Leopardenblut (German Edition)
drang er in sie ein, sie spürte den Schmerz in allen Nervenenden. Zitternd konzentrierte sie ihre Kräfte auf die inneren Schilde und zog sich noch tiefer hinter die dritte Ebene zurück. Dorthin konnte Enrique ihr nicht so leicht folgen. Es waren ihre natürlichen Schutzschilde – diese hatte er in den Gestaltwandlerfrauen niedergerissen. Zweifellos würde er auch sie zerstören, wenn sie ihm genügend Zeit dazu ließe.
Das Adrenalin in ihrem Kopf verschaffte ihr genügend Energie, um die Verbindung zum Medialnet zu finden. Selbst Enriques Falle hatte sie nicht davon trennen können. Es war eine tiefe, instinktive Verbindung. Ein letztes Mal griff sie nach dieser Sicherheitsleine und flüsterte: „Auf Wiedersehen.“
Als eine weitere Welle des Schmerzes sie traf, schnitt sie die Verbindung entzwei. Alles stand still. Ihr Verstand regte sich nicht. In der Dunkelheit leuchteten keine Sterne mehr, nur eine unendliche Leere tat sich auf.
Der Tod streckte die Hand nach ihr aus.
Schreiend wachte sie in Lucas’ Armen auf. Jede Faser ihres Körpers wand sich unter quälenden Schmerzen und sie spürte, dass ihr Verstand verzweifelt versuchte, die Verbindung zum Netz wiederherzustellen. Trotz der stechenden Qualen zwang sie sich zum Nachdenken, verschloss die Wunde und verbot sich das instinktive Ausgreifen. Es tat weh. Als hätte man ihr eine Kugel direkt ins Gesicht gejagt.
Sie hatte überall Schmerzen. Es fühlte sich an, als zöge man ihr die Haut ab. Sie schrie innerlich und suchte nach der Rückkopplung, die sie zum Überleben brauchte. Unfähig zu atmen, klammerte sie sich an Lucas’ Brust. Klaustrophobische Ängste hielten sie in ihren Klauen, die Dunkelheit war schlimmer als Enriques Versuche, ihren Verstand zu zerstören. Sie würde daran ersticken. Ganz allein. Sie war so allein.
Allein. Im Dunkeln. In der Schwärze. In der Kälte.
Lucas sah entsetzt in Saschas Augen. Alle Sterne waren auf einen Schlag verschwunden, als sie die Augen geöffnet hatte, und nun blickte er nur noch in tiefschwarze Unendlichkeit.
„Sascha!“ Er schüttelte sie, ohne auf die anderen zu achten, die bei ihrem ersten Schrei in den Raum gerannt waren. Er hatte vergessen, dass er den Namen des Mörders kannte und sich nun endlich rächen konnte. In diesem Augenblick zählte nur sie. „Sascha!“ Sie antwortete nicht, als könne sie ihn gar nicht sehen.
Er war kein Medialer. Er konnte nicht in ihren Kopf gelangen, aber er konnte sie auf andere Weise erden. Er legte die Hand in ihren Nacken, zog sie an sich und küsste sie. Hart und ohne Gnade. Er war brutal, wild und besitzergreifend und legte all seine Gefühle in diesen Kuss. Er füllte ihren Mund aus und rief sie mit dieser Berührung zurück. Ihr Griff lockerte sich, aber sie hielt sich immer noch an ihm fest, hatte Arme und Beine um ihn geschlungen, als wollte sie in seine Seele hineinkriechen.
Ganz allein. So allein.
Ihm war, als hörte er diese Worte in seinem Kopf. Hatte sie die Verbindung geschlossen? Hatte sie ihr Versprechen gehalten? Konnte er deshalb spüren, wie die Dunkelheit sie hinunterzog? Mit Hitze, Feuer und seinem ganzen Herzen drängte er die Dunkelheit zurück und drückte Saschas Körper fest an sich.
Als er seine Lippen löste, damit sie Atem holen konnte, wimmerte sie: „Nein, nein, nein.“ Er küsste sie noch einmal. Die Dunkelheit war nicht mehr so schwer, aber sie verschwand auch nicht völlig. Warum nicht? Sascha war doch mit ihm verbunden. Sie war nicht allein. Nicht mehr. Niemals mehr.
Als er sie diesmal losließ, atmete sie tief ein und sagte: „Es ist Ratsherr Santano Enrique. Er fühlt nichts. Weiß nichts von dir. Er denkt, ich wäre einfach fehlerhaft.“ Die Worte kamen schnell und abgehackt, als müsse sie die Informationen rasch ausspucken, bevor sie für immer verloren gingen.
Lucas sah Hawke an, der als Erster den Raum betreten hatte. „Geh! Dorian. Vaughn. Begleitet ihn!“ Lukas’ Augen suchten die des Jaguars. Vaughn nickte kurz. Er wusste, was er zu tun hatte. Er sollte Dorian vor seinem eigenen Zorn schützen. Lucas konnte nicht mit ihnen gehen, nicht solange seine Frau so schrecklich schwach in seinen Armen lag.
Hawkes Augen glitten zu Sascha, die so flach atmete, als hauche sie ihr Leben aus. „Was ist mit ihr los?“ Mit erhobenem Arm hielt er Brennas Brüder davon ab, den Raum zu verlassen. Nur durch seine Macht konnte er sie noch davon abhalten, ihrem Ziel zu folgen, denn in ihren Augen schimmerten schon die
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