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Lesereise Kulinarium - Spanien

Lesereise Kulinarium - Spanien

Titel: Lesereise Kulinarium - Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Natürlich stellt auch der Marktleader einige Spitzen- Cavas her, »und unser technologischer Vorsprung«, heißt es, »garantiert auch bessere Qualität«; aber das Gros macht doch die billige Massenproduktion aus. Man muss hinuntersteigen in die Kelleranlagen gleich gegenüber dem Bahnhof Sant Sadurní: Da führt eine modrige Treppe, lang und steil wie in der Moskauer U-Bahn, zunächst in den ältesten, höhlenartigen, aus dem Gestein herausgemeißelten Teil. Weiter geht es in die aus den zwanziger Jahren stammenden Gewölbe, dann in die Betonerweiterung aus den siebziger Jahren und schließlich in den 1999 eröffneten, wie von Piranesi ersonnenen, über sieben unterirdische Geschosse verteilten Keller: Über zweihundert Millionen Flaschen lagern hier insgesamt, von enormen Robotern millimetergenau eingepasst. Womöglich noch eindrücklicher sind die Produktionsanlagen, die jahrein, jahraus pro Sekunde ungefähr fünf Flaschen cava abfüllen, verkorken und für den degüelle der Heferückstände wieder entkorken, erneut verschließen, verdrahten und verkapseln, waschen, etikettieren und für den Versand verpacken. Aus den Unterlagen von Freixenet geht hervor, dass die Firma über hundert Länder beliefert. Im Jahr 2000 gingen auch neunhundertsechzig Flaschen nach Bangladesh, vierundachtzig nach Kamerun. Da kann man sich, inmitten der vorbeiratternden Bouteillen, schon eher wieder vorstellen, dass letztlich jede Flasche cava ihre eigene Geschichte hat.
    Markus Jakob

Andalusisches Eis
In der Heladería La Fiorentina in Sevilla
    Spanier mit einem Faible für Italien sind eher selten. Joaquín Liria jedoch hegt allein schon von Berufs wegen eine gewisse Affinität zum Apennin und zur Sprache seiner Bewohner. Seine Gespräche mit Kunden garniert der ideenreiche Eiskonditor aus Sevilla regelmäßig mit ein paar Brocken Italienisch, wobei auffällt, dass er helado , das spanische Wort für Speiseeis, stets durch den italienischen Ausdruck »gelato« ersetzt. Diese sympathische Marotte freilich passt hervorragend zur Heladería La Fiorentina, die Joaquín Liria seit vierzehn Jahren in der Altstadt der andalusischen Metropole betreibt.
    Auf den ersten Blick wirkt die Eisdiele in der schmalen Zaragoza-Gasse wie tausend andere ihrer Art. Im Angebot sind, im Becher oder in der Waffel serviert, natürlich die immer schon beliebten Klassiker Erdbeer, Schokolade und Vanille. Schaut man sich allerdings ein wenig genauer in dem kleinen Eckladen um, so beginnt man unverzüglich zu staunen. An den Wänden des Eiscafés hängen jede Menge Diplome, Fotos und Zeitungsausschnitte, die verraten, dass sein Besitzer kein gewöhnlicher Eismann und sein Angebot etwas ganz Besonderes ist. Auch die hoch hinter der Theke angebrachte Tafel, an der die angebotenen Speiseeisvariationen und die dazugehörigen Preise angeschlagen sind, offenbart Kurioses. Dolce acre, Dulce de Romero und Dulce de Palmera nennen sich einige der ausgefallenen Kreationen, die nur hier erhältlich sind. Welche Geschmacksrichtungen sich hinter ihren mysteriösen Bezeichnungen verbergen, kann auch derjenige, der des Spanischen mächtig ist, höchstens erahnen.
    Nach näheren Einzelheiten befragt, gerät Joaquín Liria rasch ins Schwärmen. Die Geheimnisse seiner cremigen Kugeln aber gibt er nicht ohne weiteres preis. Vielmehr schlüpft er mit kindlicher Freude zunächst einmal in die Rolle des Conférenciers, der mit seinen Kunden kleine Ratespiele treibt. »Hier, versuchen Sie mal!«, fordert er den Eisfreund auf und reicht ihm ein Löffelchen mit einer winzigen Testportion. »Und? Was schmecken Sie?« Ein wenig zögerlich, aber durchaus angetan lässt die Versuchsperson sich die schmantige Substanz auf der Zunge zergehen. Einen Hauch von Öl?
    Joaquín Liria strahlt, bewundert die feinen Geschmackspapillen seines Gegenübers. Hinter dem Namen Dolce acre verbirgt sich tatsächlich die gewagte Mischung aus Sahne, andalusischem Olivenöl und Orangenblüten. Ebenso ungewohnt, doch nicht weniger köstlich schmecken Lirias Kombinationen aus Olivenöl, schwarzem Pfeffer und Schokolade, sein Rosmarineis, die Sorten aus Vanille und Sherry-Essig, aus Algen und Limonen, die pestiño genannte Zusammenstellung aus Milch, Honig, Sesam, Anis und Nelke – lauter eigene Erfindungen, bei denen der Eiskonditor hauptsächlich auf regionale Produkte aus seiner andalusischen Heimat zurückgreift und die ihm das Privileg eingebracht haben, jedes Jahr ein Eisdessert für das Alfonso XIII.,

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