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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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würde genießen können.
    Sie erhielt jede Woche einen Brief von Tabitha, und meist hatte auch Cissy ein Blatt beigelegt, was bewies, dass sie ernsthaft lernte. Amelia hatte angefangen zu laufen, doch es gelang ihr nur, solange sie sich an etwas festhalten konnte. Sie hatte ein paar neue Zähne und aß jetzt am liebsten ohne Hilfe, wobei sie gewöhnlich ein heilloses Chaos anrichtete. Sidney war nicht sehr glücklich im Sägewerk. Cissy nannte den neuen Besitzer einen »Miesling«, weil er dem Jungen keine neuen Fertigkeiten beibrachte, sondern ihn als einfachen Arbeiter missbrauchte, sodass Sidney nur Holz hin und her schleppte.
    Seit neuestem gehen wir in die Kirche, schrieb Cissy, denn das bietet mir eine hervorragende Ausrede, öfter einen neuen Hut zu kaufen. Die Briefe verrieten Matilda, dass es ihrer Freundin viel besser ging.
    Tabithas Briefe waren voller kleiner Details ihres gemeinsamen Lebens, von denen Cissy nicht berichtete. Treacle hatte mit einer Hündin eine ganze Gruppe Welpen gezeugt. Peter kam in der Schule sehr gut zurecht. Unter seinen gleichaltrigen Mitschülern konnte er am besten lesen, und er hatte einen Freund gefunden, der Tom hieß. Tabitha erzählte, wie Susanna in ihre Bücher schaute und vorgab, lesen zu können, obwohl das Buch meist auf dem Kopf stand. Was Matilda aber am meisten an Tabithas Briefen freute, war ihre offensichtliche Zufriedenheit mit ihrem neuen Leben. Sie erzählte von den Geschäften und davon, wie sie dem Hufschmied bei der Arbeit zugesehen hatte, von ihren Spaziergängen am Flussufer, ihrem Lehrer und all den Dingen, die sie gelernt hatte. Es war eindeutig: Sie war glücklich und zuversichtlich.
    Die Tage konnten für Matilda gar nicht lang genug sein. Von den frühen Morgenstunden bis in die Nacht war sie damit beschäftigt, Möbel und Accessoires auszuwählen. Sie traf sich mit Künstlern und Akrobaten und hielt nach geeignetem Personal Ausschau. Es gab schrecklich ängstliche Momente, wenn bestelltes Baumaterial nicht geliefert wurde, Ärger, wenn minderwertiges eintraf, und Enttäuschung, wenn Henry und Simeon mit dem Verlauf des Baus unzufrieden waren.
    Jeder Tag bescherte ihr neue Ängste und Probleme, und obwohl Zandra sie stets daran erinnerte, dass sie vier Partner hatte, mit denen sie die Probleme teilen und lösen konnte, fühlte Matilda sich für alle Pannen allein verantwortlich.
    Doch so erfüllt ihr Leben war und so aufregend ihr die Zukunft erschien, verließ sie die Sehnsucht nach ihren Kindern in keiner Minute. Oft hatte sie schreckliche Schuldgefühle und fürchtete, eine schlechte Mutter zu sein. Das veranlasste sie dann dazu, noch mehr zu arbeiten, um ihr Tun zu rechtfertigen.
    Es war Zandra, die sie eines Abends Anfang April, eine Woche vor der großen Eröffnungsfeier des Unterhaltungspalastes, darauf ansprach.
    Der äußere Bau von London Lil’s war abgeschlossen. Das Gebäude stand stolz auf dem Hügel und erinnerte an die großartigen Herrenhäuser der Plantagenbesitzer in den Südstaaten. Es war weiß gestrichen, und das Dach war mit grünen Ziegeln gedeckt. Die Balustrade der Veranda und die Fensterrahmen waren rot bemalt, und man konnte das Haus meilenweit sehen.
    Im Inneren übte bereits täglich einer der Künstler, der angestellt worden war, um einige Straßenszenen aus London nachzustellen, die er einem von Zandras Büchern entnahm. An der gesamten rechten Seite des Innenraumes war eine Bar mit großen Spiegeln dahinter errichtet worden. Die linke Seite diente als Tanzfläche. Eine breite Treppe führte zu einer schmalen Galerie, die denjenigen, die einen Tisch reserviert hatten, eine bessere Sicht auf die Bühne bot. Außerdem konnte Matilda von hier aus das gesamte untere Stockwerk gut im Blick behalten. Hier gab es auch zwei kleine Räume, die für privates Pokerspiel gedacht waren. Eine weitere Tür führte in Matildas Apartment, das aus vier Zimmern und einer kleinen Küche bestand.
    »Schließ die Bücher, komm rüber, und leg die Beine hoch«, befahl Zandra. Wieder einmal hatte sie ihre Freundin dabei erwischt, wie sie abends bei Kerzenlicht mit besorgtem Gesicht über den Büchern saß.
    »Ich kann nicht, ich habe keine Zeit«, lehnte Matilda mit matter Stimme ab. »Wir liegen mit unseren Kosten weit über dem Budget. Ich muss den genauen Betrag errechnen, um ihn Charles mitzuteilen.«
    Zandra lachte, kam zum Tisch herüber und schlug die Bücher zu. Sie nahm Matilda den Stift aus der Hand und deutete damit zum Sofa neben

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