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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Herr, ich habe ein Herz, ich dachte: da soll einer hereinspringen, Vorsicht! Das ist ein anständiger Kerl, der nicht auf die Ordnung achtet. Kein Musterjunge. Kein Bursche mit Blei im Hintern, nicht so ein Stucker, Streber. Das ist ein ehrenwerter Faulpelz, der spazierengeht, etwas für die Natur übrig hat, der Kultur der Grisetten dient, den Schönen den Hof macht und vielleicht eben bei seiner Mätresse liegt. Retten wir ihn. Nieder mit Blondeau!
    Der hatte jetzt die Feder eingetaucht, ließ seine Tigeraugen durch das Auditorium schweifen und rief zum drittenmal: Marius Pontmercy! Da antwortete ich: ›Hier!‹ Und dadurch sind Sie auf der Liste geblieben.«
    »Herr!« rief Marius.
    »Dafür bin ich gestrichen worden«, versicherte Laigle aus Meaux.
    »Das versteh ich nicht.«
    »Nichts einfacher als das. Ich saß ganz vorn. Der Professor stierte mich an. Dieser Blondeau scheint eine Nase zu haben. Plötzlich springt er von P auf L über. L ist mein Buchstabe. Ich bin aus Meaux und heiße Lesgle.«
    »Laigle«, unterbrach Marius, »welch schöner Name!«
    »Kurz, dieser Blondeau kommt zu meinem schönen Namen und ruft: ›Laigle!‹ ›Hier!‹ rufe ich. Blondeau betrachtet mich mit jener Güte, die den Tigern eigentümlich ist, lächelt und sagt: ›Wenn Sie Pontmercy sind, sind Sie nicht Laigle.‹ Das ist eine Feststellung, an der Ihnen nichts liegen kann, für mich aber war sie unangenehm. Ich wurde gestrichen.«
    »Aber, mein Herr, ich hin außer mir!«
    »Vor allem«, unterbrach Laigle, »erbitte ich von Ihnen die Erlaubnis, über Herrn Blondeau einige Worte des Lobes äußern zu dürfen. Ich nehme an, daß er tot ist. Bei seiner Magerkeit und Blässe, bei seinem Geruch hat er nicht viel zu leisten, um diesenletzten Schritt zu tun. Und darum sage ich: Erudimini qui judicatis terram! Hier ruht Blondeau, Blondeau die Nase, Blondeau Nasica, der Disziplinochse, bos disciplinae, die Säule der Ordnung, der Engel der Namensverlesung, der gerecht, rechtschaffen, pünktlich, ehrenwert und abscheulich war. Gott hat ihn von der Liste gestrichen, wie er mich strich.«
    »Aber ich bin verzweifelt …«
    » Junger Mann«, sagte Laigle aus Meaux, »möge Ihnen dies eine Lehre sein, gehen Sie in Hinkunft pünktlicher ins Kolleg.«
    »Ich bitte tausendmal um Entschuldigung!«
    »Setzen Sie sich in Zukunft nicht der Gefahr aus, daß Ihr Nächster gestrichen wird.«
    »Ich bin verzweifelt …«
    »Und ich bin entzückt«, erwiderte Laigle. »Schon war ich im Begriff, jenen Abhang hinunterzurollen, an dessen tiefster Stelle man Advokat wird. Diese Streichung rettet mich. Ich entsage den Triumphen der Advokatur! Ich werde weder Witwen verteidigen, noch Waisen schädigen. Adieu, Toga, adieu, lange Konzipientenzeit! Das verdanke ich Ihnen. Selbstverständlich werde ich Ihnen eine feierliche Dankvisite abstatten. Wo wohnen Sie?«
    »In diesem Kabriolett.«
    »Ein Zeichen von Verschwendungssucht«, erwiderte Laigle ruhig. »Ich gratuliere. Dieses Zimmer kostet neuntausend Franken jährlich.«
    In diesem Augenblick trat Courfeyrac aus dem Café.
    Marius lächelte traurig.
    »Ich bin erst vor zwei Stunden hier eingezogen und hoffe bald wieder heraus zu können; es ist die alte Geschichte, ich weiß nicht, wo ich hin soll.«
    »Kommen Sie zu mir«, schlug Courfeyrac vor.
    »Ich habe ältere Rechte«, bemerkte Laigle, »aber ich kann sie nicht geltend machen, da ich selbst keine Wohnung habe.«
    »Schweig doch, Bossuet!« erwiderte Courfeyrac.
    »Bossuet?« fragte Marius, »ich dachte, Sie hießen Laigle.«
    »Laigle aus Meaux; nur metaphorisch Bossuet.«
    Courfeyrac stieg in den Wagen.
    »Kutscher«, rief er, »Hôtel de la Porte-St.-Jacques!«
    Und am selben Abend bezog Marius in jenem Hotel das Zimmer neben Courfeyrac.
Marius wundert sich
    Schon nach wenigen Tagen war Marius Courfeyracs Freund. Die Jugend ist die Zeit rascher Brüche und schneller Heilungen. Bei Courfeyrac konnte Marius frei aufatmen, und das war ihm neu. Man fragte ihn nichts. Er brauchte nicht an irgend etwas zu denken. Übrigens sagen ja in diesem Alter die Gesichter alles. Worte sind unnütz.
    Eines Morgens fragte Courfeyrac ihn unvermittelt:
    »Apropos, haben Sie eigentlich eine politische Meinung?«
    »Na, wissen Sie«, meinte Marius fast beleidigt.
    »Was sind Sie denn?«
    »Bonapartistischer Demokrat.«
    »Die Farbe der Mäuschen, die sich nicht mehr vor der Katze fürchten«, meinte Courfeyrac.
    Und am nächsten Tag führte er ihn im Café Musain

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