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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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werden Knöpfe
     eigentlich hergestellt?«
    Herr Lehmann blickte etwas
     erstaunt, lächelte dann aber und sagte mit einer einladenden
     Handbewegung zum Betrieb hin: »Sie können jederzeit
     wiederkommen, dann organisiere ich eine Führung für Sie.«
     Robert nickte und verabschiedete sich.
    Etwas war merkwürdig
     gewesen, nur ein flüchtiger Eindruck, der ihm schon entglitt. Er
     verfolgte ihn auf dem Weg durchs Treppenhaus und ging ihm auch draußen
     auf der Straße nicht aus dem Sinn. Als er den Weg zur nächsten
     Straßenbahnhaltestelle einschlug, fiel sein Blick auf eine blinde
     Bettlerin, die den Passanten eine Blechschüssel hinstreckte. Da
     erinnerte er sich. Herr Edel hatte seltsame Augen gehabt.

 
    9
    Nachdem sie eine Bockwurst
     mit Brot gegessen hatten, zogen Leo und Stankowiak weiter die Linienstraße
     entlang. Außer bei Szylinski hatten sie bislang nichts erreicht. Sie
     waren bei sämtlichen Nachbarn der Toten gewesen, doch angeblich hatte
     niemand Erna Klante näher gekannt. Ganz so unwahrscheinlich war das
     nicht, da sie im Hof gewohnt hatte und vermutlich selten ins Vorderhaus
     gekommen war. Die Leute hatten gewusst, welchem Gewerbe sie nachging, was
     in dieser Gegend kein Grund zu sittlicher Entrüstung war, aber die
     Freier konnte niemand näher beschreiben. »Warn ja ooch nich so
     ville«, hatte eine ältere Frau erklärt.
    Leo wischte sich die Stirn ab
     und zog entschlossen den Mantel aus. »Ganz schön warm. Geben
     Sie mir Ihren auch, ich lege sie in den Wagen.«
    Beim Zurückkommen
     entdeckte er auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein
     Pfandhaus. Stankowiak folgte ihm zu dem erstaunlich geräumigen und
     gepflegten Laden, in dessen Fenstern eine große Auswahl an Schmuck,
     silbernen Zigarettenetuis und anderen wertvollen Dingen angeboten wurde.
     Über der Tür hing ein Schild mit drei goldenen Kugeln, dem
     traditionellen Symbol der Pfandleiher. Das Geschäft schien in dieser
     Gegend zu blühen, und Leo fragte sich, ob irgendetwas in diesem Laden
     ehrlich erworben oder geerbt worden war. Ein Pfandleiher konnte im
     Scheunenviertel als Hehler durchaus auf seine Kosten kommen.
    Sie betraten den Laden, eine
     melodische Glocke kündigte die Besucher an. An den Wänden
     standen Vitrinen mit weiteren Wertstücken. Ein Mann mit streng nach
     hinten gekämmten schwarzen Haaren, die glatt wie Lack wirkten, spähte
     über seine goldgerahmte Brille, die Hände auf die Theke gestützt.
    »Guten Tag, die Herren,
     womit kann ich dienen? Ein Schmuckstück für die werte gnädige
     Frau? Oder soll es für Sie selbst sein? Zigarettenetui? Lederne
     Aktentasche? Schildpattkamm?«
    Seine Stimme klang hoch,
     beinahe schrill, und er rieb sich auf unangenehm raschelnde Weise die Hände,
     als Leo und Stankowiak näher traten. Vertraulich beugte er sich vor.
     »Oder etwas Nettes für die kleine Freundin?«
    Leo räusperte sich.
     »Kriminalpolizei, ich bin Kommissar Wechsler, Morddezernat, das ist
     Kriminalsekretär Stankowiak vom Sittendezernat.«
    Der Mann fiel sichtlich in
     sich zusammen. »Aber, aber, die Herren, und das an einem so schönen
     Tag, was habe ich denn verbrochen? Ich bin einer der wenigen ehrlichen
     Geschäftsleute in dieser Gegend, das müssen Sie doch wissen.
     Albert Krapohl mein Name.«    
    Leo grinste. »Bis jetzt
     weiß ich gar nichts über Sie, aber wenn Sie weiter so reden, fällt
     mir vielleicht ein, was gegen Sie vorliegen könnte. Wir sind im
     Mordfall Erna Klante hier. Haben Sie davon gehört?«
    »Nein. Wer soll das
     gewesen sein?«
    »Eine Prostituierte.
     Sie wurde am vergangenen Samstag in einem Hinterhofverschlag hier in der
     Linienstraße ermordet.«
    »Ich bin erst heute zurückgekommen.
     Ein Trauerfall in der Familie, ich war einige Tage in Magdeburg. Der Name
     ist mir im Übrigen wirklich nicht bekannt.«
    Leo holte die Photographie
     aus der Brieftasche und legte sie auf den Verkaufstresen. Der Pfandleiher
     schob die Brille auf die Nase und betrachtete das Bild der toten
     Prostituierten. Dann kratzte er sich am Kinn. »Augenblick, da fällt
     mir etwas ein. Die Frau habe ich tatsächlich schon mal gesehen. Sie
     hat etwas beliehen, aber das ist schon länger her.«
    Er zog ein schweres, in grünes
     Leder gebundenes Journal unter der Theke hervor und schlug es auf. Dann
     fuhr er mit einem manikürten Finger an den langen Reihen der Namen
     entlang, bis er bei einem Datum im vergangenen November innehielt. »Hier,
    

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