Leo Berlin
und
doch nichts Handfestes mit nach Hause nehmen sollten. »Frau Blank, können
Sie sich an irgendetwas Ungewöhnliches im Zusammenhang mit Erna
Klante erinnern? Streit, Eifersüchteleien unter Frauen, Intrigen, was
auch immer?«
»Irgendetwas, das aus
dem normalen Ablauf herausstach und das Sie nicht vergessen haben?«,
fügte Leo hinzu.
Sie überlegte, schüttelte
den Kopf, zündete sich die nächste Zigarette an. Leo hob leicht
die Brauen. Dann: »Ja, da war mal etwas. Aber es hat sicher nichts
zu bedeuten, es war nur Kinderkram.«
»Es interessiert uns
dennoch.«
»Na ja, es muss so um
die Zeit gewesen sein, kurz bevor Erna bei mir aufhörte. Da kamen ein
paar junge Leute vorbei, sicher aus gutem Haus, aber furchtbar albern und
leichtsinnig. Sie hatten einen Freund im Schlepptau, einen schüchternen
Kerl, der anscheinend noch Jungfrau war. Den haben sie zur Erna geschickt
und im Voraus bezahlt. Das war vielleicht ein Johlen und Krakeelen, die
hatten schon eine Menge intus. Er wollte nicht so recht rein ins Zimmer,
hat sich mit Händen und Füßen gewehrt. Jedenfalls haben
sie ihn irgendwie reinbugsiert. Und die Erna hat ihn in die Liebe
eingeweiht. Er ist ganz schön lange geblieben, hat das Geld weidlich
ausgenutzt. Die Ruhigen sind meist die Schlimmsten, haben’s
faustdick hinter den Ohren.«
»Ist ein solcher
Vorfall in Ihrem Haus denn so ungewöhnlich?«, hakte Leo nach.
»Eigentlich nicht.
Solche Geschichten kommen bei übermütigen jungen Leuten öfter
vor. Ich hab auch nur daran gedacht, weil ein Stammkunde dabei war.«
Leo und Robert sahen sich an.
»Ein Stammkunde?«
»Ja, der Herr von
Malchow. Er kam früher oft her. Mittlerweile ist er sich wohl zu gut
für mein Haus. Sie würden sich übrigens wundern, wer hier
so alles verkehrt.«
»Etwa Herbert von
Malchow?«
»Genau, so hieß
er.«
»Sie wollen sagen, er
war einer der Männer, die den Burschen zu Erna Klante geschleppt
haben?«
»Ja. Ist doch kein
Verbrechen, oder?«
»Erinnern Sie sich an
den jungen Mann?«, fragte Leo drängend.
»Nicht daran, wie er
ausgesehen hat. Er wirkte schüchtern, ein wenig unscheinbar.«
»Und Sie meinen, es könnte
zu der Zeit gewesen sein, in der Erna Klante schon krank war?«
»Möglich. Es war
einige Jahre vor dem Krieg, so viel steht fest. Näheres kann ich
Ihnen wirklich nicht sagen.«
»Haben andere Damen
etwas davon mitbekommen? Könnten sie sich vielleicht an das Aussehen
oder die Namen der Männer erinnern?«
Elvira Blank lachte. »Meine
Mädchen wechseln alle paar Jahre. Überlegen Sie mal, zehn oder
elf Jahre sind eine lange Zeit, gerade in unserem Gewerbe. Nur die Hertha
ist noch von früher da. Soll ich sie rufen?«
»Bitte.«
Sie verließ kurz das Büro,
und Leo sah Robert an. »Sag jetzt nichts. Ich kann es auch nicht
glauben.«
Die Tür ging auf, und
eine üppige Frau mit rotem Bubikopf und fahlweißer Haut betrat
das Zimmer. Sie blieb wartend stehen, bis Frau Blank die Männer
vorstellte. »Das ist Hertha Weiß, meine rechte Hand. Sie war
damals schon im Haus.«
Leo erkundigte sich nach dem
Zwischenfall, doch Hertha konnte sich an nichts erinnern.
»Tut mir leid, davon
weiß ich nichts. Und die Erna ist tot? Das arme Ding.«
»Sie haben also nichts
davon mitbekommen? Niemand hat später davon gesprochen?«
»Nee. Und wissen Sie
auch, warum? Weil es nicht ungewöhnlich war. Als Mutprobe ins
Bordell, das machen viele junge Kerle. Darüber redet man gar nicht
weiter.«
»Aber Frau Blank hat
sich daran erinnert.«
»Nur weil Sie mich so
nach Erna und der Zeit damals gefragt haben und weil der eine ein guter
Kunde war«, warf die Bordellbesitzerin ein.
Leo und Robert standen auf.
»Falls Ihnen noch etwas einfallen sollte, rufen Sie mich bitte im Präsidium
an. Hier ist meine Nummer.« Er schrieb sie auf. »Und noch
etwas. Ich brauche den Namen der Freundin, zu der Sie Erna geschickt
haben.« Er notierte sich die Angaben und verließ mit Robert
das Haus.
Im Wagen sah Robert Leo von
der Seite an. »Was wirst du wegen von Malchow unternehmen?«
Leo zuckte mit den Schultern.
»Mir fällt schon etwas ein.«
Robert fragte sich, ob sein
Freund wirklich so gelassen war, wie er sich gab.
»Wie sieht es aus, von
Malchow?«
Die gesamte Kommission saß
in Leos Büro und tauschte die Ergebnisse der Ermittlungen aus. Nur
dass Herbert von
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