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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Georg. Wer ist Fritz Salomon?«
    »Der Sohn vom
     Gemischtwarenhändler aus der Beusselstraße. Ein ganz ruhiger
     Kerl, tut keiner Fliege was zuleide. Er hat nur dagesessen und in die Luft
     geschaut, und da hat der Scheller ihn gefragt, was er gerade gesagt hat.
     Und der Fritz konnte es Wort für Wort wiederholen. Da ist der
     Scheller natürlich sauer geworden und hat was gemurmelt von wegen jüdischer
     List und man könnte denen nicht über den Weg trauen und so. Der
     Fritz hat nur ruhig gefragt: ›Wäre es Ihnen lieber, wenn ich
     nicht zugehört hätte?‹ Da ist der Scheller an die Decke
     gegangen. Mann, war der wütend. Hat angefangen von wegen, die Juden
     sind an allem schuld, hocken auf ihrem Gold, wollen das Land kaputtmachen,
     ich hab das gar nicht richtig kapiert. Irgendwann wurde es mir einfach zu
     dumm und ich hab leise vor mich hin gesagt: ›Müssen das aber
     reiche Gemischtwarenhändler sein.‹ Und schon hat er mir eine
     runtergehauen.«
    Leo legte ihm die Hand auf
     den Arm. »Nicht gerade klug, aber Recht hattest du schon. Was
     Scheller sagt, ist falsch und dumm. Aber du musst aufpassen, was du tust,
     sonst wirst du es noch schwerer bei ihm haben.«       
    »Hab ich auch so.«
    »Trotzdem, das mit der
     Ohrfeige kann ich nicht dulden. Ich gehe gleich mit zur Schule und rede
     mit ihm.«
    Georg sah ihn ein wenig
     zweifelnd an. »Und wenn es dadurch noch schlimmer wird?«
    »Das wird es
     hoffentlich nicht.« Er war sich allerdings ganz und gar nicht
     sicher.
    Das Gespräch verlief
     kurz und unerfreulich. Ludwig Scheller sah ihn von oben herab an, soweit
     das möglich war, da Leo ihn weit überragte. Er kehrte gern den
     Akademiker heraus, indem er lateinische Zitate in seine Rede einstreute,
     wenngleich er genau wusste, dass sein Gegenüber sie nicht verstand.
    » Quae nocent, docent , Herr Wechsler. Ich dulde keine
     frechen Bemerkungen in meinem Unterricht, schon gar nicht, wenn sie als
     Kritik an meinen Äußerungen zu verstehen sind. Wer sich nicht
     an diese Maxime hält, bekommt es zu spüren.«
    »Und ich wünsche
     nicht, dass mein Sohn aussieht, als hätte er sich auf der Straße
     geprügelt, wenn er aus Ihrem Unterricht kommt, Herr Scheller. Ich weiß,
     dass Sie ihm keine Sympathie entgegenbringen, aber ich verlange eine
     gerechte Behandlung. Von Ihren Äußerungen über den Schüler
     Salomon ganz zu schweigen.«
    »Aha, der Herr Sohn erzählt
     zu Hause also gern, was im Unterricht vorgeht. Hoffentlich weiß er
     auch über den Lehrstoff so genau Bescheid.«
    Leo wusste, dass man ihn
     dringend im Präsidium erwartete, und kürzte das Gespräch
     daher ab. »Nur eins: Wenn ich noch einmal höre, dass Sie Ihre
     Schüler derart schikanieren, wende ich mich an Ihren Rektor.«
     Der wiederum ein alter Freund von Ernst Gennat war. Was Scheller auch
     wusste.
    Ellen und Viola Cramer
     standen vor dem ehrfurchtgebietenden Gebäude und schauten an der
     roten Fassade hinauf.
    »Meinst du wirklich,
     wir sollen da reingehen, Mama?«, fragte Viola etwas unschlüssig.
     Ihr war nicht ganz wohl bei der Sache. Andererseits war sie ins Grübeln
     gekommen, als ihre Mutter berichtete, dass sie Max Edel kurz vor dem Mord
     in der Nähe von Sartorius’ Wohnung gesehen hatte.
    »Ja, es lässt mir
     sonst keine Ruhe. Bringen wir es hinter uns.«
    Sie betraten die
     Eingangshalle und erkundigten sich beim Pförtner nach der
     Mordkommission, die den Fall Gabriel Sartorius bearbeitete. Der Mann
     meldete sie an und schickte sie durch eine Glastür ins Morddezernat,
     wo sie zögernd einen hohen, kahlen Flur entlanggingen, bis eine Tür
     geöffnet wurde und ein gepflegter Herr den Kopf herausstreckte.
     »Frau Cramer und Fräulein Cramer?«, fragte er und ließ
     sie eintreten. »Mein Name ist Herbert von Malchow,
     Kriminalbezirkssekretär. Ich bin mit diesem Fall betraut. Nehmen Sie
     bitte Platz.«
    Er führte sie ins
     Vorzimmer. Wechsler war zwar nicht da, aber es schien doch zu riskant, sie
     einfach in dessen eigenem Büro zu befragen.
    Ellen Cramer war beeindruckt
     von dem freundlichen Empfang, sie hatte sich das Präsidium sehr viel
     abweisender vorgestellt. »Ist Kommissar Wechsler nicht da? Ich
     glaube, so hieß der Beamte, der mich vor einer Weile aufgesucht hat.«
    »Bedauere, der
     Kommissar ist noch nicht im Hause. Sie können aber mit mir über
     alles sprechen, ich werde es umgehend an ihn weiterleiten, Frau Cramer.«
     Er nahm einen Notizblock und einen

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