Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
überschlug
     das Hin und Her im Reichstag, das Gezerre zwischen den zahlreichen
     Fraktionen, und blätterte weiter. Sein Blick fiel auf einen Artikel
     im Gesellschaftsteil. MORD AN HEILER NOCH IMMER NICHT AUFGEKLÄRT.
     POLIZEI TAPPT NACH WIE VOR IM DUNKELN. Leo überflog den Bericht und
     faltete die Zeitung zusammen. Über dem Mord an Erna Klante hatte er
     den Fall Sartorius beinahe vergessen und wurde nun unangenehm an diesen
     nassen Fisch erinnert. Er beschloss, die Akten in den nächsten Tagen
     noch einmal gründlich durchzuarbeiten. Manchmal entdeckte er mit
     zeitlichem Abstand Dinge, die ihm vorher entgangen waren.    
    Der Bus hielt abrupt an,
     wobei ihm eine ältere Frau beinahe auf den Schoß fiel. Sie sah
     ihn wütend an, als hätte er sie unsittlich berührt. Leo
     stand auf und stieg an der nächsten Haltestelle aus, die nicht mehr
     weit von seiner Wohnung entfernt war.
    Der Zeitungsartikel ging ihm
     nicht aus dem Kopf. Im Grunde hatte er nichts dagegen, wenn sein Name in
     der Zeitung erschien, bei spektakulären Mordfällen war das
     üblich, doch diesmal hätte er gern darauf verzichtet. Vor allem
     auf den süffisanten Nachsatz, dass er den Fall Klante hoffentlich
     erfolgreicher lösen möge.
    Er sah auf die Uhr. Es war
     noch nicht so spät. Er würde sein Glück versuchen. Spontan
     überquerte er die Straße und stieg in die nächste Bahn.
    Leo stand erneut vor der Tür
     der Galerie Reichwein. Es brannte noch Licht. Er hätte Elisa
     Reichwein ebenso gut anrufen können, aber die Vorstellung, noch
     einmal den schönen Raum mit den faszinierenden Bildern zu betreten,
     hatte ihm keine Ruhe gelassen.
    Ein junger Mann mit dunklem
     Haar und gelacktem Bärtchen öffnete die Tür. Ein wenig enttäuscht
     stellte Leo sich vor und erkundigte sich nach Frau Reichwein.   
    »Mein Name ist Melotti,
     ich bin ihr Assistent«, sagte er mit leichtem italienischem Akzent.
     »Kommen Sie bitte mit, Herr Kommissar.«
    Elisa Reichwein telefonierte
     gerade in einer Ecke des großen gelben Raums, blickte aber lächelnd
     auf, als sie die Schritte der beiden Männer hörte. »Ich
     rufe nachher noch einmal an. Adieu, Liebes«, sagte sie und hängte
     den Hörer auf die Gabel. Heute trug sie ein fließendes rotes
     Gewand mit goldenen Ornamenten, in dem sie wie eine Geisha aussah. Auch
     ihre Frisur und die porzellanweiße Haut unterstrichen den
     japanischen Eindruck.
    »Haben Sie etwa geerbt,
     Herr Kommissar?«, fragte sie mit einem Blick auf die Bilder.
    »Leider nicht. Aber ich
     wollte die Gelegenheit nutzen und sie mir noch einmal ansehen«,
     meinte Leo. »Kommen Sie doch mit.« Langsam schlenderten sie
     von Bild zu Bild. Elisa Reichwein spürte genau, welche Werke ihrem
     Gast besonders gefielen, blieb davor stehen und gab eine kurze Erläuterung.
    »Das ist anonym«,
     sagte sie, als Leo vor einem kleinen quadratischen Gemälde stehen
     blieb, das eine junge Frau auf einer Bettkante zeigte. Sie saß ganz
     still da, nicht sinnlich, sondern verloren und in sich gekehrt. Irgendwie
     rührte sie Leo an.
    »Es passt nicht zu den
     anderen, aber es hat mir gefallen. Der Mann, der es mir gebracht hat,
     sagte, er habe es auf einem Dachboden gefunden. Ich habe ihm nicht so
     recht geglaubt. Vielleicht hatte er es selbst gemalt. Jedenfalls brauchte
     er dringend Geld, also habe ich es ihm abgekauft.«
    »Das war großzügig
     von Ihnen«, meinte Leo. »Sie können sicher nicht sehr
     viel dafür verlangen, wenn es nicht signiert ist.«
    »Stimmt, ich habe es
     aus einer Laune heraus gekauft. Aber«, sie sah ihn prüfend von
     der Seite an, »es kommt auch darauf an, wie viel es einem wert ist.«
    Leo hatte den Wink
     verstanden. »Ich denke drüber nach. Eigentlich bin ich aber
     wegen einer anderen Sache hier. Mir ist noch eine Frage zum Fall Sartorius
     eingefallen, und es kam mir vor, als hätten Sie ihn ziemlich gut
     gekannt. Jedenfalls waren Ihre Aussagen besonders hilfreich.«
    »Sie haben den Mörder
     noch nicht gefunden?«
    »Nein. Vor allem
     deshalb nicht, weil uns das Motiv fehlt. Daher meine Frage: Wissen Sie, ob
     Sartorius zu Prostituierten ging?«
    Elisa Reichwein sah ihn
     überrascht an. »Das glaube ich kaum. Ich meine, er hatte es
     eigentlich nicht nötig. Die Frauen fanden ihn reizvoll, sie liefen
     ihm geradezu nach. Er brauchte nur zuzugreifen.«
    »Und wenn er nun
     gewisse, hm, Praktiken bevorzugte, die Frauen gewöhnlich nicht schätzen?«,
     fragte Leo

Weitere Kostenlose Bücher