Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
Vom Netzwerk:
Verteidigungsmöglichkeit, Kapitän.«
    Ich schaute auf die Uhr.
    »Es wird Zeit, abzulegen«, sagte ich.
    Wir gingen zur Brücke.
    »Bringen Sie die Leute auf Station«, forderte ich ihn auf, während er schmunzelnd eine Taste im Armaturenkasten drückte und ein Signal ertönte. Die Sea Ghost füllte sich mit Leben.
    Beppowitsch, der Zweite Offizier, erschien, grüßte kurz und übernahm das Ruder.
    Ich beobachtete, wie ein Matrose vorn auf dem Bug die elektrische Winde bediente, die die befreiten Taue aufrollte.
    Der Erste Offizier gab die Kommandos. Er stand mit wachen Augen vor den Armaturen.
    Das Schiff kam in Bewegung. Ich spürte eine unerklärliche Freude, obwohl ich mit der Sea Ghost in eine mir nebelhaft erscheinende Zukunft fuhr.
    Ich schaute auf die Mole, warf einen Blick auf das felsige Festland, folgte mit den Augen den Bergstraßen, während sich die Sea Ghost seitlich von der Steinmauer löste, dann mit voller Kraft voraus dem offenen Meer entgegenstampfte, und nahm das bunte Bild des Fischereihafens bewusst in meine Erinnerungen auf.
    Nababik gesellte sich zu mir. Er klopfte mir auf die Schulter.
    »Hier oben geht alles klar, Kapitän. Suchen Sie Ihre Kabine auf, holen Sie etwas Schlaf nach und fordern Sie Achmed Abu Dota auf, Ihnen etwas zu brutzeln. Das muss sein, sonst verlieren Sie seine Achtung. Bescheidenheit ist das Nährklima für solche Typen wie Steenblock.«
    Ich stieg die Treppe abwärts, ging zu meiner Kabine, schloss sie auf, setzte mich an den Schreibtisch und schaute mich um.
    Schnell wollte ich mich der neuen Umwelt anpassen und mich den Aufgaben stellen.
    Ich entdeckte einen Kühlschrank. Den Durst hatte ich bisher unterdrückt, den Schweiß vergessen, doch nun, die Ruhe findend, meldete sich mein Verlangen nach einem Getränk.
    Der Kühlschrank war zu meiner Freude mit kühlem Beck’s-Bier gefüllt. Ich fand Gläser in einem Geschirrschrank und auch einen Öffner. Unbeschreiblich der Genuss, als ich einen tiefen Zug aus dem Glas nahm.
    Ich spielte mit der Tastatur der Sprechanlage, fand schließlich den Anschluss zu unserem Koch und bat Achmed Abu Dota, mir Spiegeleier mit Speck auf Schwarzbrot herzurichten.
    Erst jetzt mit dem aufkommenden Hunger fühlte ich, dass ich den Strapazen erlegen war. Ich war am Ende und hätte weiteren Belastungen nicht widerstehen können.
    Meinem Ersten Offizier war ich nun schon mehrmals zu Dank verpflichtet, weil er die Dinge im Griff hatte.
    Weiteres Bier ließ ich in das Glas blubbern, die Schaumkrone stieg weiß an der Glaswand empor.
    Sollte ich hundert Jahre alt werden, niemals würde mir ein Pils so schmecken, wie nach der ersten Ruhe meiner aufregenden Stunden als Kapitän eines Seeschiffes!
    Während ich die Schublade meines Schreibtisches aufzog, fand ich nichts Aufregendes, nur, als hätte mein Vorgänger es gut mit mir gemeint, lagen Zigarettenpackungen ungeöffnet wie ein Vorrat in ihr.
    Seitlich in der Wand saß ein Bullauge, und ich blickte auf ein Stück blaues Meer, das mir nun zur Heimat werden würde.
    Mein Erster Offizier Nababik stand jetzt auf der Brücke. Er steuerte die Sea Ghost und wusste, dass auf der einen Seite die Prämien, auf der anderen das Zuchthaus stand.
    Ich erschrak nicht, als es an meine Tür klopfte.
    Das Spiegelei, folgerte ich und rief: »Herein!«
    Doch es war nicht der erwartete dicke Koch, sondern Kaya, die mein Essen auf einem Tablett hereintrug.
    Ich wunderte mich darüber, dass Kaya sehr ernst dreinblickte, und noch mehr überraschte es mich, dass Mijnheer Steenblock unangemeldet hinter ihr meine Kabine betrat.
    Noch bevor Kaya das duftende Essen vor mir auf dem Schreibtisch abgestellt hatte, fuhr ich den Holländer an: »Was fällt Ihnen ein, mich ohne Voranmeldung aufzusuchen! Verschwinden Sie!«
    Er trug ein blaues T-Shirt. Seine Schultern waren breit, seine Arme muskulös. Ich schaute auf seine Armtätowierung.
    »Ich bin verantwortlich für die Weiber«, knurrte er.
    »Raus! Für Schiff und Besatzung ist nur einer zuständig, und das bin ich, der Kapitän!«, brüllte ich.
    Ich war aufgesprungen und wäre ihm bei einem Zweikampf unterlegen gewesen. Nicht, weil ich als Fünfzigjähriger meinen Körper nicht so beherrschte, sondern einfach deshalb, weil mir das Vertrauen zu einem Sieg fehlte.
    Aber das wusste Steenblock nicht. Auf See herrschten andere Gesetze als in seinem Büro einer imaginären Firma, die Waffen in den Libanon importierte und Europa mit Rauschgift überschwemmte.
    Er verließ das

Weitere Kostenlose Bücher