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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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wenn se nach Freiern jekiekt hat.«
    »Hatte sie einen Luden?«
    Der Junge zuckte die Achseln.
     »Weeß ick nich.«
    Leo drückte ihm einen
     Groschen in die Hand. »Such dir lieber einen anderen Beruf.«
    Die Menschenansammlung
     verriet ihm, wo der Eingang zum Hinterhof lag. Er zeigte seinen Ausweis,
     worauf die Leute eine Gasse bildeten. Auf dem Hof stand ein kräftiger
     Mann in Hemdsärmeln, eine Hand in die Seite gestemmt. In der anderen
     hielt er eine große Lampe.
    Leo stellte sich vor. Der
     Hauswirt Gustav Seidel hatte die überfällige Miete eintreiben
     wollen und die Mieterin tot vorgefunden. Gesehen hatte er niemanden, aber
     sie brachte auch nur noch selten Freier mit nach Hause. »Da war der
     Lack ab«, knurrte Seidel empört, da er seine Miete vermutlich
     nie mehr bekommen würde.
    »Wie lange wohnte sie
     schon hier?«
    »So an die drei Jahre.
     Weiß gar nicht, wovon die überhaupt gelebt hat.«
    Leo wies ihn an zu warten,
     bis sein Kollege eintreffen und die Aussage aufnehmen würde. Dann
     ging er zu dem kleinen Anbau, der kaum wie eine menschliche Behausung
     aussah. Ein schmutziges Fensterchen, rauchgeschwärzte Mauern. Er
     drehte sich um. »Geben Sie mir bitte mal die Lampe. Brannte noch
     Licht, als Sie kamen?«
    Der Hauswirt schüttelte
     den Kopf. »Nee. Hab mir die Lampe geholt, weil es so finster war.«
    Leo leuchtete in den einzigen
     Raum. Überraschend sauber, nur die notwendigsten Möbel. Ein
     eisernes Bettgestell mit dünner Matratze. Darauf die Frau, die Arme
     seitlich ausgestreckt, den Kopf zur Seite gedreht, ein buntes Stück
     Stoff deutlich sichtbar um den Hals geschlungen. Sie war vollständig
     bekleidet, das Kleid beinahe züchtig heruntergezogen.
    Er sah sich gründlich
     um. Nichts deutete auf einen Kampf oder Raubversuch hin. Leo trat mit der
     Lampe näher an die Frau heran. Ihr Gesicht war blau angelaufen, auf
     Stirn und Wangenknochen waren rote Punkte, Zeichen von Blutungen unter der
     Haut, zu erkennen. Tod durch Erdrosseln, dafür brauchte Leo keinen
     Leichendoktor. Die fehlenden Kampfspuren ließen auf ein starkes
     Überraschungsmoment schließen. Vielleicht war der Mörder
     auch von hinten an die Frau herangetreten, so dass ihre Hände bei der
     Abwehr ins Leere griffen. Aber das würde die Untersuchung zeigen.
    Der Anblick der verlebten
     Frau bedrückte ihn. Vielleicht, weil der Mord so absurd wirkte.
     Vielleicht, weil der Mörder ihr noch den Rock glatt gezogen hatte,
     als sollte sie im Tod nicht entblößt daliegen. Wertgegenstände
     waren hier nicht zu holen, einen überteuerten Preis würde sie für
     ihre Dienste auch nicht verlangt haben. Oder hatte es irgendein Erbstück
     gegeben, eine Kleinigkeit, die sie aus einer besseren Vergangenheit
     aufbewahrt hatte?
    In diesem Moment trat Robert
     Walther durch die Tür.
    »Gut, dass du kommst.
     Ist der Arzt auch unterwegs?«
    Walther nickte. »Ich
     glaube, da draußen möchte jemand mit dir sprechen.«
    Leo ging auf den Hof hinaus.
     In einer Ecke stand ein alter Mann mit silberweißem Haar, das ihm
     bis auf die Schultern reichte. Es umrahmte sein scharf geschnittenes
     Gesicht mit der Nickelbrille, die ihm das Aussehen einer weisen alten Eule
     verlieh. Seine Kleidung war verschlissen, aber nicht schmutzig. Er machte
     einen schüchternen Schritt auf Leo zu, traute sich aber nicht so
     recht weiter. » Policja ?«, fragte er zögernd.
    Leo nickte. »Sprechen
     Sie deutsch?«
    Der Mann schüttelte den
     Kopf. » Proszę . . . bitte . . .«
    Leo sah sich um. Die
     Neugierigen hatten sich um den Hauswirt geschart, als könnten sie
     sich noch nicht vom Ort der Gewalt losreißen.
    »Das ist der alte
     Zylberstein«, sagte eine Frau. »Der Lumpensammler. Redet nur
     Polnisch.«
    Der Mann wollte allem
     Anschein nach eine Aussage machen. Leo legte ihm die Hand auf den Arm und
     sagte in ruhigem Ton: »Wir nehmen Sie gleich mit. Dann können
     Sie mit jemandem sprechen, der Sie versteht.«
    » Nie rozumien . . . nicht verstehe . . .«
    »Robert, haben wir im
     Präsidium jemanden, der Polnisch spricht?«
    Sein Kollege trat in die Tür,
     in der Hand einen Fingerabdruckpinsel. »Stankowiak von der Sitte.«
    Jetzt betrat Dr. Lehnbach den
     Hof. Leo grüßte ihn kurz und deutete auf das Kabäuschen.
     Dann sagte er zu Walther: »Mach weiter. Und behalte Herrn
     Zylberstein im Auge, damit er es sich nicht anders überlegt. Ich hole
     Stankowiak.«
    Robert gab ihm den Schlüssel,
     und Leo eilte auf die

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