Leopardenblut (German Edition)
„Schlüssel.“
„Nein.“ Das war mehr, als sie zulassen konnte. Lucas Hunter war nahe daran, die Grenze zu übertreten. „Ich fahre.“
„Einfach stur.“ Er lachte und ging auf die Beifahrerseite. „Auf Ihre Verantwortung, Sascha-Schätzchen.“
Nachdem sie den Wagen gestartet hatte, sagte er: „Auf der Straße nach links.“
„Wohin fahren wir?“
„An einen sicheren Ort.“
Er lenkte sie über die Bay Bridge und durch Oakland hindurch. In Stockton erreichten sie die Ausläufer der Wildnis und fuhren weiter. Die Bäume standen jetzt dichter, sie mussten in den großen Yosemite-Wäldern sein. Trotz der beträchtlichen Geschwindigkeit vergingen fast zwei Stunden, ehe Lucas sie zum Anhalten aufforderte.
„Sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind?“ Ihre Augen sahen nichts als Bäume.
„Ja.“ Er stieg aus.
Da sie keine andere Möglichkeit hatte, folgte sie ihm. „Sollen wir etwa hier reden? Dann können wir auch im Wagen sitzen bleiben.“
„Haben Sie Angst?“, flüsterte er an ihrem Ohr.
Seine Schnelligkeit war zum Fürchten. Er hatte den Wagen innerhalb von Sekundenbruchteilen umrundet. „Kaum. Haben Sie vergessen, dass ich eine Mediale bin? Ich bin bloß verwirrt, weil ich den Sinn nicht erkenne.“
„Vielleicht habe ich Sie in einen heimtückischen Hinterhalt gelockt.“ Seine Hand ruhte auf ihrer Hüfte.
„Wenn Sie mir etwas antun wollten, hätten sie das auch leicht auf dem Parkplatz erledigen können.“ Sie überlegte, ob sie sich über die Hand auf ihrer Hüfte aufregen sollte. Was hätte eine normale Mediale getan? Wäre eine normale Mediale überhaupt in so eine Situation geraten? Sie hatte keine Ahnung!
Die Hand glitt nach oben, bis sie auf ihrer Taille lag.
„Aufhören.“
„Warum?“
„Dieses Verhalten ist völlig inakzeptabel.“ Sie sprach jedes Wort mit Absicht ganz ruhig aus – die einzige Möglichkeit, wie sie gegen das ankämpfen konnte, was er gerade in ihr auslöste. Sie stand kurz davor, von diesen ungewohnten Empfindungen abhängig zu werden, sodass die Fantasien, denen sie sich in ihren Träumen hingegeben hatte, schon in den Wachzustand hineinreichten.
Er wich sofort zurück. „Sie hören sich an wie eine Mediale.“
„Wie sollte ich denn sonst klingen?“
Lucas sah in Saschas nachtschwarze Augen, die in der Dunkelheit ein wenig unheimlich wirkten, und sagte: „Nach mehr. Ich würde mehr erwarten.“ Er ging weiter, bevor sie antworten konnte. „Folgen Sie mir.“
Er zweifelte schon daran, ob es wirklich klug gewesen war, sie zu seinem Versteck zu bringen. Wie es aussah, war es eine riesengroße Dummheit. Aber er hatte sich nicht davon abhalten können, denn die Instinkte, die ihn trieben, waren älter als menschliche Gedanken. Der Panther wollte sie in seinem Territorium haben.
Als er von unerklärlichen Impulsen zum Parkplatz getrieben wurde und sie dort vorgefunden hatte, dachte er, dass er nun endlich die wahre Sascha kennenlernen würde. Und nun verhielt sie sich so, dass er glaubte, diese existierte nur in seinem Kopf.
Hatte er sich von Anfang an in ihr getäuscht?
Ein verborgener Pfad führte in die Nähe des Verstecks. Die meisten Leute achteten nicht auf eine Gefahr von oben. „Wie hoch können Sie springen?“
Sie sah auf. „Ein Baumhaus?“
„Ich bin ein Leopard. Ich klettere.“ Selbst in menschlicher Gestalt konnte er höher und weiter springen und schneller klettern als jeder Mensch und die meisten anderen Gestaltwandler. Das hatte ihn unter anderem zum Alphatier gemacht, deshalb war er von Geburt an ein Jäger.
„Ihr Heim liegt sehr weit entfernt von Ihren Geschäften.“
„Ich habe eine Stadtwohnung, wenn ich unter Zeitdruck bin. Auf geht’s.“
„Kommt man nicht anders hinauf?“ Sie schaute auf den glatten Stamm des hohen Baumes, in dessen Zweigen sein Versteck lag. Wie die meisten Bäume der Umgebung wuchs er pfeilgerade empor. Aber im Gegensatz zu den Nadelbäumen hatte er eine eindrucksvolle Krone, die sich in alle Richtungen ausbreitete und kein Sternenlicht hindurchließ.
„Leider nicht. Sie müssen sich festhalten.“ Er drehte ihr den Rücken zu.
Nach etwa einer Minute fühlte er, wie sich zwei zarte Hände auf seine Schultern schoben, und er hätte vor Erleichterung beinahe losgelacht. Ihre Handlungen verrieten mehr über sie als der frostige Tonfall. Sein armes Kätzchen war verängstigt und verhielt sich auf die einzige Art, die es kannte.
Er hatte mehr mit ihrer Rasse zu tun gehabt, als sie
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