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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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zu teilen, und das Glück, den Kindern beim gemeinsamen Spiel zuzusehen. Tagsüber arbeitete Matilda an Cissys Seite, und abends nähten sie Kleider für die Kleinen, während John immer an einem neuen Möbelstück schreinerte. Jeden Tag sprach er davon, das Haus zu vergrößern und richtige Schlafzimmer anzubauen, sodass Matilda den Eindruck gewann, er wollte sie alle für immer beherbergen.
    Die meiste Freude hatte Matilda jedoch an Amelia. Sie war ein so glückliches und zufriedenes Baby, das pausenlos lächelte und vor sich hin plapperte. Nachts stand Matilda oft an ihrer Wiege und beobachtete sie einfach nur beim Schlafen. Sie hatte schwarze, lange dichte Wimpern und dunkelblaue Augen, und ihr Haar war so dunkel und lockig wie das von Giles. Wenn sie ihr Kind so betrachtete, wusste sie jedoch, dass Giles sich mehr für Amelia und Tabitha gewünscht hätte, als halb wild in einer Holzhütte aufzuwachsen.
    Giles und Lily hatten beide viel über Tabithas Zukunft gesprochen. Sie hatten eine gute Schule für sie finden wollen, sobald sie das elfte Lebensjahr erreicht hatte. Tabitha war sehr intelligent, und ihren früheren Wunsch, Ärztin zu werden, hatte sie nicht aufgegeben. Matilda glaubte nicht, dass es Frauen gestattet war, diesen Beruf auszuüben – zumindest hatte sie noch nie eine Ärztin getroffen –, aber sie wusste, dass Tabitha erst eine gute Ausbildung erhalten musste, bevor sie eine solche Karriere anstreben könnte.
    »Wie um alles in der Welt willst du das Geld dafür auftreiben?«, sagte sie laut.
    Neulich war ein Brief von den Milsons aus England angekommen, den die Treagars nach Oregon weitergeleitet hatten. Matilda war schockiert gewesen, dass Giles’ Vater so wenig Trauer und Mitleid zeigte. Er erwähnte seinen Sohn nur kurz und tat kurzerhand Matildas Vorschlag ab, als Tabithas Vormund zu handeln. Dies ist zwar sicher gut gemeint, hatte er geschrieben, ist aber wohl unangebracht. In New England gibt es ein Waisenhaus für die Kinder von Geistlichen, das sicher das ideale Zuhause für Tabitha ist. Dort kann sie eine gute, christliche Ausbildung genießen.
    Matilda hatte den Brief verbrannt, ohne Tabitha davon zu erzählen. In ihren Augen war es besser für das Kind zu glauben, er sei verloren gegangen oder ihre Großeltern wären gestorben, als die Wahrheit zu erfahren. Da von Lilys Eltern kein Brief gekommen war, nahm sie an, dass die Woodberrys sich noch weniger um Tabithas Zukunft sorgten. Doch mischte sich in ihre Wut auf die beiden Familien auch Erleichterung, denn wenigstens musste sie das Kind nicht fortgeben.
    Cissy und John waren glücklich, sie und die Kinder bei sich zu haben. Dennoch konnte Matilda nicht für immer hier bleiben, es erschien ihr nicht richtig, auch wenn sie für Wohnung und Essen ihren Beitrag an Arbeit leistete.
    Aber was konnte sie tun, um unabhängig zu sein? Sie hatte nur vierzig Dollar vom Verkauf der Ochsen, das war alles. Ihr Traum, Lehrerin zu werden, war geplatzt, nachdem sie vor einiger Zeit Erkundigungen in Portland eingezogen hatte. Diese Jobs wurden nur an unverheiratete Frauen vergeben, und sie verdienten so wenig, dass sie bei ihren Familien leben mussten. Es würde sie auch keiner mehr als Dienstmädchen oder Haushälterin beschäftigen, weil sie eigene Kinder hatte.
    »Du warst den ganzen Tag so seltsam«, bemerkte Cissy später mit vorwurfsvoller Stimme, als sie gemeinsam das Abendessen vorbereiteten. »Stimmt etwas nicht?«
    Matilda wusste, dass sie keine Ruhe geben würde, bis sie erfahren hatte, was ihre Freundin beschäftigte, und deshalb erzählte sie, was ihr auf der Seele lag. Sie hatte fürchterliche Angst, Cissy wehzutun, doch sie überraschte Matilda, indem sie zustimmte.
    »Mir ging es damals im Waisenhaus ähnlich«, bekannte sie. »Wenn man ein Kind bekommt, möchte man zuerst nur in Sicherheit sein und ernährt werden. Aber später wollte ich mehr, vor allem ein eigenes Heim. Vielleicht sollten wir nach einem Mann für dich Ausschau halten.«
    »Es wäre keine Lösung für mich, wenn ein Mann nach mir und den Kindern sehen würde«, entgegnete Matilda aufgebracht. »Ich möchte ein eigenes Leben haben.«
    »Was willst du denn sonst tun?«, erwiderte Cissy und stemmte die Hände in die Hüften. Ihre Augen blitzten verärgert.
    »Ich weiß es nicht, Cissy. Wahrscheinlich bin ich nur so gereizt, weil ich keine Ahnung habe, wie ich Geld verdienen könnte. Wie soll ich meinen Kindern jemals eine gute Ausbildung ermöglichen?«
    Cissy

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