Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
kennengelernt?“
„Ein paar. Nicht immer die, die ich wollte. Wann verwebst du dich?“
„Bald, noch dieses Jahr. Wahrscheinlich irgendwann um die Wintersonnenwende. Meine Toorh hat ihren vayyon schon hinter sich. Die Lage war ziemlich gespannt zu Hause.“
„Hm. Und ich bin noch eine ganze Weile frei … so wenig mir das auch nützen wird. So – wenn du auf vayyon bist, dann bist du also auch ein Toorh .“
„Genau: vom Aspekt Feuer. Und du, Sanjirmil?“
„Ich auch – beides, genau wie du. Das ist sehr gut.“
„Für dich nicht unbedingt. Du bist noch zu jung.“
„Ach ja? Für was denn? Woran hättest du gedacht?“
Morlenden sah für einen Augenblick von dem angespannten Gesicht weg. Während der ganzen Zeit, die er auf seiner langen Wanderung gewesen war, hatte er jede Möglichkeit gedreht und gewendet, hatte er nach dem Erguß, dem Strömen, dem Ansturm der einen wundersamen Bewegung gesucht. Jetzt spürte er den Sog allerdings, die Ziehkraft einer starken Strömung; und beide vom Aspekt Feuer, mit einem starken Willen begabt. Er konnte diese treibende Kraft nur in einer Weise interpretieren: Daß sie beide für etwas, das da kommen sollte, kämpften, ob sie es nun vor sich selbst zugaben oder nicht. Er warf abermals einen flüchtigen Blick auf sie, aus dem Augenwinkel heraus, sah die warme Honigfarbe ihrer Haut, die Maserung dort, wo darunter die Muskeln verliefen. Sie war dünn, aber drahtig, knochig und stark; er konnte ihre Schönheit, ihre erdhafte, sinnliche Sexualität nicht leugnen; es war etwas Wildes in ihr, etwas Verzweifeltes. Das zerknitterte, ungeflickte Überhemd. Im Gegensatz dazu glaubte er aber auch, daß diese Sanjirmil nicht genau das war, wofür er auf dem ganzen Reservat herumgelaufen war. Verschlagen fügte er bei sich selbst noch hinzu, daß er, wenn er schon soweit war, daß er Dreizehnjährige belästigte, einige, die es viel näher bei Hause gab, vielleicht vorgezogen hätte. Dieser Gedanke kam ihm nach reiflicher Überlegung. Es kamen ihm auch noch andere Gedanken. Morlenden sagte sich, daß sie eigentlich nicht sein Typ war, daß er amouröse Abenteuer mit Mädchen vorzog, die sich zu ihrem Rendezvous Blumen ins Haar steckten, die weicher und runder waren … aber er wußte wirklich nicht, wie er sich auf taktvolle Weise von dem eifrigen, ernsten Gesicht vor ihm befreien sollte.
„Nein“, sagte er, „ich hatte an nichts Spezielles gedacht; außer selbst morgen nach Hause zu gehen. Wie du zweifellos bereits erraten hast, führt das vayyon zu wenigen der Abenteuer, die es zu versprechen scheint. Das wirst du auch noch merken; aber vielleicht bist du ja auch auf dem Gebiet frühreif.“
Jetzt sah sie zur Seite, traurig, wie er fand, als ließe sie noch einmal irgendein schmerzliches inneres Wissen an sich vorüberziehen. Dann wandte sie sich wieder ihm zu und fixierte ihn noch einmal mit diesem merkwürdigen blinden und doch durchdringenden Blick. „Nein …“, sagte sie, „frühreif nicht. Aber ich kenne das. Deshalb machen wir es nicht; keiner von den Spielern. Es gibt Dinge, die wir aufgeben müssen. Das vayyon ist eines von ihnen. So bekommen wir unseren kleinen Schuß Freiheit früher, Morlenden.“
„Und später?“
„Wir sind die Spieler des Großen Lebensspiels; wir tun Dinge, von denen andere nicht einmal träumen … sogar jetzt kann ich einige davon tun …“ Ihre Stimme verlor sich; mit den Händen machte sie merkwürdige, fingernde Bewegungen. Sie wurde befangen und rieb sich nervös die Hände, als sei sie im Begriff, zuviel zu sagen.
Morlenden wußte nur zu gut, daß es in der Welt der Ler zwei Weben mit den berühmten Spielern gab und daß ihre Linie von Anfang an zu einem ganz bestimmten Zweck aufrechterhalten worden war, der aller Vernunft Hohn sprach, denn die Spieler taten nichts, um sich in das kunstvolle Beziehungsgefüge der Ler-Gesellschaft zu integrieren, außer daß sie gelegentlich mit ein paar Gartenerzeugnissen Tauschhandel trieben. Sie taten nichts, als mit der konkurrierenden Webe das Große Spiel zu spielen. Sie waren wunderlich und verschlossen, und auf Fragen antworteten sie nicht. Die meisten verdrängten sie aus ihren Gedanken, denn das Spiel war geistiger Natur und hatte wenige Partisanen. Plötzlich fühlte er sich sehr unsicher.
Sanjirmil fuhr fort: „Ja, und wir …“ Sie hielt inne und biß sich auf die Unterlippe. „Ja, so ist das. Das also machen wir. Aber ich darf darüber nicht mit dir sprechen. Bitte
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