Leonardo und die Verschwörer von Florenz Teil 2 von 3 (Da Vincis Fälle)
bereits. Das kündigte den Sonnenaufgang an, bis zu dem es nicht mehr allzu lange dauern konnte.
Die Pferde der drei waren in der Nähe an Sträuchern festgemacht und einen Moment lang überlegte Leonardo, ob sie sich diese Pferde vielleicht nehmen sollten, um damit davon zu reiten. Aber diesen Gedanken gab er rasch wieder auf, als eines der Tiere laut schnaubte und der Kerl am Höhleneingang beinahe erwachte. Im Schlaf griff er nach seiner Arkebuse. Aber um damit schießen zu können, hätte er ohnehin erst die Lunte entzünden müssen – was man auf eine Entfernung von fast zehn Metern riechen konnte. Der Wächter bewegte sich.
Leonardo, Carlo und Luca erreichten den Waldrand. Ein Ast knackte. Es war Carlo, der diesen Fehltritt begangen hatte. Alle drei erstarrten sie für einen Augenblick.
Der Wächter neben dem Höhleneingang wachte nun endgültig auf. Im fahlen Mondlicht war er deutlich zu sehen.
Er rappelte sich auf. „Halt! Stehen bleiben!“, rief er. „Keinen Schritt weiter!“
Leonardo, Carlo und Luca machten jedoch genau das Gegenteil. Sie rannten so schnell sie nur konnten in den Wald hinein. Jetzt ging es wirklich im alles. Hinter sich hörten sie die aufgeregten Rufe des Wächters.
Ein Schuss krachte. Er fuhr in eine der Baumkronen und holte mehrere Äste herunter.
Offenbar war es seine Absicht, die Flüchtenden zu beeindrucken und sie so davon abzuhalten, ihre Flucht fortzusetzen. Leonardo war erstaunt, wie schnell der Arkebusen-Schuss gefallen war. Der Wächter musste sehr geübt darin sein, die Lunte zu entzünden und dann die Büchse abzufeuern. War er vielleicht in seinem eigentlichen Leben ein Soldat? Oder ein Angehöriger der Stadtwache von Florenz?
Eine Arkebuse war zwar nicht sehr schwer zu bedienen, aber gerade die Geschwindigkeit, die man brauchte, um die Waffe schussbereit zu machen, blieb erheblich.
Die Jungen hetzten durch den Wald. Da Leonardo an ihrer Spitze war, folgten sie ihm auf Schritt und Tritt. Sie konnten im dichten Unterholz kaum etwas sehen. Zweige peitschten ihnen ins Gesicht und hin und wieder stolperten sie über die dicken, knorrigen Wurzeln der Bäume.
Weit hinter ihnen waren die Stimmen der drei Banditen zu hören, die sich gegenseitig dafür verantwortlich machten, dass den Gefangenen die Flucht gelungen war.
Die Pferde wieherten. Sie wurden im Schnellverfahren gesattelt und schon wenig später hetzten die drei Reiter hinter den Kindern her.
Luca konnte bald schon nicht mehr. Er hielt sich die Seite und rang nach Luft. Leonardo hatte das auch schon erlebt – allerdings erst nach längeren Strecken. Seitenstechen konnte sehr unangenehm sein und machte es für den Betreffenden völlig unmöglich, weiter zu rennen.
Leonardo hatte eine ganze Weile versucht, zu verstehen, wodurch Seitenstechen ausgelöst wurde, war aber bei dieser Sache zu keiner eindeutigen Antwort gekommen.
Leonardo drehte sich in Richtung der Verfolger um. Sie waren in der Ferne als dunkle Schatten in einem ohnehin ziemlich lichtlosen Waldstück zu sehen. Mit ihren Schwertern schlugen sie rechts und links die Sträucher kurz und klein. Ab und zu durchdrang das Mondlicht die dichte Blätterhaube der Bäume und wenn die Verfolger durch eine dieser Stellen ritten, waren sie gut zu erkennen.
„Du musst durchhalten!“, wisperte Leonardo an Luca gewandt. Sie hetzten weiter, aber es war klar, dass die Reiter sie irgendwann einholen würden, auch wenn das dichte Gestrüpp die Verfolger im Augenblick noch ziemlich aufhielt.
Die Gedanken rasten nur so in Leonardo.
Er versuchte sich an Einzelheiten des Weges zu erinnern, auf dem er zur Höhle gebracht worden war. Aber das erwies sich als unmöglich. Die Entführer hatten dafür gesorgt, dass er vollkommen die Orientierung verlor.
Aber allzu weit können sie mit uns nicht geritten sein!, dachte er. Sonst hätte der Brand für die Banditen nicht so gefährlich werden können!
Leonardo hielt an und blickte sich. Er versuchte sich zu erinnern, ob er nicht früher schon mal in dieser Gegend gewesen war. Die Gegend rund um Vinci hatten Carlo und er schließlich immer wieder durchstreift. Und manchmal hatten sie ihre Ausflüge ziemlich weit von zu Hause weggeführt, wenn Leonardo zum Beispiel unbedingt irgendeiner Tierspur folgen wollte.
Aber bei Nacht sah alles gleich dunkel aus. Es war unmöglich, irgendetwas wiederzuerkennen.
Doch dann vernahm er ein Geräusch.
Das Rauschen eines Bachs!
„Mir nach!“, wisperte er.
„Wohin willst du?“,
Weitere Kostenlose Bücher