Leo Berlin
warnend.
»Ich tue mein Bestes,
Herr Oberkommissar.«
»Solche Sachen können
der Karriere sehr schaden«, fügte Gennat hinzu. »Vor
allem, wenn gewisse Leute gute Beziehungen nach oben haben. Sie wissen ja,
das Präsidium ist eine Welt für sich. Es kommt nicht nur auf die
Fähigkeiten an, sondern auch darauf, wen man kennt.«
Leo nickte. »Dessen bin
ich mir durchaus bewusst. Aber Sie verstehen, dass ich mich in einer
schwierigen Lage befinde. Falls ich Vermutungen äußere, wo sich
die undichte Stelle befinden könnte, wird mir das womöglich mehr
schaden, als wenn ich einfach den Mund halte und alles auf meine Kappe
nehme.«
»Natürlich. Ich
wollte Ihnen nur sagen, dass Sie auf mich zählen können, soweit
es in meiner Macht steht zu helfen. Das Wort vom Adelsklub ist mir nicht
fremd. Bringen Sie Ihre laufenden Fälle anständig zu Ende, das
ist das Beste, was Sie für Ihren Ruf tun können. Danach wird ja
wieder eine neue Kommission gebildet, bei der Sie hoffentlich mehr Glück
mit der Zuteilung Ihrer Assistenten haben, Wechsler.« Er stand auf
und drückte Leo energisch die Hand.
»Danke, Herr
Oberkommissar, Ihre Unterstützung bedeutet mir viel.«
Der ältere Kommissar
winkte ab. »Schon gut, und jetzt Augen zu und durch.«
Komisch, Ernst Gennat gegenüber
kam er sich immer wie ein Junge vor, obwohl dieser gar nicht so viel
älter war als er selbst. Vielleicht lag es an seinem Status als
eingefleischter Junggeselle, dessen Herz nur für Kriminalistik und
Kuchen schlug, und der väterlichen Art, mit der er Verhafteten,
Zeugen und jüngeren Kollegen begegnete.
Draußen prallte Leo
beinahe mit Herbert von Malchow zusammen.
»Schön, dass ich
Sie auch einmal im Büro antreffe«, sagte Leo knapp. »Kommen
Sie, wir fahren in die Nussbaumallee und durchsuchen noch einmal die
Wohnung von Sartorius. Es gibt neues Beweismaterial.«
Von Malchow hob die Hand, um
ihn zu unterbrechen. »Bedaure, Herr Kommissar, aber ich muss zunächst
noch etwas für den Oberregierungsrat erledigen.«
»Verdammt, von Malchow,
Sie gehören zu meiner Kommission, es ist mitten in der Dienstzeit,
und ich habe nicht vor, Sie für irgendwelche anderen Erledigungen
abzustellen«, fuhr Leo ihn an. »Ihre Eigenmächtigkeit
steht mir bis hier.« Es störte ihn nicht, dass der eine oder
andere Vorübergehende ihnen einen neugierigen Blick zuwarf.
»Tut mir leid, aber die
Sache ist wichtig.« Von Malchow deutete auf eine Aktenmappe, die er
unter dem Arm trug.
Leo biss die Zähne
zusammen. Er konnte natürlich darauf bestehen, dass von Malchow
sofort mit ihm kam, riskierte damit jedoch einen erneuten Zusammenstoß
mit Konrad von Gatow. Er dachte an Gennats warnende Worte und knurrte:
»Na schön. Erledigen Sie, was Sie zu erledigen haben, und dann
kommen Sie mir umgehend in die Wohnung nach. Notfalls zu Fuß.«
Mit diesen Worten ließ
er von Malchow stehen.
Er war beinahe eingedöst,
so lang wurde ihm das Warten, doch als er die beiden Männer auf dem
Parkplatz stehen sah, setzte er sich abrupt auf. Sie sprachen miteinander,
Wechsler wirkte aufgebracht, der andere blieb gelassen. Jetzt ging
Wechsler davon. In diesem Moment klopfte es an die Scheibe. Er kurbelte
das Fenster herunter und sah zu dem Schutzmann hoch, der missbilligend auf
den eleganten Wagen herabsah. »Sie dürfen hier nicht parken,
guter Mann.«
Er lächelte
zuvorkommend. »Ich wollte ohnehin gerade weiterfahren.«
»Schönen Wagen
haben Sie da«, sagte der Schutzmann noch und ging weiter.
Er sah zum Präsidium
hinüber. Die beiden Männer waren verschwunden. Doch jetzt rollte
ein Dienstwagen vom Parkplatz auf die Straße. Das war er! Er setzte
sich mit dem Delage unauffällig dahinter, wobei er stets darauf
achtete, dass mindestens ein anderes Automobil zwischen ihnen blieb.
Immerhin war das ein Polizist. Andererseits war es ihm so lange gelungen,
die Polizei zu täuschen. Er war klug. Sie durften ihn nicht unterschätzen.
Das wäre sehr töricht. Auch die Cramers hatten ihn unterschätzt,
aber –
Seine Gedanken flogen.
Wohin mochte der Mann, den er von früher kannte, wohl fahren? Die
Fahrt führte stetig nach Westen, Unter den Linden entlang, durch den
Tiergarten, über den Kaiserdamm bis nach Charlottenburg. Seine Hände
am Lenkrad schwitzten. Er wischte sie an der Hose ab. Die Gegend kannte
er. Der Polizist bog nach rechts in die
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