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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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klettere nach, und zum Schluß hüpft der Kater, der die ersten Manöver am Boden sitzend zu verfolgen pflegt, zuerst auf mich, dann eine Etage höher auf den Sohn, dann auf die Tochter, und endlich auf den Baum. Mit Hilfe seiner menschlichen Kletterbäume ist er so immer als erster oben, und mir scheint, das macht ihm Spaß.
    Mir scheint, es macht ihm Spaß. Wissen tue ich auch das nicht.
    Manche Menschen glauben zwar, eine Katze kenne die Menschen besser als sich die Menschen untereinander kennten. Ich glaube, das rührt von den Selbstgesprächen her, die viele einsame Menschen mit ihren Katzen führen. Solch ein Pfotenherr ist ja geradezu vorherbestimmt für traute Aussprachen mit sich selbst. Ein geliebtes Tier kann sogar besser zuhören als ein geliebter Mensch; das Glück und der Jammer, die Fragen und die zweifelnden Antworten, die man sich selbst gibt, sind bei diesem meist stummen Zuhörer am besten aufgehoben. Und weil es dem Menschen guttut, etwas über sich selbst von sich selbst zu erfahren, gedenkt er dankbar des stillen Partners. Und so wird aus einem schnurrenden Fellknäuel auf dem Schoß in der Phantasie ein menschlich reagierendes Wesen. »Mein Psychiater frißt Lunge«, sagte eine Dame, mit der ich schon lange verbunden bin und die daher dringend solche Aussprachen braucht.
    Manchmal – es ist aber seltener der Fall, als wir Katzennarren es wahrhaben wollen – decken sich Zuneigung oder Abneigung einer Katze zu einem neu in ihren Schnupperkreis auftauchenden Menschen sogar mit den (meist späteren) Einsichten und Ansichten ihrer menschlichen Ofenkameraden über diesen Neuling. Dann steigt ein Jubelruf auf zum Ruhmestempel der Katzen: »Die Mieze hat’s gleich gewußt! Die braucht nur zu schnuppern und sich einen Menschen anzusehen, dann weiß sie, was das für ein Kerl ist!«
    Schön wär’s ja. Doch leider kenne ich einen ruppigen Katzenfeind, dessen Körpergeruch auf viele Katzen berauschend wirken muß, denn sie versuchen sogar an ihm hochzuklettern, um seine Ausdünstungen möglichst konzentriert in die Nase zu bekommen. Wenn eine Katze einen abgelegten Rock von ihm findet, dann wälzt sie sich über den Stellen, wo der Achselschweiß die Ärmelansätze durchtränkt hat. Der Mann macht sich aber eine Freude daraus, die in einer Geruchsorgie schwelgenden Katzen grob zu verjagen. Die Katzen, die keinen Zusammenhang sehen zwischen dem Geruch und dem Mann, springen dann entsetzt zur Seite, doch nicht alle lernen aus dem Erlebnis, manche schleichen zurück und werden nochmals verjagt.
    Wenn es einen Instinkt der Katzen für gute und für böse Menschen gäbe, wäre das nicht möglich. Andererseits können der Körpergeruch oder das Blumenparfüm des einzelnen Menschen aber auch nicht ausschlaggebend sein für die Zuneigung oder die Abneigung einer Katze, denn alle Katzen, die näher zu kennen ich die Ehre hatte, entschieden sich offenbar schon, wenn ein Fremder zur Tür hereinkam, ob sie sich diesem Menschen bald, zögernd oder gar nicht nähern würden. Der Schnupper-Kontakt, mit leicht vorgestrecktem Hals und geblähtem Näschen, den die meisten Menschen überhaupt nicht bemerken, weil die Katzen unhörbar schnüffeln, kommt fast immer viel später, wenn die Katzen ein wenig Vertrauen zu dem Fremden gefaßt haben. Vom Katzenstandpunkt aus zeitweise gut parfümierte Damen werden allerdings heute umschmust und morgen nicht angesehen. Ein Katzenfreund, der nicht »richtig« riecht, hat es auf jeden Fall schwer; er muß sich ein halbes Leben lang um die Gunst der Katzen bemühen, bis er endlich ein Tier findet mit einer so ausgefallenen Nase, daß es sich bei dem von der übrigen Katzenwelt mißachteten Menschen wohl fühlt.
    Glücklicherweise nimmt eine Katze aber auf der Suche nach Wärme und Futter auch mit den für weniger angenehm duftenden menschlichen Zeitgenossen diplomatische Beziehungen auf. Zwar haben alle Katzen, bei denen ich jemals gewohnt habe, in einer Futter- und Seelensymbiose mit meiner Frau zusammengelebt, doch wenn meine Frau einige Tage fort ist, so darf ich ungefähr vom zweiten Tag an ihre Stellung einnehmen als Wärmeflasche und als Futtertrog. Ich werde natürlich nicht so liebenswürdig umschnurrt und belagert wie die vertraute menschliche Freundin, doch immerhin werden mir dann Freundlichkeiten zuteil, die ich sonst nur neidvoll beobachten darf.
    Deshalb bin ich sehr dafür, daß die katzenkundigen Menschen nicht nur über den angenehmen Umstand nachdenken, warum sie

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