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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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kleinen Eisenwarenhandel, und er ist Profi genug, die Klappe zu halten.«
    Die Räder schrien leise auf, als das Flugzeug auf der Rollbahn aufsetzte.
    Kaja blickte aus dem Fenster. »Warum sind hier so viele Soldaten?«
    »Die UN fliegen Verstärkung ein. Die Guerilla ist in der letzten Zeit ziemlich weit vorgerückt.«
    »Welche Guerilla?«
    »Hutu-Guerilla, Tutsi-Guerilla, Mai-Mai-Guerilla, wer weiß das schon?«
    »Harry?«
    »Ja.«
    »Lass uns diesen Job erledigen und dann schnell wieder nach Hause fliegen.«
    Er nickte.
     
    Es war bereits hell, als Harry an der Reihe der Taxifahrer vorbeiging, die draußen vor dem Flughafen standen. Er wechselte mit jedem von ihnen ein paar Worte, bis er jemanden gefunden hatte, der gut Englisch sprach. Ausgezeichnet sogar. Der Mann war klein, hatte einen wachen Blick, graue Haare und dicke Adern an den Schläfen und der hohen Stirn. Sein Englisch war originell, eine Art Oxford-Variante mit breitem kongolesischem Akzent. Nachdem Harry dem Mann erklärt hatte, dass er ihn für den ganzen Tag buchen wollte, wurden sie sich rasch über den Preis einig und besiegelten alles mit einem Handschlag. Der Fahrer stellte sich als Doktor Duigame vor, Harry zahlte ihm ein Drittel des vereinbarten Dollar-Betrages als Vorschuss.
    »Englische Literatur«, erläuterte der Mann und zählte in aller Öffentlichkeit das Geld nach. »Aber da wir den ganzen Tag miteinander verbringen werden, können Sie mich auch Saul nennen.«
    Er öffnete die hintere Tür eines verbeulten Hyundais. Harry erklärte ihm, dass er in die Straße unterhalb der ausgebrannten Kirche wollte.
    »Hört sich an, als wären Sie schon einmal hier gewesen«, sagte Saul und steuerte den Wagen über einen glatten Streifen Asphalt, der sich, kaum dass sie die Hauptstraße erreicht hatten, in eine Mondlandschaft aus Kratern und Rissen verwandelte.
    »Einmal.«
    »Dann sollten Sie vorsichtig sein«, sagte er lächelnd. »Hemingway hat geschrieben, dass man, hat man sein Herz erst Afrika geöffnet, an keinem anderen Ort mehr sein will.«
    »Das hat Hemingway gesagt?«, fragte Harry zweifelnd.
    »Ja, sicher. Der hat immer so einen romantischen Scheiß geschrieben. Ging besoffen auf Löwenjagd und pisste dann seine süße Whiskeypisse auf die Kadaver. Die Wahrheit ist, dass niemand in den Kongo zurückkehrt, wenn es nicht unbedingt nötig ist.«
    »Es ist nötig«, erwiderte Harry lächelnd. »Wissen Sie, eigentlich wollte ich wieder den Fahrer engagieren, den ich beim letzten Mal hatte, einen Joe von der Flüchtlingshilfe. Aber der ist nicht ans Telefon gegangen.«
    »Joe ist weggegangen«, sagte Saul.
    »Weggegangen?«
    »Er hat seine Familie zusammengetrommelt, das Auto geklaut und sich in Richtung Uganda abgesetzt. Goma wird belagert. Sie werden alle töten. Ich verschwinde hier auch bald. Joe hatte ein gutes Auto. Vielleicht schafft er es.«
    Harry erkannte den aus den Ruinen ragenden Kirchturm, die der Nyiragongo stehengelassen hatte. Er hielt sich fest, als der Hyundai die schlimmsten Schlaglöcher umfuhr. Mehrmals kreischte der Unterboden gequält auf.
    »Warten Sie hier«, sagte Harry. »Ich gehe den Rest zu Fuß. Ich bin gleich wieder da.«
    Harry stieg aus und inhalierte grauen Staub und den Geruch von Gewürzen und nach faulem Fisch.
    Ein allem Anschein nach betrunkener Mann versuchte Harry mit der Schulter anzurempeln, verpasste ihn aber, taumelte auf die Straße und schrie Harry irgendwelche Flüche hinterher. Zu Harrys Beruhigung entfernte er sich aber immer weiter von ihm. Harry achtete darauf, nicht zu schnell oder zu langsam zu gehen. Als er das einzige Steinhaus erreichte, das zwischen den Läden lag, ging er zur Tür, klopfte fest an und wartete. Drinnen hörte er rasche Schritte. Zu rasch für van Boorst. Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet, und ein halbes schwarzes Gesicht und ein Auge kamen zum Vorschein.
    »Van Boorst home?« , fragte Harry.
    »No.« Der große Goldzahn im Oberkiefer blitzte auf.
    » I want to buy some handguns, Miss van Boorst . Können Sie mir helfen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sorry. Goodbye.«
    Rasch schob Harry seinen Fuß in den Türspalt. »Ich zahle gut.«
    »No guns. Van Boorst not here.«
    »Wann ist er wieder zurück, Miss van Boorst? « »Keine Ahnung. Ich habe jetzt keine Zeit. « »Ich suche nach einem Mann aus Norwegen. Tony. Tall .
    Handsome. You’ve seen him around ?«
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    »Kommt van Boorst heute Abend nach Hause? Es ist wichtig,

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