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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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wir Sie noch einmal befragen müssen.
     Eine letzte Frage: Haben Sie Erna Klante in den vergangenen elf Jahren
     noch einmal gesehen?«
    Dießing schüttelte
     den Kopf. »Ich habe dann und wann an sie gedacht, das ist alles.«
     Er schluckte. »Wie hat sie gelebt?«
    »Am äußersten
     Rand der Gesellschaft, wie es bei alternden Prostituierten häufig der
     Fall ist.«
    »Aus welchem Grund
     sollte sich jemand an einer solchen Frau vergreifen?«
    »Wenn wir das wüssten,
     wären wir vermutlich nicht hier, Herr Dießing. Aber ich danke
     Ihnen für Ihre Mithilfe und werde Ihre Aussage so diskret wie möglich
     behandeln.« Leo stand auf, Robert folgte seinem Beispiel. Sie
     verabschiedeten        
    sich von Herrn Dießing.
     Im Hinausgehen sahen sie eine grauhaarige Frau, die den Kopf aus dem Salon
     steckte und ihrem Mann einen fragenden Blick zuwarf.
    »Kurt, wer waren die
     Herren?«
    »Ich habe es eilig,
     Liebes, ich erzähle dir heute Abend davon.« Er trat an die
     Garderobe, um seinen Mantel zu holen.
    »Ich merke doch, dass
     etwas nicht stimmt. Du siehst ganz erhitzt aus. Willst du dich nicht
     ausruhen?«
    »Das geht nicht. Gleich
     findet eine wichtige Abstimmung im Reichstag statt, bei der es auf jede
     Stimme ankommt. Wir essen heute Abend zu Hause, dann können wir uns
     in Ruhe unterhalten.«
    Er knöpfte den Mantel zu
     und legte einen seidenen Schal um. »Alfred wartet sicher mit dem
     Wagen. Bis später.« Er wandte sich zum Gehen.
    Kurz vor der Haustür
     machte er einen unsicheren Schritt, griff sich an die Brust. Bevor seine
     Frau hinzueilen konnte, war er zu Boden gesackt.

 
    13
    Unruhig schritt er im
     Wohnzimmer auf und ab. Fasste sich an den rechten Arm. Die Taubheit war
     noch immer nicht gewichen. Dann und wann bildete er sich ein, eine
     Besserung zu spüren, wenn er von irgendetwas abgelenkt wurde. War er
     allein, spürte er wieder das Kribbeln, das Gefühl, als gehöre
     der Arm einem anderen. Heute Abend würde er Viola auf einer Soirée
     in Dahlem sehen. Unwillig schüttelte er den Arm, als könnte er
     sich auf diese Weise von dem seltsamen Fremdheitsgefühl befreien.
    Er zündete sich eine
     duftende Havanna an und trat ans Fenster. Das schöne Juniwetter war
     einem feuchten Juli gewichen. Vielleicht vertrug er die ungewöhnliche
     Feuchtigkeit nicht, vielleicht litt er unter einem Anfall von
     Rheumatismus. War da nicht ein Ziehen im Rücken? Von seiner Mutter
     hatte er einen leichten Hang zur Hypochondrie geerbt, mit dem er
     gelegentlich sogar kokettierte.
    Und dann war sie da,
     unvermittelt und heftig traf ihn die Erkenntnis. Jetzt wusste er, woher er
     den Mann kannte, den er vor dem Präsidium gesehen hatte. Und auch
     seinen Vornamen.
    Das Haus war unauffällig,
     ein schmales, dreistöckiges Gebäude, das sich nahtlos in die Häuserzeile
     fügte. Es gab kein Schild, das verraten hätte, was hinter der
     schlichten Holztür mit dem kleinen Buntglasfenster vorging. Leo
     klingelte.
    »Vielleicht ist es für
     die Damen noch zu früh«, meinte Walther und sah auf die Uhr.
    »Die kommen schon.«
     Und in ebendiesem Moment wurde von innen ein Schlüssel gedreht, und
     eine ältere Dame öffnete ihnen die Tür. Nur die allzu kräftige
     Schminke, auf die Frauen ihres Alters gewöhnlich verzichteten, wies
     auf ihr Gewerbe hin. Kleidung und Frisur waren schlicht und dezent.
     »Wir öffnen erst um fünf.« Sie wollte die Tür
     wieder schließen, doch Leo schob den Fuß dazwischen und zeigte
     seinen Ausweis vor.
    »Frau Elvira Blank?
     Kommissar Leo Wechsler, das ist Kriminalsekretär Walther. Wir möchten
     Ihnen einige Fragen stellen.«
    Sie war erfahren genug, um
     sich nicht mit der Kriminalpolizei anzulegen, und trat beiseite, um die Männer
     hereinzulassen. Der geräumige Flur wirkte plüschiger als die
     unscheinbare Fassade, der rote Teppich und die vergoldeten Spiegel etwas
     üppiger als in einem gewöhnlichen Bürgerhaus. Das Büro,
     in das sie Leo und Robert führte, war hingegen nüchtern
     eingerichtet.
    »Nehmen Sie bitte
     Platz.« Elvira Blank setzte sich und zündete sich eine
     Zigarette an, ohne auf Feuer zu warten. Sie stieß eine Rauchwolke
     aus und sah die Männer fragend an. »Was führt Sie her? In
     meinem Haus gibt es keine Skandale.«
    »Wir kommen in einer
     Angelegenheit, die bereits länger zurückliegt. Es geht um eine
     Angestellte, die vor Jahren für Sie gearbeitet hat. Frau Erna Klante.«
    Elvira Blank sah Leo überrascht
    

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