Leo Berlin
Geschmack bewiesen. Von Malchow öffnete das Tor, ging den Weg entlang
und wollte gerade an der Haustür klingeln, als diese von innen
aufgerissen wurde. Ein Mann stürzte heraus, prallte gegen von Malchow
und stieß ihn zu Boden. Dann hetzte er den Weg zur Straße
entlang.
Von Malchow rappelte sich
fluchend hoch, klopfte seine maßgeschneiderte Hose ab und strich das
Jackett zurecht. Dann schaute er sich verwundert um, sah den Mann aber nur
noch auf dem Gehweg hinter einem Rhododendron verschwinden. »Keine
Manieren«, murmelte er vor sich hin und trat in die Eingangshalle.
Von Malchow stieg die Treppe
hinauf in den ersten Stock. Ein schönes Haus, dachte er bei sich, als
er mit der Hand über das spiegelglatte Geländer fuhr. Er war so
still hier und angenehm kühl, in der Luft hing ein ganz leichter,
nicht unangenehmer Hauch von Essig.
Als er die offene Wohnungstür
sah, stutzte er und blickte sich um. Es passte ganz und gar nicht zu
seinem Vorgesetzten, bei einer Durchsuchung die Tür offen zu lassen.
Er klopfte, und als keine Antwort kam, trat er ein.
Ein leises Stöhnen. Von
Malchow schaute hinter die Tür.
Wechsler lag am Boden, eine
Hand an die linke Hüfte gepresst. Zwischen seinen Fingern sickerte
Blut hervor.
»Und schicken Sie einen
Krankenwagen. Nein, ich weiß nicht, was er hat, Schuss- oder
Stichwunde, aber es blutet stark. Machen Sie schnell.« Wie durch ein
Wunder war das Telefon nicht abgestellt worden. Von Malchow eilte in die Küche,
riss alle Schränke auf, bis er ein sauberes Handtuch fand, und lief
zu Leo zurück. Er drehte ihn vorsichtig auf den Rücken und drückte
das Handtuch auf die Wunde. Dann klopfte er ihm nicht allzu sanft gegen
die Wange. »Was ist passiert, Herr Kommissar?«
Leo öffnete stöhnend
die Augen und versuchte, den Kopf zu heben. »Ich weiß nicht .
. . er kam von hinten . . .« Von Malchow entdeckte nun auch die
Platzwunde an der rechten Schläfe, von der sich ein breites, rotes
Rinnsal bis zum Kinn zog. Er befeuchtete ein weiteres Küchenhandtuch
und wand es um Leos Kopf. »Können Sie sprechen?«
Leo schluckte. Seine Stimme
klang belegt. »Es hat geklopft. Keiner draußen. Er kam von
hinten.«
»Haben Sie sein Gesicht
gesehen?«
Leo schüttelte den Kopf
und verzog schmerzvoll das Gesicht. »Sind Sie ihm begegnet?«
»Ich glaube, ich bin an
der Haustür mit ihm zusammengestoßen. Er stürmte geradezu
davon, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Außerdem hatte er den
Hut ziemlich tief ins Gesicht gezogen.«
Bei diesen Worten huschte ein
Lächeln über Leos Gesicht. »Er ist zurückgekommen.«
Dann sank sein Kopf zur Seite.
Vermutlich phantasierte er,
dachte von Malchow. In diesem Moment klingelte es. Er lief hinunter und
öffnete die Tür, worauf Walther, Stankowiak und Dr. Lehnbach an
ihm vorbei die Treppe hinaufliefen.
»Dr. Lehnbach war
gerade im Büro, als Sie anriefen«, rief Robert über die
Schulter. »Wo ist er?«
»Oben im Flur, hinter
der Tür.«
Als von Malchow hereinkam,
kniete Lehnbach schon neben Leo und untersuchte ihn. »Platzwunde,
eventuell leichte Gehirnerschütterung. Und hier –«, er
schob Leos Jackett zur Seite und knöpfte das Hemd auf. »Eine
Stichwunde an der linken Hüfte. Nicht besonders tief, aber der
Blutverlust ist beträchtlich. Fragt sich, ob die Waffe von vorn oder
hinten geführt wurde.«
»Er griff von hinten um
mich herum«, meldete Leo sich heiser zu Wort.
»Da bist du ja wieder«,
sagte Robert und drückte kurz seine Hand. »Verdammt, du hast
uns einen ganz schönen Schreck eingejagt. Der Krankenwagen kommt
gleich. Wie ist das bloß passiert?« Er sah Lehnbach fragend
an, der daraufhin nickte.
»Es klingelte. Ich hab
aufgemacht, aber niemanden gesehen. Als ich wieder reinwollte, kam er von
hinten und stieß mich in den Flur. Dann drückte er mir die Luft
ab und stach zu. Den Kopf muss ich mir beim Sturz angestoßen haben.«
Leo schloss die Augen. »Mir ist schwindlig.«
Sie hörten Schritte auf
der Treppe. Zwei Sanitäter kamen mit einer Trage herein, betteten Leo
vorsichtig darauf und wollten ihn schon abtransportieren, als er die Hand
hob und auf sein Jackett klopfte. »Robert, schau in die Innentasche.
Das Heft. Da steht es drin.«
Robert nahm das Heft und
steckte es ein. »Ich komme bald zu dir. Marie lässt dich grüßen,
ihr geht es schon viel besser.«
Die
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