Lesley Pearse
gehen nach Boston, um dort Urlaub zu machen«, sagte er. »Wir werden einen alten Freund aus England dort besuchen und möchten, dass du in der Zwischenzeit das Haus hütest und dich selbst auch ein wenig ausruhst.«
Matilda hatte Lily lange nicht mehr so freudig gesehen. Der lange, bitterkalte Winter hatte ihr die Energie genommen. Sie hatte den Appetit verloren, blass und abgespannt ausgesehen und immer wieder über Kopfschmerzen geklagt.
»Die Uptons haben drei Kinder, sodass Tabitha dort sogar Gesellschaft hat«, sie strahlte. »Ich werde mich beeilen müssen, das Kleid fertig zu nähen, an dem ich gerade arbeite. Wir fahren schon am Freitag.«
Erst jetzt realisierte Matilda, was dies für sie bedeutete. Sie konnte Flynn jeden Tag sehen, und vielleicht würde er sich auch an ein paar Abenden freinehmen können. Es war die Gelegenheit, auf die sie so lange gewartet hatte.
Als Matilda half, die Koffer für den Urlaub zu packen, fühlte sie sich an die Zeit der Vorbereitung für die Reise nach Amerika erinnert. Wie damals wollte Lily viel zu viel mitnehmen, und sie sorgte sich wegen der unwichtigsten Dinge. Doch schließlich kam der Tag der Abreise, und als Matilda ihnen in die Kutsche half, konnte sie nur schwer ihre Freude verbergen.
Zurück im Haus, fand Matilda die lange Liste mit Hinweisen von Lily, was sie während ihrer Abwesenheit in keinem Falle vergessen dürfte, und sie musste laut lachen. Als hätte sie nicht daran gedacht, die Türen abzuschließen, wenn sie das Haus verließ, oder vor dem Zubettgehen die Lampen zu löschen!
»Sie sind weggefahren?« Flynn war vollkommen überrascht, als Matilda ihm ein paar Stunden später die Neuigkeiten überbrachte. »Für wie lange?«
»Insgesamt zehn Tage«, antwortete Matilda und sprühte vor Aufregung. »Oh, Flynn, wir können so viel Zeit miteinander verbringen!«
»Du meinst, sie haben dir keine Arbeit zurückgelassen?« Er deutete immer an, dass die Milsons Sklaventreiber seien.
»Nein, nicht wirklich«, sagte sie. »Natürlich sollte ich ein wenig Frühjahrsputz halten, denn sonst fragen sie mich, was ich die ganze Zeit mit mir angefangen habe. Aber Mr. Milson hat gemeint, ich sollte auch Urlaub haben.«
Die Sonne schien so angenehm, dass sie am Castle Green saßen und über all die Dinge sprachen, die sie gemeinsam erleben würden. Es war einer der schönsten Nachmittage, den sie je miteinander verbracht hatten. Auf einer Bank, hinter der eine dichte Rosenhecke wuchs, konnten sie sich unbeobachtet an den Händen halten und ungestört reden.
»Glaubst du, dass sie jemanden beauftragt haben, dich zu beobachten?«, erkundigte Flynn sich ein wenig später.
Sie wusste genau, was er meinte, nämlich einen Spion, der berichten würde, ob jemand sie ins Haus begleitet hatte. »Ich glaube nicht. Reverend Milson ist nicht hinterhältig.«
»Heißt das, dass ich ins Haus kommen kann?«
Matilda hatte diese Frage erwartet und in den vergangenen Tagen lange über ihre Antwort nachgedacht. Sie sehnte sich danach, mit ihm allein zu sein, doch sie hatte Angst, dass die Dinge außer Kontrolle gerieten und es damit enden würde, dass sie miteinander schliefen. »Ich bin mir nicht sicher, Flynn«, murmelte sie.
Er lachte, legte den Arm um ihre Schultern und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. »Denkst du, ich würde die Situation ausnutzen?« Seine Augen funkelten. »Eigentlich solltest du mich besser kennen, Matty. Bin ich nicht immer ein Gentleman gewesen?«
Matty gab ihm lachend Recht. »Aber wir sind auch nie miteinander allein gewesen.«
Er wurde plötzlich ernst. »Ich möchte dich heiraten, Matty. Und bevor der Ring nicht sicher an deinem Finger steckt und der Pfarrer uns zu Mann und Frau erklärt, werde ich mein Verlangen zügeln.«
»Oh, Flynn«, seufzte sie und umarmte ihn. »Du lässt alles so wunderbar erscheinen.«
Die Möglichkeit, allein mit Matilda zu sein, beunruhigte Flynn dennoch ein wenig, auch wenn er sich nichts anderes wünschte, seit er sie kennen gelernt hatte. Er hatte in der Vergangenheit einige Mädchen verführt und fallen lassen, aber Matty war etwas Besonderes. Sie war das Mädchen, das er heiraten würde, und er wollte um keinen Preis, dass seine Pläne für ihre gemeinsame Zukunft durchkreuzt werden würden.
Abend für Abend traf er auf Männer und Frauen, die ihr Leben ruiniert hatten. Der Alkohol brachte die Geschichten ihres Unglücks ans Tageslicht. Er hatte schon vieles über ungewollte Schwangerschaften gehört, von
Weitere Kostenlose Bücher