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Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition)

Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition)

Titel: Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Leonardo bereute es schon fast ein wenig, die Aufgabe übernommen zu haben, dem Kranken das Essen zu bringen. Denn erstens erfüllte sich seine Hoffnung nicht, mehr über den Schwarzen Tod zu erfahren, weil Alberto einfach nicht dar-
    über reden wollte. Und zweitens ging der Kranke nun dazu über, die Erfüllung von Sonderwünschen zu verlangen. Er wollte generell die Mahlzeiten stärker gewürzt haben und wünschte außerdem, dass immer frisches Obst und Käse dabei sein sollten.
    Giannas Vater reagierte ziemlich beleidigt, als Leonardo dem Dorfwirt diese Nachricht überbrachte.
    Und auch der Pfarrer war sehr irritiert, als Leonardo ihm eröffnete, dass Alberto seinen Schinken nicht mögen würde.
    „Er mag diesen herben Räuchergeschmack nicht“, fasste Leonardo das zusammen, was Alberto ihm dazu gesagt hatte.

    Der Pfarrer hob die Augenbrauen, holte einmal tief Luft, so als wollte er gleich ein paar ärgerliche Worte verlieren und blieb dann aber doch gewohnt sanftmütig.
    „Das scheint mir ein Zeichen dafür zu sein, dass es dem Kranken noch immer überraschend gut geht“, fand er. „Vielleicht gehört er ja zu den seltenen Ausnahmen, die wieder gesund werden.“
    „Darf ich Euch etwas fragen?“
    „Aber bitte, Leonardo! Alles, was du auf dem Herzen hast.“
    „Alberto ist gewiss in einer Mitleid erregenden Lage. Er ist todkrank und es besteht kaum eine Möglichkeit, dass er seinen nächsten Namenstag noch erlebt.“
    „Das ist leider wahr.“
    „Und doch empfinde ich viel weniger Mitleid mit ihm, als es da eigentlich normal wäre. Wie kommt das?“
    „Das kann ich dir nicht sagen, Leonardo. Da musst du dein eigenes Inneres erforschen.“
    „Das ist es ja gerade!“, stieß Leonardo hervor. „Albertos Weinen, seine Krankheit, sein Unglück – das hat mein Inneres nicht erreicht!
    Schon als mein Vater und ich ihn unterwegs trafen und er als armer Bettler um eine milde Gabe bat, hatte ich ein sehr seltsames Gefühl dabei.“
    „Ich fürchte, deine Frage kann ich dir nicht beantworten, Leonardo. Abgesehen davon hast du doch genug Mitleid mit ihm gehabt, um ihm zu helfen und jeden Tag das Essen zu bringen.“
    „Ich habe auch seine Lumpen gesehen – aber trotzdem war es anders, als wenn man sonst jemandem begegnet, der Hilfe braucht.
    Vielleicht hängt es mit der seltsamen Art zusammen, auf die er redet.“
    „Aber trotzdem hast du dich nicht von diesen Äußerlichkeiten irri-tieren lassen und das getan, was die Pflicht eines Christen ist. Du hast geholfen. Und dafür seist du gesegnet!“
    Der Pfarrer machte das Kreuzzeichen und Leonardo hatte den Eindruck, dass er einfach nur keine Lust hatte, sich länger mit ihm zu unterhalten. Vielleicht wusste er keine Antwort auf Leonardos Frage.
    Leonardo hielt es aber auch für möglich, dass der Pfarrer gar nicht verstand, was er eigentlich meinte.
    Leonardo grübelte noch darüber nach, als er das Haus des Pfarrers verlassen hatte.

    Eins stand für ihn jetzt fest – abgesehen davon, dass Alberto vom Schwarzen Tod befallen war, stimmte noch etwas anderes nicht mit ihm.
    Ein paar Tage später war Leonardo sehr vertieft darin, eine Ver-größerung des Vogelkopfes anzufertigen, den er von dem Papyrus abgezeichnet.
    Carlo war bei ihm – das erste Mal seitdem Leonardo damit angefangen hatte, dem kranken Alberto die Mahlzeiten zu bringen. Genau wie Gianna hatte Carlo anfangs große Angst davor gehabt, sich anzu-stecken.
    Die Stimmung war gedrückt und bislang war kaum etwas gesagt worden.
    Doch plötzlich sagte Leonardo in die Stille hinein: „Ich werde mal meinen Onkel Francesco fragen, was das für eine Vogelart auf dem Papyrus sein könnte. Wenn ich die Vogelart kenne, kann ich vielleicht darauf schließen, worum es in dem Text geht!“
    „Und dein Onkel Francesco weiß das“, zweifelte Carlo.

    „Ja sicher! Es gibt niemanden, der so viel über Tiere und die Natur weiß. Früher, als ich noch bei meiner Mutter lebte, sind wir oft zusammen losgezogen, um Tiere zu beobachten. In letzter Zeit ist es dazu leider nicht gekommen…“
    Leonardos Onkel lebte erst seit kurzem wieder in Vinci. Zuvor hatte er ein paar Jahre in Florenz gelebt.
    In diesem Moment war das Geräusch eines Wagens zu hören, der die Dorfstraße von Vinci entlang rumpelte und mitten auf dem Dorfplatz stehen blieb. Leonardo und Carlo gingen ans Fenster.
    Der Wagen hatte ein Verdeck und wurde von zwei Pferden gezogen. Auf dem Verdeck stand in großen Buchstaben: Doktor Petronius
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