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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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wohlbekannte Stimme ertönte. »Das kann doch
     nicht wahr sein. Verbringen Sie etwa das ganze Wochenende im Büro?«,
     fragte Ernst Gennat. »Ich dachte, das tun nur Junggesellen wie ich.«
    »Ich habe mir die
     Kundgebung angesehen und noch ein paar Unterlagen geholt.«   
    Der beleibte Kriminalbeamte
     grinste. »Pech für Sie. Wir können nämlich Verstärkung
     gebrauchen.«
    Leo sah ihn fragend an.
     »Eben wurde ein Frauenmord im Scheunenviertel gemeldet«, erklärte
     Gennat. »In einem Hinterhof an der Linienstraße. Ich wollte
     die Sache eigentlich von Malchow übergeben, bis von Fritzsche wieder
     da ist.«
    »Ich übernehme den
     Fall«, sagte Leo spontan.
    »Sie können die
     Sache ebenso gut von Malchow überlassen, das ist vermutlich irgendein
     schäbiger Prostituiertenmord. Ärger mit dem Luden, ein enttäuschter
     Freier, was auch immer. Sie kennen doch die Gegend.«
    Leo schüttelte den Kopf.
     »Nein, nein, ich übernehme das. Walther soll mit dem Wagen und
     der Ausrüstung nachkommen.« Er ging noch einmal in sein Büro
     und rief zu Hause an. »Seid ihr schon zurück aus dem Zoo?«,
     fragte er und teilte Ilse dann mit, er könne leider doch nicht pünktlich
     zurück sein. »Macht euch noch einen schönen Tag.« Er
     wollte schon auflegen, als er die verhaltene Wut in ihrer Stimme hörte.
     »Tu das nie wieder, Leo.«
    Mit leichtem Unbehagen hängte
     er den Hörer ein.
    Der Weg zur Linienstraße
     war nicht allzu weit. Natürlich hätte er einen Wagen nehmen können,
     zog es aber vor, zu Fuß durch das berüchtigte Viertel zu gehen.
     Die meisten Kriminellen, die sich hier herumtrieben, kannten ihn nicht,
     weil hauptsächlich die Abteilungen Raub und Sitte dort operierten. So
     konnte er unterwegs in Ruhe nachdenken, ohne von ihnen behelligt zu
     werden.
    Plötzlich fielen ihm
     Ilses Worte ein, als er die Wohnung verlassen hatte. »Du hast ja
     Marlen.« Das hatte sie wohl nicht verwunden. Er hatte Marlen vor
     anderthalb Jahren kennen gelernt. Sie hatten sich in einem Nachtlokal
     unterhalten, mehrmals getroffen, miteinander geschlafen. Erst nach einigen
     Wochen hatte er herausgefunden, dass sie von ihren Bekanntschaften mit
     wohlhabenden Männern lebte. Das hatte ihn getroffen, auch wenn sie
     keine Straßenhure war, die mit jedem ins Bett stieg. »Hure
     bleibt Hure«, hatte er ihr ins Gesicht geschrien.
    »Ich habe dir doch
     gefallen. Im Bett habe ich dir gefallen und auch so. Und ich habe nie Geld
     von dir verlangt«, hatte Marlen ganz ruhig geantwortet. Ihre letzten
     Worte gingen im Knall der zuschlagenden Tür unter.
    Doch er war wiedergekommen.
     Selten; bei scheußlichen Fällen, die ihm nachgingen, oder wenn
     es Spannungen mit Ilse gab. Sie schliefen nicht immer miteinander. Aber
     wenn ihm danach war, ging er lieber mit ihr ins Bett als mit irgendeinem Mädchen
     von der Straße.
    Als Marlen ihn einmal zu
     Hause anrief und Ilse an den Apparat ging, war es zur ersten richtigen
     Auseinandersetzung seit Dorotheas Tod gekommen. Ilse war hin- und
     hergerissen zwischen der Angst, jahrelang in einem Leben mit ihm und
     seinen Kindern eingesperrt zu sein, und der Furcht, diese immerhin
     vertraute Gemeinschaft zu verlieren.
    In dieser Gegend war Leo
     immer auf der Hut und griff instinktiv nach hinten, als eine Hand über
     seine Manteltasche strich. Er packte sie am Gelenk und fuhr herum. Der
     Junge reichte ihm bis zur Schulter. Rotes Haar, blasses, hungriges
     Gesicht, zerlumpte Kleidung. Der kleine Dieb wollte fliehen, doch Leos
     Griff war eisern. Mit der anderen Hand zog er seinen Ausweis aus der
     Tasche. »Für einen Taschenkrebs bist du ganz schön dämlich.
     Aber es ist ja noch alles da.« Der Junge schaute ihn misstrauisch
     an. Solche Kinder hatten die Angst vor der Polizei mit der Muttermilch
     eingesogen. Leo schaute zum Straßenschild hinauf. Linienstraße.
    »Du könntest mir
     vielleicht helfen. Hast du letzte Nacht irgendetwas Außergewöhnliches
     gehört?«
    Der kleine Taschendieb sah
     ihn verunsichert an. »Wat denn? Ick weeß nich –«
    »Hier in der Straße
     wurde eine Frau tot aufgefunden.«
    »Damit hab ick nüscht
     zu tun, Herr Kommissar, det is die Erna Klante, die wohnte da drüben
     im Hinterhof in so ’n Kabäuschen. Die ham se allejemacht.
     Erdrosselt, hat der lange Erwin jesacht.«
    »Hast du die Erna
     gekannt?«
    »Na ja, anjefasst hab
     ick se nich. Die war mir viel zu alt«, platzte er heraus. »Aber
     ick hab se manchmal jesehn,

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