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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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wieder zur Hand und wählte. Es klingelte lange, aber niemand nahm ab. Sie legte das Handy beiseite.
    Melchior wartete eine Weile und versuchte es erneut. Diesmal kam die Verbindung schon nach dem zweiten Klingeln zustande, und sie vernahm entfernte Atemgeräusche.
    »Guten Tag«, sagte sie, als sich niemand meldete. »Mein Name ist Carina Melchior.«
    »Woher haben Sie diese Nummer?«, fragte eine Stimme mit einem kratzigen Unterton. Es folgte ein Röcheln, als hätte ihr Gesprächspartner Schwierigkeiten beim Atmen.
    »Ich arbeite beim BKA «, log sie.
    »Ich kenne Sie nicht.«
    »Sind Sie Edgar?«
    Angestrengtes Schnaufen drang an ihr Ohr.
    »Sind Sie Edgar?«
    »Kann sein«, brachte der Mann zwischen zwei Atemzügen zustande. »Was wollen Sie?«
    »Ein paar Informationen.«
    »Worüber?«
    »Über einen Mehrfachmord in Plakovje. Das war im März neunundneunzig.« Melchior wollte diesem Edgar so präzise wie möglich die Daten wiedergeben.
    »Ich weiß wann …«, kam es schnell zurück. Zu schnell, denn der Rest seiner Worte ging in einem heftigen Hustenanfall unter.
    »Waren Sie dort?«, fragte sie, nachdem das Husten am anderen Ende der Leitung nachgelassen hatte.
    »Ja. Aber ich rate Ihnen … hören Sie auf, in dieser Sache … herumzuschnüffeln.« Edgars Worte kamen nur stockend.
    »Wieso?« Melchior konnte sich keinen Reim auf das merkwürdige Verhalten ihres Gesprächspartners machen.
    »Wenn Sie vom BKA sind … sollten Sie das selbst am besten wissen.«
    »Wir sind dem Mörder dicht auf den Fersen.« Warum zum Teufel tat dieser Edgar so geheimnisvoll?
    »Sie sind nicht vom BKA .«
    »Stimmt. Ich bin von der Kriminalpolizei Rottweil. Helfen Sie mir trotzdem?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Erneut dauerte es ein paar Atemzüge, bis Edgar antwortete: »Weil … weil es Leute gibt, die etwas dagegen haben, dass die Geschichte ans Tageslicht kommt.«
    »Und Sie?«, fragte Melchior. »Wollen Sie das auch? Auch wenn ich Ihnen sage, dass es neue Anhaltspunkte gibt.«
    Am anderen Ende der Leitung waren nur die schweren Atemgeräusche ihres Gesprächspartners zu hören.
    »Sind Sie noch da?« Irgendwas stimmte mit Edgar nicht.
    »Ja.«
    »Sie haben doch für das Haager Tribunal gearbeitet. Ich denke, dass ich etwas zu diesem Mehrfachmord in Plakovje beitragen kann. Und im Gegenzug helfen Sie mir. Wie hört sich das an?«
    Für einige Sekunden herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. Melchior vergewisserte sich auf dem Display, dass das Gespräch nicht abgebrochen war. Als sie das Telefon wieder ans Ohr nahm, hörte sie, wie Edgar leise sagte: »Nicht am Telefon.«
    »Okay, dann komme ich bei Ihnen vorbei. Wo wohnen Sie?«
    »Sie kommen ganz bestimmt nicht bei mir vorbei. Womöglich schleifen Sie mir die halbe Rottweiler Polizei und das BKA in die Wohnung.«
    Dieses Gespräch nahm einen seltsamen Verlauf. Aber wenn sie weiterkommen wollte, musste sie jetzt dranbleiben. »Gut. Kennen Sie Rottweil?«
    »Ich denke schon. Dort gibt es ein exzellentes Restaurant. Wie heißt es noch mal? Duttenhofer – ja, Villa Duttenhofer. Morgen gegen Mittag, so um zwölf.«
    »Das kriege ich hin. Aber wie erkenne ich Sie?«
    »Ich erkenne Sie .« Im nächsten Augenblick drang nur noch das Tuten der beendeten Verbindung an ihr Ohr.
    Melchior legte ihr Mobiltelefon beiseite. Sie trank von ihrem Cappuccino und starrte auf das Gerät. Was wusste Edgar, das ihm so gefährlich werden könnte, dass er sogar Angst vor der Polizei hatte? Abermals nahm sie das Telefon zur Hand und rief Treidlers Privatnummer an.
    Ein halbes Dutzend Klingelzeichen später wollte Melchior schon wieder auflegen, als Treidler endlich abnahm.
    »Hab ich Sie geweckt?«, fragte sie.
    »Nein«, knurrte Treidler.
    »Natürlich. Sie haben doch geschlafen.«
    »Wenn Sie es schon so genau wissen, warum rufen Sie dann an und wecken mich?«
    »Ich dachte, Ihnen ist langweilig.« Ihre neuen Erkenntnisse würden schnell seine Neugier wecken.
    »Falsch gedacht. Aber Sie kommen offenbar nur wenige Stunden ohne meine Gesellschaft aus.«
    »Ebenfalls falsch gedacht. Ich habe Neuigkeiten. Sind Sie interessiert?«
    »Möglicherweise …«
    »Kennen Sie die Villa Duttenhofer?«

20
    Mittwoch, 19.   April
    Direkt am historischen Zugang zum mittelalterlichen Stadtkern Rottweils, und nur getrennt durch die Hochbrücke über den Stadtgraben, lag die Villa Duttenhofer. Ehemals Familiensitz des gleichnamigen Großindustriellen, machte es heutzutage als Ein-Sterne-Restaurant und

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