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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Klante. Schon davon gehört?«
    Der Wirt nickte. »Det
     jeht schnell aufm Kiez. Kehle durch, wa?«
    Berns überging die
     Frage. »Haben Sie sie persönlich gekannt?«
    »War nur ab und an mal
     hier. Keen Stammjast. Hat lieber inner Bumse in der Mulackstraße
     verkehrt, ›Rote Hand‹, gloob ick.«
    »Wissen Sie, wie es bei
     ihr mit der Kundschaft stand?«
    »Na, die Erna war ja
     nich mehr taufrisch. Hat kaum noch Freier jefunden. Die hätt fast
     draufzahlen müssen, damit se ihr nehmen.«
    »Wissen Sie, ob Sie bei
     irgendjemandem Schulden hatte? Ob sie getrunken hat? Mit jemandem über
     Kreuz war?«, bohrte Stahnke und verdrehte die Augen, weil sie ihrem
     Gegenüber alles einzeln aus der Nase ziehen mussten.
    Der Wirt bückte sich und
     hob einen schmierigen Lappen vom Boden auf, mit dem er den Tresen
     abwischte, der danach schmutziger aussah als zuvor. »He, Fritze,
     komm mal her«, rief er einem älteren Mann zu, der allein an
     einem Tisch saß und Karten legte. Er stand auf und hinkte auf sie
     zu. Berns fielen sofort die langen weißen Haare auf, die ihm aus der
     Nase wuchsen.
    »Det is der Fritze, der
     hat se jekannt. Die sind wegen die Erna hier. Kripo.«
    Fritze hob die Achseln.
     »Det arme Ding. Ick hab ihr jeholfen, die Wohnung zu finden. Det Kabäuschen,
     mein ick, mehr war det ja nich. Wusste nich, wo se unterkommen sollte.«
    »Wann ist denn das
     gewesen?«    
    »Vor drei Jahren unjefähr.
     Kurz nach ’m Kriech. Hat mir halt leidjetan. Stand vorm Asyl und
     wusst nich wohin. Ick kenn den Justav Seidel und hab ihn jefragt, ob se
     bei ihm unterkommen kann. Da isse dann jeblieben.«
    »Hat Sie Ihnen je erzählt,
     wo sie vorher gewohnt hat?«
    Fritze schüttelte den
     Kopf und linste begehrlich zu den Schnapsflaschen hinter dem Tresen.
     Stahnke legte eine Münze auf die Theke.
    »Det weeß ick
     ooch nich. Hat nur jesacht, sie hätten ihr jekündigt, konnt die
     Miete nich berappen. Det arme Ding«, wiederholte er. »War ja
     ’n Klapperjestell, aber sonst nich übel.«
    »Wissen Sie, ob sie
     schon immer auf den Strich gegangen ist?«
    Fritze tat, als überlegte
     er. Dann hüstelte er gespielt vornehm und meinte hinter vorgehaltener
     Hand: »Na ja, et gab immer mal wieder Jerede von wegen, sie wär
     mal in ’nem feinen Haus jewesen, ’nem elejanten Bordell.
     Richtich ordinär war se jedenfalls nich. Wenn ick mir begucke, wat
     hier so rumläuft. Lauter Schlunzen, sach ick Ihnen.«
    »Und wo könnte
     dieses Bordell gewesen sein? Hier in Berlin? Und warum hat sie dort aufgehört?«
    Fritze kippte den Schnaps,
     den ihm der Wirt hingestellt hatte, und zuckte die Achseln. »Det weeß
     ick ooch nich. Jehn se doch mal in die ›Rote Hand‹ von der
     Wilma Denecke, det is ’ne Kneipe in der Mulackstraße. Da isse
     ooch schon mal hinjejangen. Weiberkram bereden und so.«   
    Stahnke und Berns bedankten
     sich und verließen den »Katakombenkeller«.
    »Irgendwie hab ich das
     Gefühl, ich müsste mich waschen«, meinte Berns und wischte
     sich die Hände an der Hose ab.
    »Scheißgegend«,
     stimmte Stahnke ihm zu.
    Das rote Backsteingebäude,
     das mit seinen verspielten Türmchen ans Präsidium erinnerte,
     verströmte innen Wärme und Eleganz. Nur das dezente Schild neben
     der Tür ließ erahnen, dass hier Knöpfe hergestellt und
     vertrieben wurden. Das Treppenhaus war in honigbraunem Holz gehalten, die
     Stufen mit einem weinroten Teppich ausgelegt. Der Pförtner wies ihm
     den Weg in den ersten Stock, wo Herr Lehmann, der Verkaufsdirektor,
     residierte.
    Der obere Flur war von
     Vitrinen gesäumt, in denen die Kollektionen früherer Jahre
     ausgestellt waren. Dazwischen hingen Porträts eleganter Damen und
     Herren der Gesellschaft, die wohl zu den Kunden von Knöpfe Edel gehörten,
     und Modezeichnungen in schlichten Rahmen. Es roch nach Bohnerwachs und
     Leder, und Robert genierte sich ein wenig, als er das Quietschen seiner
     Schuhe in der fast feierlichen Stille vernahm. Er blieb vor einer Tür
     auf der rechten Seite stehen und klopfte. Eine Frauenstimme bat ihn
     herein.
    Die Vorzimmerdame saß
     hinter einem mächtigen Schreibtisch und schaute ihn freundlich an.
     »Guten Tag, ich bin Fräulein Merkert, die Sekretärin von
     Herrn Lehmann. Was kann ich für Sie tun?« Trotz der strengen
     Brille sah sie ziemlich jung und ansprechend aus. Robert zeigte seinen
     Ausweis vor, doch sie schaute kaum hin und ließ sich keine Überraschung
     angesichts dieses

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