Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
Bruder den
     Haushalt. Er ist verwitwet und hat zwei Kinder.«
    »Das braucht Ihnen doch
     nicht peinlich zu sein, Fräulein Ilse.« Sie wurde rot, als er
     ihren Vornamen aussprach. »Ich finde es sehr lobenswert, wie soll
     ein Mann mit zwei Kindern allein zurechtkommen?«
    Sie nickte ein wenig zögernd,
     wäre beinahe damit herausgeplatzt, dass sie sich manchmal dennoch
     unglücklich fühlte, weil ihr eigenes Leben an ihr vorbeizuziehen
     schien. Doch das war kein Gesprächsstoff für die zweite
     Verabredung.
    »Und was sind Sie von
     Beruf?«
    »Ich bin Kaufmann.
     Nachlässe, Geschäftsauflösungen und Ähnliches, An- und
     Verkauf, was sich gerade ergibt. In der heutigen Zeit muss man anpassungsfähig
     sein, rasch handeln, die Gelegenheit nutzen. Aber das finden Sie sicher
     gar nicht so interessant.« Er winkte der Kellnerin und bestellte
     Kuchen. »Den Käsekuchen, der ist immer so gut hier.«
    »Kommen Sie öfter
     her?«
    »Dann und wann, wenn
     ich in der Nähe bin. Der Kuchen ist wirklich ausgezeichnet.«
    Sie kamen irgendwie auf das
     Thema Tiere, und Herr Schneider erzählte mit leuchtenden Augen von
     seinen drei Schäferhunden. Ilse fühlte sich entspannt wie seit
     langem nicht mehr und ließ sich den köstlichen Käsekuchen
     auf der Zunge zergehen.
    Herbert von Malchow stieg aus
     dem Taxi. Da kein Dienstwagen mehr verfügbar gewesen war und er
     keineswegs vorhatte, mit Hinz und Kunz in der Elektrischen nach
     Charlottenburg zu fahren, hatte er das Fahrgeld aus eigener Tasche
     bezahlt. Warum musste Wechsler unbedingt noch einmal in die Wohnung des
     Heilers? Im Büro wusste anscheinend jeder mehr als er, die Kollegen
     schienen ihn von dem Fall auszuschließen.
    Daher war auch die Aussicht
     auf eine gründliche Durchsuchung mit Leo Wechsler wenig erfreulich.
     Seit er die Sache mit Dießing an die Presse gegeben hatte, war ihr
     Verhältnis noch unterkühlter als zuvor. Natürlich war die
     Unterstellung, er habe es für Geld getan, blanker Unsinn. Das hatte
     er nicht nötig, da er von seinem Vater einen monatlichen Unterhalt
     erhielt, der sein mageres Gehalt wohltuend ergänzte und die Tatsache
     ausgleichen sollte, dass sein ältester Bruder das Gut übernommen
     hatte. Nein, er hatte einfach die Gelegenheit und die Bekanntschaft mit
     einem Reporter aus dem Zeitungsviertel genutzt, um Wechsler, der sich gern
     allwissend gebärdete, eins auszuwischen. Wechsler, der von ganz unten
     gekommen war und keinen Hehl aus seiner einfachen Herkunft machte. Der von
     Malchow unterschwellig vorzuwerfen schien, dass der es leichter gehabt
     hatte, weil er die richtigen Leute kannte und die Karriereleiter schneller
     erklimmen würde als er selbst.
    Von Malchow wischte sich ein
     Stäubchen vom Ärmel. So einfach hatte er es nun auch wieder
     nicht gehabt. Nach seinem eher kurzen Kriegseinsatz in der Etappe hatte er
     vom Militär fürs Leben genug und musste sich als dritter Sohn
     eines Gutsbesitzers nach einer neuen Beschäftigung umsehen. Den
     Besitz hatte sein ältester Bruder Alfred übernommen, während
     Dietrich erfolgreich die Offizierslaufbahn eingeschlagen hatte. Was also
     blieb für ihn übrig?
    Bei einer Festlichkeit im
     Hause seiner Eltern hatte er Theodor von Fritzsche kennen gelernt, der ihm
     von seiner Kriminalarbeit in Berlin erzählte. Es hatte spannend
     geklungen, nach Großstadt und Abenteuer, und er hatte gegen den
     Willen seines Vaters beschlossen, die Beamtenlaufbahn bei der
     Kriminalpolizei einzuschlagen. Sein Vater hatte sich letztlich in das
     Unvermeidliche gefügt, nachdem von Fritzsche ihm bestätigt
     hatte, dass es unter den Berliner Kripoleuten zahlreiche Aristokraten gab.
    So weit, so schlecht. Denn er
     hatte diese Tätigkeit gewaltig unterschätzt. Sie bestand aus
     viel Kleinarbeit, endlosen Befragungen, Aktenwälzen. Seine Kollegen
     konnten sich über einen Fingernagel am Tatort mehr erregen als über
     die Tagespolitik. Dazu die unangenehmen Leute, mit denen er ständig
     zu tun hatte. Nein, das hatte er sich anders vorgestellt, konnte aber
     nicht mehr zurück, diese Genugtuung wollte er seinem Vater dann doch
     nicht gönnen.
    Von Malchow wischte sich
     über die Stirn, als wollte er die unangenehmen Gedanken vertreiben,
     und blieb vor dem Gartentor der Villa stehen. Er schaute sich kurz das
     Haus an, da er damals nicht mit am Tatort gewesen war. Das Anwesen könnte
     ihm auch gefallen. Der Tote hatte bei der Wahl seines Domizils zweifellos
    

Weitere Kostenlose Bücher