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Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Gayton
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anfing.
    »Der ist ja widerlich!«
    »Die anderen Walfänger sind auch nicht besser«, sagte Noah und stellte ihr die restlichen Männer der Reihe nach vor. Tranmann Johnson reichte einem Mädchen, das auf seinen Knien saß, eine von Noahs weiß gesprenkelten Rosen. Rotz-Hotte Charlie war gerade bei seinem siebten Humpen Ale-Bier angekommen. Die Creechy-Zwillinge lieferten sich mit dem Tresenmann einen Faustkampf, und Heizer Pete versuchte sich im Armdrücken gegen drei Männer gleichzeitig.
    »Ich glaube nicht, dass uns einer von denen helfen könnte«, sagte Lettie, aber sie hatte kaum einen Blick für die Walfänger übrig. Sie hielt Ausschau nach ihrem Vater.
    Plötzlich flog die Tür der Kneipe auf, und ein Mann stürzte nach draußen. Wie ein nasser Sack landete er auf der Straße, und hinter ihm zeichnete sich derjenige, der ihn nach draußen befördert hatte, dunkel im Türrahmen ab.
    »Hier wird um echtes Geld gespielt, nicht um Kieselsteine!«, knurrte der Mann in der Tür. »Wenn du deine Schulden nicht bis Sonnenaufgang bezahlt hast, steh ich morgen Früh in deinem Gasthaus auf der Matte. Ich hab’s schon seit geraumer Zeit auf deinen letzten Teppich abgesehen.«
    »Ja, Mr Egel«, sagte die Gestalt, die auf der Straße kauerte.
    Mr Egel schlug die Tür zu.
    Der Mann auf der Straße schaute Lettie an. Es war ihr Vater Henry. Er war betrunken, hatte blutunterlaufene Augen, und irgendjemand hatte ihm die Fliege abgerissen. Sein Gesicht war mit Bier und Tränen verschmiert, und es dauerte eine Weile, bis er seine Tochter erkannte.
    »Was hast du hier zu suchen?«, lallte er.

10. Kapitel
    Blüstav, der Alchemist, bläht sich auf

    »Versprechen!«, stieß Letties Vater hervor. Wenn er betrunken war, stotterte er nie. »Du hast dein Versprechen gebrochen! Du hast hier nichts zu suchen!«
    Lettie baute sich voller Zorn vor ihm auf. »Du auch nicht! Ständig bist du die ganze Nacht unterwegs, zum Trinken und Wetten, und dazu sind Väter nicht da!«
    Sie war selbst schockiert über ihre Worte – weil sie wahr waren. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da war ihr Vater immer für sie da gewesen, hatte sich um sie gekümmert. Aber das war Jahre her.
    Bedeutete das etwa, dass er sie nicht mehr liebte? Lettie überlegte, ob sie ihrerseits ihren Vater liebte. Ihr wurde bewusst, dass das ohnehin keine Rolle spielte. Es spielte keine Rolle, und es war ihr egal.
    »Du bist gar nicht wirklich mein Vater«, sagte sie mit einem Kloß im Hals. »Du machst Ärger, immer nur Ärger.«
    Damit stürmte sie, die Augen voller Tränen, kopflos davon. Sie hatte diese gierigen, egoistischen Erwachsenen satt, die immer nur logen und betrogen und stahlen und ihr das Zuhause Stück für Stück unter den Füßen wegpfändeten.
    »Lettie, komm zurück!«, rief Noah.
    »Wer sind denn diese ganzen Jungen?« Letties Vater rieb sich die Augen. »Und wieso reden sie alle auf einmal?«
    »Hör auf mit dem Unsinn!« Lettie blieb stehen und drehte sich um. »Du bist betrunken!«
    Dann rannte sie in Richtung Anlegesteg weiter. Ihr Vater taumelte hinter ihr her. Noah folgte in gebührlichem Abstand.
    »Nein!«, brüllte Letties Vater, holte sie ein und packte sie am Arm. »Also … doch, ja, ich bin betrunken. Aber deine Mutter …«
    »Wenn sie dich jetzt so sehen könnte, würde sie dir eine überbraten. Ich bin aus dem Haus gerannt, weil ich jemanden getroffen habe, der sie kannte. Ich bin einem Hinweis auf der Spur. Und was hast du die ganzen Jahre getan? Unser Zuhause verspielt, ein Teil nach dem anderen! Dabei hättest du nach ihr suchen sollen!«
    »Deine Mutter hat doch geschrieben …«, begann ihr Vater mit bebender Stimme.
    »Du glaubst doch überhaupt nicht an das, was sie geschrieben hat, stimmt’s?«, unterbrach Lettie ihn. »Du glaubst nicht daran, dass sie zurückkommt. Sonst würdest du mir immer noch von ihr erzählen, so wie früher. Du würdest dich um mich kümmern und nach ihr suchen.«
    Ihr Vater fing an zu weinen. Große, alkoholgeschwängerte Tränen kullerten ihm die Wangen hinab. Wie ein dicker Sack voller Bier und Schulden ließ er sich auf den Steg plumpsen und die Beine über den Rand baumeln.
    »Mir geht’s nicht gut, Lettie.«
    »Geschieht dir recht.« Sie drehte ihm den Rücken zu und starrte auf die wogende See hinaus. »Ich hoffe, du musst dich übergeben, und zwar direkt auf deine blöden Glückssocken.«
    »Und ich habe Visionen.«
    »Hoffentlich von Mutter, wie sie dich grün und blau schlägt.«
    »Nein,

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