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Lesereise Kulinarium - Spanien

Lesereise Kulinarium - Spanien

Titel: Lesereise Kulinarium - Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Consuegra, Madridejos und Urda.
    »Safran macht den Kuchen gel«, heißt es in einem Kinderreim. Doch vorerst hat er die Finger von Bäuerin María mit einem goldgelben Firnis überzogen. Seit Stunden schon sitzt María zusammen mit einem halben Dutzend Freundinnen in der Küche und zupft Berge von Blüten. Herrlich duften die Blumen, doch dafür haben die Frauen keinen Sinn. Mit routinierten Bewegungen spreizen sie die Kelchblätter und knipsen die drei ziegelroten Narben heraus, nach deren Farbe das Gewürz als »rotes Gold« bezeichnet wird. Der Rest ist Abfall, bedeckt als dicker violetter Teppich nun den Fußboden. Aus dem Backofen, wo die Fäden bei etwa fünfzig Grad getrocknet werden, strömt ein honigsüßer Duft.
    María ist routiniert genug, um während der Arbeit von der Bedeutung der Krokuspflanze zu erzählen, die man in Spanien respektvoll Rosa del Azafrán , also Safranrose nennt. Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Der Grammpreis des roten Goldes liegt zuweilen über dem des gelben Edelmetalls. Bis zu zweihunderttausend Blüten braucht es, um ein Kilogramm der orangeroten Fäden zu ernten. Doch vor dem Zupfen stehen Anbau und Ernte. »Alles wird von Hand gemacht. Maschinen würden die zarten Pflanzen zerquetschen«, so María. Jeden Morgen müssen die über Nacht durch die Erde gebrochenen Blumen vorsichtig gepflückt und in Körben gesammelt werden. »Safran macht den Rücken krumm«, lacht María und fasst sich ins schmerzende Kreuz.
    Im Mittelalter stand auf Safran-Fälscherei der Tod. Noch heute wird gern geschummelt, denn der Kilopreis für den Endverbraucher beträgt bis zu fünfzehntausend Euro. Paprikapulver, Gelbwurz oder gemahlene Ringelblumen werden den Kunden mitunter für teures Geld untergeschoben. In der Mancha sorgt eine Denominación de Origen dafür, dass nur echter einheimischer Safran sich als solcher ausweisen darf.
    Safran hat ein apart-zartbitteres Aroma, das feines Backwerk ebenso veredelt wie Fleisch- und Fischgerichte. Safran darf bei der paella ebenso wenig fehlen wie im Risotto. Übrigens ist Safran nicht nur als Küchenzutat berühmt, sondern wird im Orient auch als Heilmittel verwendet. Die Spezerei wirkt magenstärkend und appetitanregend, löst Krämpfe und stärkt die Nerven. Gerüchte besagen, auch das Liebesverlangen würde gesteigert. »Und gegen die Motten hilft Safran auch. Deshalb haben sich wohlhabende Leute früher Safransäckchen zwischen die Wäsche gelegt«, erklärt María das alte spanische Sprichwort: Wer reich ist, riecht nach Safran.
    Nur rund zwei Wochen, je nach Witterung zwischen Mitte Oktober und Mitte November, dauert die Safranernte in La Mancha. Höhepunkt der Episode in Lila ist die Fiesta de la Rosa del Azafrán in Consuegra, die stets am letzten Wochenende im Oktober gefeiert wird. Trachtengruppen tanzen, Kapellen spielen schmissige Märsche und Paso Dobles, Kinder und Erwachsene beteiligen sich eifrig am öffentlichen Wettzupfen, Profiköche rühren in gigantischen Pfannen paella und Kaninchen in Safransoße an.
    Plötzlich reitet ein hagerer Ritter auf seinem Klepper durch das Festgetümmel, im Gefolge einen gemütvollen Dicken auf einem Esel. Kein Zweifel ist möglich: Don Quijote und Sancho Pansa feiern bei der fiesta mit. Kein Wunder, denn Consuegra mit seiner Phalanx von Windmühlen bildet die rechte Kulisse für den Auftritt des Ritters von der traurigen Gestalt.
    »En un lugar de la Mancha«, irgendwo in der Mancha also, lässt Miguel de Cervantes seinen Roman beginnen und schickt den Leser auf eine vage Entdeckungsreise auf der »Ruta de Don Quijote«. Relativ gesichert ist allein, dass Cervantes seinen berühmten Roman in Argamasilla de Alba verfasste. Als Schreibstube diente eine Gefängniszelle, wo der Autor von 1601–1603 wegen angeblicher Steuerhinterziehung einsaß. In der Pfarrkirche San Juan hängt noch immer das Bildnis jenes verwirrten Don Rodrigo Pacheco, der das Vorbild für den Quijote abgegeben haben soll. Wer sich auf die Suche nach dem Cervantes-Gefängnis macht, wird in den Innenhof des Kulturhauses gelassen und muss in den Keller hinabsteigen. Der »Kerker« ist ein dekorativ-rustikal eingerichtetes Gewölbe: eine mit Strohteppich ausgelegte Koje, grober Tisch nebst Bank und Hocker, an der Wand Barbierbecken, Lanze und Schwert à la Quijote.
    Nur wenige Kilometer von Argamasilla de Alba entfernt wird man von der Schönheit der Lagunas de Ruidera überwältigt, von denen es bei Cervantes heißt, es seien vom

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