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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Straße, wo der Dienstwagen stand. Hoffentlich
     war der Kollege vom Sittendezernat im Dienst.
    Als er in den Hof des Präsidiums
     fuhr, trat Ernst Stankowiak gerade aus der Tür. Leo sprang aus dem
     Wagen. »Herr Kollege, tut mir leid, aber ich brauche Ihre Hilfe.«
    Stankowiak, ein blasser Typ
     mit hellen Haaren, die mit seiner Haut zu verschmelzen schienen, verdrehte
     ein wenig die Augen. »Ich wollte gerade Feierabend machen. Wozu
     brauchen Sie denn die Sitte? Und warum gerade mich?« Der polnische
     Akzent schwang noch in seinem ausgezeichneten Deutsch mit.    
    Leo schilderte ihm kurz die
     Lage, worauf der Kollege bereitwillig in den Wagen stieg. »Scheunenviertel,
     da haben wir oft zu tun. Wer wurde ermordet?«
    »Eine Prostituierte.
     Erna Klante.«
    Stankowiak sah ihn an.
     »Die alte Erna?«
    »Na ja, älter als
     fünfzig dürfte sie nicht gewesen sein.«
    »Auf dem Strich ist das
     ein biblisches Alter. Sie ist nie unangenehm aufgefallen. Kein Alkohol,
     kein Rauschgift, keine Diebstähle bei Freiern. Aber wenn Frauen in
     die Jahre kommen, wird es schwer für sie. Die Konkurrenz ist groß
     und billig.«
    »War sie immer schon in
     der Gegend? Oder wissen Sie, wo sie früher angeschafft hat? Ihr
     Hauswirt sagt, sie habe seit etwa drei Jahren in dem Anbau gewohnt.«
    »Man munkelt, dass sie
     mal in einem teuren Bordell gearbeitet haben soll. Ob man sie wegen ihres
     Alters dort hinausgeworfen hat oder ob sie von selbst gegangen ist, weiß
     keiner so genau. Auf mich machte sie jedenfalls nicht den Eindruck, als hätte
     sie immer auf der Straße angeschafft.«
    Leo steuerte den Wagen durch
     die engen Straßen des Scheunenviertels. Der Fall, den Gennat als
     Routine eingestuft hatte, begann ihn zu fesseln. Vielleicht lag der Grund
     für den Mord auch in Erna Klantes Vergangenheit.
    Er parkte auf der Straße
     vor dem Innenhof und führte Stankowiak durch den Torbogen. Er machte
     ihn mit Herrn Zylberstein bekannt und nahm selbst Notizbuch und Stift zur
     Hand, um das Protokoll anzufertigen. In diesem Moment trat Dr. Lehnbach
     aus dem Kabäuschen und wischte sich die Hände an einem Tuch ab.   
    »Tod durch Erdrosseln.
     Dürfte achtzehn bis zwanzig Stunden her sein. Keine sichtbaren
     Hautreste unter den Fingernägeln, ihr Widerstand war anscheinend
     schnell gebrochen. Wir nehmen die Leiche jetzt mit, ausführlicher
     Bericht folgt.«
    Leo bedankte sich und wandte
     sich wieder dem polnischen Lumpensammler zu, der verschreckt schien durch
     die Anwesenheit der beiden Kripobeamten; er zog schützend die
     Schultern hoch, als wollte er sich verkriechen. Stankowiak legte ihm
     beruhigend die Hand auf den Arm und stellte einige Fragen. Der Mann
     antwortete bereitwillig, als er die vertraute Sprache vernahm.
    »Abraham Zylberstein,
     geboren 1855 in Krakau, von Beruf Lumpensammler, wohnhaft Große
     Hamburger Straße 12, Berlin«, diktierte Stankowiak.
    »Fragen Sie ihn, welche
     Aussage er machen möchte.«
    »Er sagt, er wolle im
     Mordfall Erna Klante aussagen.«
    »Gut. Übersetzen
     Sie bitte jeweils nach zwei bis drei Sätzen, damit ich alles
     aufnehmen kann.«
    Als Leo zu Ende geschrieben
     hatte, las er die Aussage vor: »Ich habe Erna Klante am Abend des
     24. Juni 1922 gegen neun Uhr gesehen. Sie betrat den Innenhof des Hauses
     in der Linienstraße, wo sie einen kleinen Anbau bewohnte. Sie war in
     Begleitung eines gutgekleideten Mannes in jungen bis mittleren Jahren. Das
     habe ich aus seinem Gang geschlossen. Er trug einen braunen Sommermantel,
     gut geschnitten, den Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen. Daher kann ich
     auch nicht sagen, wie er ausgesehen hat. Da ich wusste, dass Frau Klante
     von der Prostitution lebte, habe ich mir nichts dabei gedacht. Erst als
     ich heute die Leute im Hof stehen sah und dann noch die Polizei kam,
     dachte ich mir, dass etwas passiert sein müsse.«
    Leo gab Stankowiak ein
     Zeichen, der Herrn Zylberstein daraufhin die Aussage auf Polnisch vorlas.
     Der Lumpensammler nickte zustimmend.
    »Haben Sie noch Fragen,
     Herr Kollege?«, erkundigte sich Stankowiak.
    Leo schüttelte den Kopf.
     »Im Moment nicht. Wir haben ja die Adresse.« Er ging zu dem
     Kabäuschen und schaute hinein. Robert kniete in einer Ecke und
     leuchtete mit einer Lampe den Boden ab. Plötzlich pfiff er leise
     durch die Zähne. »Was haben wir denn da?« Er zuckte
     zusammen, als Leo ihm von hinten über die Schulter blickte, und
     streckte die Hand nach oben. Ein

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