spuren erklären.«
    Er reichte Leo die
     Unterlagen.
    »Gute Arbeit, Stahnke,
     das werde ich mir merken«, sagte Leo und meinte es auch so. Die
     wissenschaftlich arbeitende Spurensicherung war erst im Aufbau, und fähige
     Leute galten als wahres Geschenk.
    Stahnke grinste erfreut und
     ging hinaus. »Wenn der so weitermacht, geb ich beim nächsten
     Mal ’ne Molle aus«, sagte Leo und machte sich an das Studium
     des Berichts. »Überall die Abdrücke der Haushälterin,
     aber das war ja zu erwarten. Dazu die des Toten und einige, die noch nicht
     identifiziert werden konnten.« Er bohrte nachdenklich einen
     Bleistift in seine Wange, dann sprang er auf. »Warte mal, Robert.«
    Er verließ eilig das Büro
     und kam bald darauf zurück. »Stahnke soll alle Abdrücke
     mit dem Album vergleichen, vielleicht treffen wir ja auf einen Bekannten.«
     Die daktyloskopische Kartei der Berliner Kripo war bereits sehr
     umfangreich, und bei den zahlreichen Razzien, die Glücksspiel- und
     Sittendezernat durchführten, kamen ständig neue Proben zusammen.
    Dann sagte er spontan zu
     Robert: »Hör mal, ich fahre jetzt zu Frau Moll. Ich habe so ein
     Gefühl, dass wir noch etwas aus ihr herausbekommen können, aber
     hier in der Fabrik wäre sie vermutlich eingeschüchtert. Bis später.«   
    Der Hinterhof war trotz des
     strahlenden Wetters dunkel und feucht,

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