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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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veranlasst haben. Wir haben den begründeten Verdacht, dass Ihr
     verstorbener Mann erpresst wurde.«
    Bei diesen Worten fuhr sie
     hoch, wollte es schon abstreiten, doch ihr Gesichtsausdruck verriet, dass
     er ins Schwarze getroffen hatte.
    »Sie haben bei der
     Untersuchung damals nichts dergleichen erwähnt, aber wir ermitteln im
     Mordfall Gabriel Sartorius und haben Hinweise darauf, dass er seine
     Patienten mit ihren persönlichen Neigungen und Schwächen
     erpresste. Mit den Problemen, die sie überhaupt erst zu ihm geführt
     haben.« Er sah Frau von Dreesen prüfend an. »Habe ich
     Recht?«
    Sie nickte. »Ich . . .
     ich habe es nicht erwähnt, weil es Viktor auch nicht wieder lebendig
     gemacht hätte. Außerdem –«, sie biss sich auf die
     Lippen, »war es mir unangenehm. Ich wollte nicht, dass die Leute es
     erfahren und mich und die Kinder ansehen, als ob . . . Da er sich das
     Leben genommen hat, damit diese Dinge nicht ans Licht kommen, wollte ich
     seinen Wunsch respektieren.«
    »Das kann ich
     verstehen, aber Ihre Aussage kann dazu beitragen, einen Mord aufzuklären.
     Wir werden diskret vorgehen.«
    Unschlüssig blickte sie
     auf ihre Hände. »Ich besitze den Brief nicht mehr, Herr
     Walther. Ich habe ihn verbrannt.«
    »Es reicht, wenn Sie
     mir sagen, was sinngemäß dringestanden hat. Und wie Sie an den
     Brief gekommen sind.«
    Sie trank einen Schluck
     Wasser und holte tief Luft. »Gut, ich werde Ihnen alles erzählen.
     Unsere Ehe war glücklich, das habe ich jedenfalls geglaubt. Wir haben
     zwei wunderbare Kinder, das Geschäft lief gut, es gab keine
     finanziellen Sorgen. Eines Abends saßen wir beim Essen, als ein
     Brief abgegeben wurde. Von irgendeinem Kind, wie mir das Mädchen später
     sagte. Viktor öffnete und las ihn. Dann wurde er ganz still. Aß
     nicht weiter, steckte den Brief ein und verließ bald darauf das
     Haus. Angeblich wollte er noch einmal ins Geschäft fahren, ist aber
     nie dort angekommen. Zwei Tage später fand man seine Leiche im
     Landwehrkanal. Da es keine Spuren äußerer Gewalt gab, lautete
     das Urteil auf Selbsttötung. Was ich auch nie bestritten habe. Aber
     in Wahrheit hat ihn derjenige getötet, der ihm diesen Brief geschickt
     hat.« Sie trank noch einen Schluck. »Als ich mich wieder
     gefasst hatte, erkundigte ich mich bei der Polizei, ob man bei Viktors
     Sachen einen Brief gefunden habe. Dem war nicht so. Also suchte ich in
     seinem Arbeitszimmer und fand den Brief in einer Schreibtischschublade.
     Ich weiß nicht, weshalb er ihn nicht vernichtet hat. Vielleicht
     wollte er ja, dass ich ihn finde, damit ich seine Tat verstehe. Oder ob er
     einfach die Nerven verloren hat?« Sie unterdrückte ein
     Schluchzen und wischte sich wieder über die Augen.
    »Was stand in dem Brief
     und wie sah er aus?«
    »Er war auf einfachem
     weißem Papier mit der Maschine geschrieben und lautete in etwa
     – ich weiß nicht, ob ich noch alles richtig zusammenbekomme:
     Weiß Ihre Frau, was Sie abends treiben, wenn Sie sich – wie
     war das noch – ach ja, wenn Sie angeblich ins Dampfbad gehen?«
     Sie senkte den Kopf und schluckte. »An die nächsten Sätze
     erinnere ich mich genau: Hat sie je die Striemen auf Ihren Schenkeln
     gesehen? Oder nähern Sie sich ihr nur im Dunkeln?« Einen Moment
     lang konnte sie nicht weitersprechen. »Und dass seine Geschäftsfreunde
     sicher auch nicht wüssten, wie sehr es ihn errege, gewürgt zu
     werden. Und dass es ihm etwas wert sein müsse, dass es niemand erfährt.
     Seine Frau natürlich auch nicht. Und dass der Schreiber sich wieder
     melden und ein Angebot erwarten würde.« Rote Flecken krochen an
     ihrem Hals empor.
    »Das erklärt natürlich
     einiges«, meinte Berns. »Haben Sie nie etwas geahnt von
     seinen, hm, Vorlieben?«
    Sie schüttelte heftig
     den Kopf. »Nein.« Die Beamten merkten, wie schwer es ihr fiel,
     derart intime Dinge auszusprechen, aber sie zwang sich dazu. »Ich
     war sehr unerfahren, als ich Viktor heiratete. Ich hatte keinen Vergleich,
     wusste nicht, ob er besonders leidenschaftlich war oder nicht. Aber ich
     war immer glücklich mit ihm.«
    Robert schaute zu Boden, als
     wollte er sich auf etwas Unangenehmes vorbereiten. »Wir danken Ihnen
     sehr, Frau von Dreesen. Leider muss ich Ihnen noch eine Frage stellen, die
     Sie womöglich kränken wird. Wir suchen den Mörder von
     Gabriel Sartorius, dem mutmaßlichen Erpresser. Wo waren Sie am 5.
     Juni 1922 zwischen fünf und sechs Uhr

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