Leopardenblut (German Edition)
dann würden wir einfach langsam dahinsiechen.“ Sie starrte an die mit Blättern übersäte Decke. Lucas hatte nichts dagegen, dass der Wald sein Heim eroberte, und sie fand sich auch gerade damit ab, obwohl sie manchmal doch das Bedürfnis überkam, einmal richtig sauber zu machen. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich mal in unseren Köpfen umsehe?“ Sie hatte ihn nicht mehr darum gebeten, seit sie damals diesen Moment vollkommener Einheit miteinander erlebt hatten.
„Du weißt doch schon alles, was du wissen musst, Kätzchen.“
„Ich bedauere nicht, dass Tamsyn es mir erzählt hat“, begehrte sie auf. Vor ein paar Tagen hatten sie endlich über seine Familie gesprochen und sie hatte ihren Jäger dabei in den Armen gehalten. Die Wunden waren vernarbt, würden aber niemals völlig verschwinden, sondern für immer in seiner Seele bleiben. Sie waren Gedenktafeln für die Toten.
Er knurrte an ihrem Hals und rieb mit seinen Bartstoppeln über die empfindliche Haut ihrer Kehle. „Musst du auch nicht. Ihr beide seid euch ja sowieso so höllisch nah.“ Aber es ärgerte ihn nicht. „Meinetwegen sieh nach.“
Sie atmete tief ein, schloss die Augen und veränderte die Position ihres Körpers unbewusst so, dass er auf ihr lag. Körper und Geist stimmten sich aufeinander ein. Als sie ihr geistiges Auge öffnete, lag nicht die gewohnte sternenübersäte Ebene vor ihr. Aber auch keine leere Dunkelheit. Stattdessen sah sie ein Netz. In der Mitte leuchtete Lucas’ Licht so strahlend hell wie das eines Kardinalmedialen, nur war es reiner, intensiver und heiß anstatt kalt.
Über seinem Licht ergoss sich ein funkelnder Regenbogen – das war sie selbst. Sie musste innerlich lächeln, denn sie tat genau das, was sie immer befürchtet hatte – sie steckte jeden an, der in ihre Nähe kam. Doch nun sah sie, dass die bunten Funken Heilung brachten. Die Medialen waren nur so grausam geworden und konnten Gut und Böse nicht mehr voneinander unterscheiden, weil diese Qualität in ihrem Medialnet fehlte.
Das ganze Netz schimmerte in allen Farben.
Ein Netz.
„Wie können zwei Leute ein Netz bilden?“, fragte sie laut.
Lucas liebkoste ihren Hals und fuhr mit seinen Händen über ihren Körper, um ihr Halt zu geben. Sie strich mit ihren Händen über seinen warmen, weichen Rücken und folgte den Fäden des Netzes.
An einem Ende blinkte ein Licht, das etwas Weibliches in sich hatte, aber auch Kampfeskraft ausstrahlte. Zwei andere Fäden führten zu zwei kraftvollen männlichen Sternen, die hell leuchteten.
Einer der beiden hatte eine Verbindung zu einer schönen sanften Flamme, die reine Liebe aussandte. Erstaunlicherweise gingen von diesem Licht zwei kleine glitzernde Strahlen aus, die wiederum eine Verbindung zu dem männlichen Stern hatten.
Ein anderer Strang führte von Lucas zu einem verletzten, gebrochenen Licht, das immer dann durch die Strahlen des Regenbogens geheilt wurde, wenn der dazugehörige Verstand gerade nicht aufpasste. Das letzte Licht im Netz unterschied sich von den anderen, es war golden und wild, genauso rein wie das von Lucas, aber doch verlockend anders.
„Du bist mit fünf anderen verbunden“, flüsterte sie.
„Natürlich“, murmelte er. „Die Wächter haben einen Blutschwur geleistet.“
Fassungslos riss sie die Augen auf. Mercy war ein weiblicher Soldat. Clay und Nate waren reine, männliche Kraft. Nate hatte noch eine weitere Verbindung – zu Tamsyn, seiner Frau. Dorian war gebrochen, aber er wurde geheilt. Vaughn war ein Jaguar, kein Leopard. Sie sah sich nach ihrem eigenen Kardinalstern um.
Sie fand ihn in Lucas und der Regenbogen versprühte seine Funken durch ihn. Das schadete Lucas nicht. Er schien ihn sogar zu stärken, als würde sie dadurch kleinste Risse in seinem Geist reparieren. Dennoch hatte er auch negative Gefühle, aber diese blockierten ihn nicht länger.
„Lucas“, sagte sie und drückte so lange gegen seine Schultern, bis er sich aufrichtete und sie mit seinen katzengrünen Augen anblickte.
„Stimmt was nicht?“, fragte er und sein Körper spannte sich an.
„Nein“, flüsterte sie. „Es ist alles wunderbar!“
„Du machst mir Angst, Kätzchen.“ Er beugte sich herunter und küsste sie. „Was hast du gesehen?“
„Du bist Teil eines Netzwerks. Die Energie, die du mir gibst, wird von den Wächtern und Tamsyn gestützt.“
Er überlegte kurz. „Der Blutschwur verbindet die Wächter also auch auf einer geistigen Ebene mit
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