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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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bleiben.«
    »Aber du wirst doch nicht sofort wieder zurückfahren, oder?«, wollte Tabitha mit erschrockenem Gesichtsausdruck wissen.
    Matilda schüttelte den Kopf. »Glaubst du, ich ginge, ohne dich umarmt zu haben? Natürlich nicht, Tabby. Ich bleibe, bis ich Cissys Angelegenheiten geregelt habe. Ich brauche auch Zeit, um Amelias Grab zu besuchen, mich mit ihrem Tod abzufinden und mich von ihr zu verabschieden.«
    Ein Ausdruck tiefen Mitgefühls zeigte sich auf dem Gesicht des Mädchens, und es trat instinktiv einen Schritt auf Matilda zu. »Ich hatte beinahe vergessen …«, begann Tabitha, unterbrach sich und errötete.
    Matilda wusste, was ihr durch den Kopf gegangen war. »Ich habe dich immer geliebt, Tabby, als wärst du mein eigenes Kind. In meinen Augen bist du meine Tochter, und das wird sich niemals ändern. Aber Amelia war auch etwas ganz Besonderes, sie war das Kind deines Vaters und der Grund, warum wir tausende von Meilen fliehen mussten, um in Oregon Sicherheit zu finden. Sie war deine Schwester und hat uns beide noch fester aneinander gebunden.«
    »Arme Matty«, flüsterte Tabitha. »Ich habe mir so Leid getan, dass ich deine Trauer beinahe vergessen habe.«
    Matilda spürte eine Woge der Zärtlichkeit für dieses heranwachsende Mädchen, das die Fähigkeit seines Vaters besaß, sich in andere hineinzuversetzen. »Keiner kann Amelia jemals ersetzen«, sagte sie mit leiser Stimme und kämpfte wieder gegen die Tränen an. »Aber ich habe dich, Peter und Sidney. Wenn ich dich anblicke, Tabby, sehe ich auch Giles und Lily. Das ist ein so tröstlicher Gedanke!«

22. K APITEL
    S ie können sich nicht weiter in Ihrer Trauer vergraben, Ma’am«, erklärte Dolores, als sie den fünften Morgen in Folge entdeckte, dass ihre Herrin sowohl das Frühstück als auch das Bad ignorierte, das sie ihr bereitet hatte, und um zwölf Uhr mittags immer noch im Bett lag. »Kommen Sie sofort aus den Federn!«
    Matilda öffnete ein blutunterlaufenes Auge. Sie hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund, der vom Brandy herrührte, den sie vergangene Nacht getrunken hatte. »Geh und lass mich allein!«, erwiderte sie unfreundlich. »Was ich mache, geht dich nichts an.«
    »Ach ja, ist das so?« Dolores stemmte ihre Hände in die Hüften und blickte Matilda wütend an. »Es geht mich doch sicher etwas an, wenn meine Herrin sich wie ein Dummkopf aufführt. Ich weiß, dass Sie trauern, es ist schrecklich, was Ihnen zugestoßen ist. Aber Sie sind nicht die Erste, die geliebte Menschen verliert, und wenn Sie so weitermachen, werde ich diejenige sein, die Sie begraben wird.«
    »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen?«, rief Matilda.
    »Weil ich ein aufsässiger Neger bin, zumindest hat man mir das schon tausend Mal gesagt«, entgegnete sie und rollte ungeduldig die pechschwarzen Augen. »Miss Zandra hat mir aufgetragen, mich um Sie zu kümmern. Genau das werde ich auch tun, selbst wenn ich Ihnen den Hintern mit einem Gürtel versohlen muss, damit Sie wieder klar sehen.«
    Matilda hatte die Rückreise nach San Francisco einigermaßen gut überstanden. Ihr war es gelungen, Sidney die schreckliche Botschaft zu überbringen und eine gute Schule für Peter zu finden. Aber dann, nachdem sie alles geregelt hatte, war sie eines Morgens mit dem Gefühl aufgewacht, dass ihr Leben von nun an völlig leer sein würde. Diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen. Seit Amelias Geburt waren alle ihre Handlungen auf ihre und Tabithas Zukunft ausgerichtet gewesen. Nun sah sie keinen Sinn mehr in ihrem Tun. Sie hatte Cissy und Susanna als Familie betrachtet und Oregon als Heimat, aber all dies war ihr genommen worden. Tabitha war bei den Glovers, und James war ebenfalls fort. Blickte sie zurück, sah sie nur eine Reihe von Grabsteinen, auf denen die Namen derer eingraviert waren, die sie einst geliebt hatte.
    Dieses melancholische Gefühl war von Tag zu Tag mächtiger geworden. Sie mochte nichts essen, mit keinem reden oder arbeiten. Peter und Sidney betrachteten ihr Verhalten voller Befremden. Matilda war beschämt, wenn sie beobachtete, wie sich die beiden aneinander klammerten und einander den Trost spendeten, den sie sich eigentlich von ihr erhofften.
    Sie hatte angefangen, tagsüber kleine Schlucke Brandy zu sich zu nehmen, und zuerst schien sie sich besser zu fühlen, aber sehr bald schon trank sie ganze Gläser voll, blieb immer länger allein in der Wohnung und ignorierte, was unten geschah. Schließlich hatte sie sich von allem

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