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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Wie passte dieser Vorfall ins
     Gesamtbild?
    Er zweifelte nicht daran,
     dass der Mord an Sartorius und der Überfall auf Leo zusammenhingen.
     Fragte sich nur, ob der Täter Leo oder die Wohnung beobachtet hatte.
     Vermutlich Ersteres, denn niemand hatte damit rechnen können, dass
     die Polizei noch einmal in die Nussbaumallee zurückkehren würde.
     Wer hatte davon gewusst? Eigentlich nur er selbst und von Malchow, aber
     diesen Angriff traute er ihm nun doch nicht zu. Dann fiel ihm das Heft
     ein, das er aus Leos Tasche gezogen hatte. Er würde es heute Abend
     mit nach Hause nehmen und in aller Ruhe durcharbeiten.
    Georg sah ihn mit großen
     Augen an, als er auf den Balkon trat. »Es geht ihm schon besser, er
     kann in ein paar Tagen nach Hause. Schön, dass du dich um Marie kümmerst.
     Sie sieht schon richtig gesund aus.«
    »Die Ärzte sagen,
     sie wird bald entlassen.«
    »Das freut mich
     wirklich, Georg. Ist sicher ein bisschen langweilig so allein.«
    Der Junge grinste verlegen.
     »Na ja, ich hab jetzt meine Ruhe, aber sie fehlt mir schon.«
    »Guten Tag, Herr
     Walther«, sagte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und begrüßte
     Ilse Wechsler. Ihre Wangen waren leicht gerötet, sie sah irgendwie jünger
     aus als sonst.
    »Guten Tag, Fräulein
     Wechsler. Gut, dass Sie kommen.« Er berichtete, was geschehen war.
     Sie sah ihn erschrocken an und schaute sich unwillkürlich um, als könnte
     sie Leo irgendwo entdecken.
    »Ich muss sofort zu
     ihm.«
    »Ich zeige Ihnen den
     Weg. Georg, du bleibst noch hier, bis deine Tante wiederkommt, ja?«
    Der Junge nickte beruhigend,
     als wollte er sagen, ich habe alles im Griff. Robert steckte ihm heimlich
     einen Groschen zu und zwinkerte ihm zu, bevor er Ilse zur Notaufnahme
     brachte.
    »Grüßen Sie
     ihn von mir und sagen Sie ihm, ich werde heute Abend ein bisschen im
     Schulheft lesen.«
    Sie sah ihn verwundert an und
     verschwand hinter der Glastür.
    Er war noch einmal in die
     Firma gefahren. Erst als er durch die verlassenen Korridore ging und der
     Nachtwächter ihn fragend ansah, wurde ihm bewusst, wie spät es
     war. Er schloss behutsam die Bürotür, als wäre sie aus
     Glas. Allein sein, in Ruhe nachdenken.
    Doch seine Gedanken
     rasten, widersetzten sich jeder Ordnung. Er presste die Hände vors
     Gesicht, aber wie bei einem Migräneanfall nützte es nichts, die
     Augen zu schließen. Die Bilder tobten in seinem Kopf, blitzten auf
     und verschwanden.
    Sartorius, der sich über
     den Terminkalender beugte. Der Verschlag im Hinterhof. Wechsler in der
     offenen Wohnungstür, während er selbst in der Wandnische
     wartete.
    Viola, immer wieder Viola,
     die ihn ansah wie einen Fremden. Und dann das Gesicht, das er nur flüchtig
     erblickt hatte und das ihn seither verfolgte wie ein Gespenst aus längst
     vergangenen Tagen.

 
    20
    Robert hatte es sich in
     seiner kleinen Wohnküche gemütlich gemacht. Da er alleinstehend
     war, brauchte er nicht viel Platz, und die schönen Wochenenden
     verbrachte er ohnehin im Schrebergarten. Er stellte eine geöffnete
     Flasche Bier auf die karierte Wachstuchdecke und setzte sich, wobei er
     dachte, wie nett es doch war, bei der Arbeit mal ein gepflegtes Bier zu
     trinken. Dann holte er das Schulheft aus der Tasche und schlug es auf.
     Vorn hatte Leo das hauchdünne Blatt Papier mit den Notizen, das er im
     Terminkalender gefunden hatte, hineingelegt. Robert platzierte Schulheft
     und Blatt nebeneinander.
    Aus dem Büro hatte er
     noch Leos Aufzeichnungen zu den Initialen V. D. und die Niederschrift der
     Aussage Frau von Dreesens geholt. Dieser Fall schien so weit klar. Der
     Ehemann hatte seine masochistischen Neigungen ausgelebt, sich Sartorius
     anvertraut, war später damit erpresst worden und hatte sich daraufhin
     das Leben genommen. Ähnlich klar lag die Sache auch bei Verena
     Moltke. Womit feststand, dass Sartorius in diesen beiden Fällen leer
     ausgegangen sein dürfte. Ein Selbstmord und eine Familie, die keinen
     allzu großen Wert auf den Ruf der Tochter und Schwester legte.
    Wie kam es, dass nur V. M.,
     V. D., P. W. und M. E. auf dem Blatt standen – hatte er nur bei
     ihnen Erpressungsversuche unternommen? Oder waren es die »säumigen«
     Zahler? Hatte er die erfolgreichen Fälle bereits ad acta gelegt?
    Robert nahm das Schulheft und
     schaute sich den Schlüssel an.
    A – D
    B – E
    C – F
    D – G
    E – H
    F – I
    G – J
    H – K
    I – L
    J – M
    K – N
    L – O
    M – P
    N –

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