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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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nicht in der Suche nach Abenteuern oder der Verbesserung seiner persönlichen Stellung lag. Er hatte vehement gegen die Sklaverei gesprochen und die große Kluft zwischen Arm und Reich beklagt. Er wollte Bildung für alle Menschen, die Abschaffung der Kinderarbeit und ordentliche Häuser für die Arbeiter. Seine Frau hatte ihm die ganze Reise zur Hölle gemacht, und jetzt begann er selbst, an sich zu zweifeln.
    »Wenn Sie glauben, dass die Armen so leben«, meinte sie, »dann wissen Sie nicht, wovon Sie sprechen. Sehen Sie sich um, Sir! Dieses Haus mag ein wenig düster aussehen, aber das liegt nur daran, dass wir unsere persönlichen Sachen noch nicht ausgepackt haben. Die Möbel sehen anständig aus und die Gardinen und Teppiche auch. Wenn ich erst mal den Boden gebohnert habe, wird es hier wunderschön sein.«
    Während sie diese beruhigenden Worte sprach, blickte sie sich um und stellte fest, dass sie tatsächlich der Wahrheit entsprachen. Sobald sie Bilder aufgehängt und Schmuckgegenstände aufgestellt hatten, würde der Raum ihrem früheren Wohnzimmer sehr ähneln. »Warum gehen Sie jetzt nicht einfach zu Bett, Sir?«
    Er sah zu ihr hoch, seine dunklen Augen schienen sie zu durchbohren. »Dem Himmel sei Dank, dass ich dich mitgenommen habe, Matty! Deine Stärke wirkt sehr beruhigend auf mich. Ich habe das Gefühl, dass ich mich in den nächsten Wochen an dich lehnen muss, denn Mrs. Milson wird wohl erst einmal keine große Hilfe sein. Sie bestraft mich jetzt dafür, dass ich sie hierher gebracht habe.«
    Es war das erste Mal, dass er Lilys Unwillen, nach Amerika zu gehen, unterschwellig andeutete. Sogar als eindeutig gewesen war, dass sie auf dem Schiff in Selbstmitleid versank, hatte er den Anschein aufrechterhalten, ihr einziges Problem sei die Seekrankheit.
    Obwohl Matilda gerührt war, dass er sich ihr anvertraute, wollte sie sich nicht mit ihm gegen seine Frau verbünden. »Ich bin sicher, dass Sie sich irren«, entgegnete sie förmlich. »Sie ist nur geschwächt und hat zu viel Angst wegen Kleinigkeiten. In ein oder zwei Tagen wird es ihr wieder gut gehen.«
    Nachdem Giles ins Bett gegangen war, öffnete Matilda die Tür zum Garten, setzte sich auf die Stufen und sah in den Nachthimmel. Die Vorstellung, dass die Sterne dieselben waren, die man in England sehen konnte, obwohl sie tausende von Meilen entfernt war, erschien ihr eigenartig. Der Ort kam ihr nicht fremd vor, zumindest nicht hier im Dunkeln. Die fernen Geräusche vorbeifahrender Kutschen könnten ebenso gut aus Camden herschallen. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie heute keine Gebete gesprochen hatten. Giles würde beunruhigt sein, wenn er es bemerkte. Sie faltete die Hände und betete rasch für die ganze Familie. Sie betete, dass Lily sich beim Aufwachen besser fühlen möge, Giles den Willkommensgruß bekam, den er verdiente, und Tabitha sich für einige Tage brav verhielt, solange sie alle so beschäftigt waren.
    »Und gib mir genügend Kraft für uns alle«, fügte sie hinzu.
    Matilda hatte den Ofen gefeuert, die Küche geschrubbt, im Wohnzimmer Staub gewischt und kniete immer noch dort, um den Boden zu polieren, als Tabitha sie plötzlich erschreckte. »Was machst du denn da?«, fragte sie.
    Matilda sah zu Tabitha auf, die im Eingang zur Küche stand. Ihr dunkles Haar fiel in Wellen über ihr schneeweißes Nachthemd, ihre Wangen waren vom Schlaf gerötet. Sie sah ihrem Vater plötzlich sehr ähnlich.
    »Ich will diese Räume in ein Heim verwandeln«, erklärte Matilda und stand auf. »Aber ich bin gerade fertig geworden. Ich hoffe, du hattest keine Angst, als du aufgewacht bist und ich nicht da war?«
    Tabitha lächelte breit, lief auf sie zu und stürzte sich in ihre Arme. »Warum sollte ich Angst haben? Ich bin doch schon ein großes Mädchen.«
    »Manchmal kann es lange dauern, bis man sich an ein neues Haus gewöhnt hat«, erwiderte Matilda, hob Tabitha hoch und küsste sie. »Schau, ich habe einige von Mamas und Papas Sachen ausgepackt.« Sie zeigte zum Kaminsims, auf dem die Uhr und ein paar Porzellanfiguren standen. »Aber mit dem Stellen der Uhr müssen wir warten, bis dein Vater kommt. Ich weiß nicht, wie spät es ist.«
    Sie schätzte, dass es etwa acht Uhr war, denn sie hatte bemerkt, wie der Verkehr draußen zugenommen hatte. Es war also höchste Zeit, das Frühstück zuzubereiten. Sie war gespannt, was Giles und Lily zu den Veränderungen im Haus sagen würden. Im Sonnenlicht und mit all den polierten Flächen würden sie es

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